13.26

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren, wo immer Sie uns zuhören oder zusehen! Kollegin Gruber-Pruner, ich schätze dich sehr, ich weiß, du bist eine sehr engagierte Frau, aber was du jetzt von dir gegeben hast, verstehe ich nicht ganz. Du bist ja auch Mutter von Kindern, ich glaube, du hast auch Töchter. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.– Ach so. Ich bin in der glück­lichen Lage, Mutter von zwei Töchtern zu sein, und daher berührt mich das Kopftuch­verbot und gerade das Kopftuchverbot für Kinder natürlich. Man muss sich vorstellen, dass kleine Kinder zwischen sechs und zehn Jahren in der Schule ein Kopftuch aufsetzen müssen, weil es die Eltern wollen. Wir wissen ja, dass es die Eltern wollen und die Kinder dazu zwingen. Darum geht es heute.

Ja, natürlich ist es ein Symbol, aber es ist ein Symbol mit Substanz. Unsere von mir sehr geschätzte Staatssekretärin außer Dienst Karoline Edtstadler hat das in einer Salzburger Tageszeitung ganz richtig beschrieben. Sie hat gesagt: „Das Kinder­kopf­tuch“ – bitte, das Kinderkopftuch! – „ist ein politisches Symbol“ und kein religiöses. Auch da kann ich deine Meinung nicht teilen, liebe Kollegin.

An dieser Stelle möchte ich mich ganz, ganz herzlich bei der früheren Frau Staats­sekretärin bedanken. Sie war immer federführend, wenn es um Gewaltprävention gegangen ist. Sie hat diese Taskforce ins Leben gerufen, hat tolle Arbeit geleistet. Ich hoffe sehr, dass das in irgendeiner Art und Weise weitergehen wird. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Schennach: Das war zaghaft, aber bitte!) – Sie wird sich sicher über diesen Applaus freuen, sie ist eine sehr engagierte Dame.

Wir haben im Nationalrat und in Unterrichtsausschusssitzungen über das Kopftuch­verbot in Volksschulen diskutiert, wir haben im zuständigen Bundesratsausschuss darüber diskutiert, wir haben Expertinnen und Experten gehört, sie haben das im Bun­desratsausschuss auch kurz zusammengefasst, und diese Expertinnen und Experten bestätigen unsere Ablehnung. Ich darf nur zwei Namen nennen, Necla Kelek, eine deutsche Soziologin, und Zana Ramadani kämpfen gegen das Kinderkopftuch. Zana Ramadani meint, junge Mädchen werden durch ein Kopftuch um ihre Kindheit, um ihr Recht auf körperliche Selbstbestimmung gebracht. Das sagt diese Islamexpertin, und die kennt sich ja sicher aus. (Präsident Appé übernimmt den Vorsitz.)

Liebe Kollegin Gruber-Pruner, darum sage ich dir als engagierter Vorsitzenden des Kinderrechteausschusses: Da müssen wir doch handeln, da müssen wir doch etwas tun! (Bundesrat Schennach: Die kennt sich auch aus! – Bundesrätin Grimling: Die kennt sich sehr gut aus!) Zu Recht haben wir hier im Bundesrat einen Kinderrechte­ausschuss, zu Recht kümmern wir uns um die Kinderrechte, und das ist für mich ein Zeichen des Handelns. Das sind Kinderrechte, die davon betroffen sind. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Gruber-Pruner.)

Sie sagt weiter: Das von der österreichischen Regierung angestrebte Verbot schützt Freiheit und Kinderrechte, verhindere eine Frühkonditionierung der Betroffenen und stelle somit einen wichtigen Schritt gegen die Ausbreitung des islamischen Funda­men­talismus dar. Jungen Mädchen ein Kopftuch aufzuzwingen ist für sie Missbrauch, der zu psychischen Schäden und Ausgrenzung aus dem öffentlichen Raum führt, denn Kinder würden dadurch auf ihre sexuelle Komponente reduziert. (Bundesrat Schennach: Wer sagt das?) – Das sage nicht ich, das sagt eine anerkannte Expertin. (Ruf bei der SPÖ: ...Integration!)

