12.58

Bundesrat Robert Seeber (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Sehr verehrte Besucher auf der Galerie! Ich darf heute über das Parteiengesetz reden, dessen Änderung beschlossen werden wird, und ich stelle meiner – ich sage dazu: kurzen – Rede voran, dass wir uns in einer Phase befinden, welche man im allgemeinen Sprachgebrauch als das freie Spiel der Kräfte bezeichnet.

Ja, meine Damen und Herren, wir befinden uns im Wahlkampf, das ist eine Zeit, die etwas aufgeheizt ist, eine Zeit, in der es um politisches Kalkül geht. Es geht um Eigeninteressen, das kann ich noch nachvollziehen, aber wenn es um Rachegelüste geht und darum, schnell etwas durchzupeitschen, kann ich das nicht nachvollziehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich sage an dieser Stelle, man trifft mit diesem Ge­setz die ÖVP, und das ist ein Faktum. Das haben Sie geschafft. Man trifft die ÖVP tatsächlich. Man glaubt, einem – wie ich der festen Überzeugung bin – bei der Mehrheit der Bevölkerung sehr beliebten Bundeskanzler ein Haxl stellen zu können. Ich wünsche Ihnen – und ich glaube das auch –, dass das ein Pyrrhussieg wird, denn wir haben heute hier, meine Damen und Herren, einen Sonderbundesrat. Das heißt meiner Meinung nach, dass das eine Hals-über-Kopf-Regelung ist, denn das belegt ja schon die Tatsache, dass wir uns heute hier treffen: Man will es ganz geschwind noch vor der Wahl über die Bühne bringen. (Bundesrat Weber: Weil es wichtig ist!) Jeder Zuschauer vor den Fernsehapparaten weiß, welche Intention dahintersteckt. (Beifall bei der ÖVP.)

Was aber, meine Damen und Herren, auch klar ist – und das sollen sich die Zuschauer vor den Fernsehschirmen auch sehr gut merken –, ist: Umgehungskonstruktionen – auch bei Vereinen – wird es auch in Zukunft weiterhin geben. Eine Antwort auf Ibiza gibt dieses Gesetz aus meiner Sicht nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, vorhin hat ein sozialdemokratischer Kollege etwas über den Pensionistenverband gesagt, was mich sehr verwundert hat. In diesem Zusammenhang darf ich auch sagen: Ich orte bei diesem Gesetz eine große Kulanz bei der Sozialdemokratischen Partei. Die Arbeitsgemeinschaft 60Plus gehört nicht zum sozialdemokratischen Kreis, der rote Pensionistenverband gehört auch nicht zu den Sozialdemokraten. (Bundesrat Schabhüttl: Genau! Genau! – Zwischenruf der Bundes­rätin Schumann.) Ein Kollege aus unserem Klub hat mir vorhin die Statuten gebracht. Pensionistenverband SPÖ: „Der Verein bekennt sich zu den Grundsätzen der Sozial­demokratischen Partei Österreichs.“ (Bundesrat Weber: Na klar, der ist ein Teil der Partei! – Bundesrätin Hahn: Ist das verboten?) „Seine Funktionärinnen und Funk­tionäre sollen Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei [...] sein“. – Das ist ja nichts Schlechtes (Bundesrätin Schumann: Aber kein ... für Großspender ...! – weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ), aber sagen Sie nicht, das gehört nicht zur SPÖ! Das ist ja direkt kindisch! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Gegensatz dazu müssen alle Bünde der ÖVP, etwa der ÖAAB oder der Wirtschaftsbund, ihre Bilanzen, Einnahmen und Aus­gaben, auf Strich und Beistrich offenlegen, Parteivorfeldorganisationen und Vereine oder Umgehungskonstruktionen nicht. Das ist ein Faktum. Worum es uns von der ÖVP gegangen ist: Die Kontrolle durch den Rechnungshof wird ausgehebelt. Der Rech­nungshof kann fragen, aber mehr kann er nicht. Sogar Pamela Rendi-Wagner sagt, sie traut dem Rechnungshof nicht. – Ich bin verwundert, meine sehr verehrten Kollegen! (Bundesrat Weber: Das hat sie nicht gesagt! Bundesrätin Hahn: Bleiben Sie bei der Wahrheit! – Weitere Zwischenrufe der Bundesrätinnen Schumann und Hahn.) Früher hat Pamela Rendi-Wagner, Ihre Vorsitzende, bei jeder Gelegenheit, bei den kleinsten Themen, den Rechnungshof angerufen, jetzt aber traut sie ihm nicht (Bundesrat Weber: Das stimmt doch jetzt gar nicht!), weil es um die Parteifinanzen geht und man die ÖVP schädigen will. Auch das ist sehr leicht zu entkräften.

Meine Damen und Herren, es scheint mir so zu sein, dass das in diesem Fall eine Anlassgesetzgebung ist. Man will die ÖVP ganz klar schädigen. (Rufe bei der SPÖ: Nein!) Was meiner Meinung nach demokratiepolitisch diesbezüglich sehr, sehr bedenk­lich ist: Man versucht auch, kleinen Parteien keine Chance mehr zu geben. Nach dem jetzigen Gesetz, meine sehr verehrten Damen und Herren vor den Fernsehschirmen – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen –, würde es das Team Stronach oder eine Partei wie NEOS oder JETZT im Parlament gar nicht mehr geben. Wollen Sie das? – Ich möchte das nicht. Ich möchte eine Demokratie, die lebt und die nicht einheitlich nach links schon leicht ins Totalitäre abdriftet. Das will ich nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich empfinde das einfach als einen Anschlag auf unsere Demokratie (Heiterkeit bei der SPÖ), denn eines ist ganz klar (Ruf bei der SPÖ: Anschlag auf Großspender!): Umgehungsvereine und Konstruktionen wie jene, von denen wir im Ibizavideo gehört haben, wird es weiterhin geben. Darauf gibt es keine Antwort. (Bundesrat Beer: War das jetzt ein Geständnis, dass ihr ...?)

Meine Damen und Herren, was wirklich die Essenz ist, ist Folgendes: Sie sprechen immer von den Spenden an die ÖVP. – Ja, die gibt es; die waren offiziell, die waren legal. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrat Stögmüller: Wo kom­men denn die zusätzlichen Spenden ...?) Ja, es waren auch Großspenden dabei, die Sie vielleicht auch ganz gern gehabt hätten – das ist ja leicht möglich. Worum es aber jetzt geht, meine sehr verehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, ist ganz klar eine Taktik gegen die ÖVP. Es geht darum, einen beliebten Bundeskanzler schlecht ausschauen zu lassen. (Ruf bei der SPÖ: Er ist nicht mehr Bundeskanzler! – Bundesrat Spanring: Der ist nicht mehr Bundeskanzler, der ist nicht einmal mehr im Nationalrat!)

Ich weiß nicht, wovor Sie Angst haben. Es geht praktisch um das Thema alle gegen einen, koste es, was es wolle. (Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) Die Wähler werden dieses Spiel durchschauen, das kann ich Ihnen garantieren, denn die ÖVP steht für Kontrolle durch den Rechnungshof und nicht für Verschleierung. – Schreiben Sie sich das ins Stammbuch! Wir sind dagegen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.06

Präsident Karl Bader: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Rudolf Kaske. Ich erteile dieses.