Darum müssen wir ja handeln. Wenn wir jetzt nicht handeln, machen wir uns ja mitschuldig, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es geht ja darum, den Kopf freizumachen für diese jungen Mädchen in den Volksschulen (Bundesrat Schennach: Den Mädchen wie den Burschen!), in psychischer, in geistiger, in seelischer Hinsicht ihre Gedanken freizumachen. Auch wenn es nur ein Kind betrifft, das wir damit von dem Zwang, ein Kopftuch aufsetzen zu müssen, befreien, dann ist das für mich schon genug, dass ich hier stehe und für dieses Kinderkopftuchverbot einstehe. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Wie mein Kollege Rudi Taschner im Nationalrat schon so treffend ausgeführt hat, geht es ja auch um ein Symbol der Aufklärung: „Es geht um die Aufklärung, die wir erhalten müssen.“ Das hat er sehr brillant formuliert und das kann ich nur wiederholen. Da müssen wir aufstehen und das müssen wir uns erhalten.

Als Politikerinnen und Politiker ist es unsere Aufgabe, Fehlentwicklungen, die sich in der Gesellschaft abzeichnen, die sich klar gegen unsere Grundwerte – wir haben heute schon sehr viel darüber gehört – richten, aufzuzeigen. Darum sind wir heute hier, um dieses Kinderkopftuchverbot zu beschließen.

Eine solche Fehlentwicklung ist nämlich für mich, dass der Glaube und die Kirche speziell bei jungen Mädchen – wir reden von sechs- bis zehnjährigen Mädchen – für politische Agenden instrumentalisiert wird (Bundesrätin Schumann: Burschen nicht? Was ist mit Burschen?), indem sie im Kindergarten und auch in der Volksschule zum Tragen eines Kopftuches gezwungen werden. Das steht für mich klar der Entwicklung von Kindern, der Entwicklung eines Selbstwertgefühles, der Entwicklung einer unab­hängigen Persönlichkeit entgegen. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Daher stehen wir und meine Fraktion klar dafür ein, dass alle Mädchen in Volksschulen die Möglichkeit haben, sich frei zu entfalten, und zwar ohne Kopftuch, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der FPÖ. – Bundesrat Schennach: ...ohne Bart!)

Ich darf auch daran erinnern, dass wir hier vor nicht allzu langer Zeit eine Artikel-15a-Vereinbarung beschlossen haben, in der es um das Kopftuchverbot in Kindergärten ging, und da waren wir uns ja einig. Darum verstehe ich jetzt nicht, warum Sie, Kolle­ginnen und Kollegen von der SPÖ, jetzt nicht mit uns gehen können – die Kinder sind einfach nur älter, es ist an und für sich die gleiche Stoßrichtung –, aber Sie können das ja vielleicht noch später aufklären. Ich habe schon gesagt, und Sie werden es wohl nicht bestreiten, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, dass es Eltern gibt, die auf die Kinder, auf die Mädchen Druck machen, dass sie das Kopftuch tragen, und das kann ja das Kind nicht selbst entscheiden. (Bundesrätin Schumann: Wenn sie hinaus­gehen, müssen sie’s wieder ...!)

Wenn sie es jetzt in der Schule abnehmen müssen, dann merken sie, dass sie nicht allein sind und dass sie eine Wahl haben. Sie merken, dass es nicht normal ist, wenn sie das Kopftuch tragen müssen. Das ist eben das Symbol, das wir hier aussenden müssen und wollen.

Abschließend darf ich noch einmal kurz sagen: Es geht um das Kinderkopftuch, es geht um kleine Mädchen, die gezwungen werden, ein Kopftuch zu tragen. Ja, natürlich, es ist ein Symbol, es ist ein bewusstes Symbol, das wir setzen. Es geht um Kinder, hier konkret um junge Mädchen, die in Österreich geboren wurden und hier sozialisiert werden. (Bundesrätin Schumann: Und Burschen?) Es geht darum, dass wir als Staat Österreich diese Signale setzen, dass extreme Religionsinterpretationen und Extreme in der Schule keinen Platz haben.

Zum Schluss möchte ich mich bei Ihnen, Herr Bundesminister, sehr, sehr herzlich für die Arbeit in der Regierung unter unserem Bundeskanzler Sebastian Kurz bedanken. Es wurden Reformen angefangen; ich darf nur hervorheben: Deutschförderklassen, Masterplan Digitalisierung, Pädagogikpaket und – hoffentlich dann bei einem der fol­genden Tagesordnungspunkte – die einheitlichen Herbstferien. Es ist viel, viel passiert. Ich danke Ihnen sehr, sehr herzlich. Sie haben in dieser kurzen Zeit mit der Regierung Kurz so viel weitergebracht. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundes­rätInnen der FPÖ.)

13.34

Präsident Ingo Appé: Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Andrea Kahofer. Ich erteile es ihr.