15.01

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher hier und vor den Bildschirmen! Es war ursprünglich eine Initiative der SPÖ, die im Nationalrat nun erwirkt hat, was schon längst überfällig war und was uns die letzte Regierung und der letzte Innenminister schuldig geblieben sind, nämlich dass nicht nur – wie bisher – politisch Verfolgte des nationalsozialistischen Regimes, sondern auch deren direkte Nachkommen und auch deren Adoptivkinder die Möglichkeit bekommen sollen, die österreichische Staatsbürgerschaft zu beantragen.

Man erwartet sich in der nächsten Zeit einige Tausend solcher Anträge, was für die Behörden bestimmt eine große Herausforderung bedeutet. Betroffen davon ist haupt­sächlich die Magistratsabteilung 35 in Wien, die dafür zuständig ist. VertreterInnen des Innenministeriums und VertreterInnen dieser Magistratsabteilung haben mit den Ver­treterInnen der Parlamentsklubs schlussendlich gemeinsam über die Ausformung die­ser Gesetzesänderung beraten.

Der Nationalrat hat in seiner letzten Sitzung richtigerweise auch gleich eine Entschließung angenommen, in der die Regierung aufgefordert wird, auch die entsprechenden Res­sourcen zur Bewältigung dieser Herausforderung bereitzustellen – nicht nur für diese Magistratsabteilung, sondern auch für die Konsulate in Tel Aviv, New York, London und so weiter.

Abgesehen von diesen technischen und organisatorischen Herausforderungen möchte ich mich meinem Vorredner Kollegen Seeber anschließen: Es geht da um einen wirklich bedeutenden historischen Beschluss, und es geht nicht zuletzt darum, die historische Verantwortung als Republik wahrzunehmen, um eine Geste, ein Symbol an die Verfolgten des Naziregimes.

Viele der direkt Betroffenen sind ja bereits verstorben. Wir wissen alle, die Zeitzeu­ginnen und Zeitzeugen werden immer weniger. Umso mehr gilt es, ihr Vermächtnis in Erinnerung zu behalten. Es gilt, die aktuelle und auch die nächsten Generationen mit deren Geschichten, mit deren Erlebnissen zu konfrontieren, so grausam das ist. Das Erinnern ist aber absolut notwendig, damit sich diese Gräuel nicht wiederholen, damit wir die Lehren aus der Geschichte ziehen. Das Erinnern und Gedenken ist unsere Pflicht. (Beifall bei der SPÖ sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ.)

Unsere Pflicht ist aber nicht nur das Erinnern, sondern auch das Wachsamsein – das Wachsamsein, wenn Gruppen von Menschen gegeneinander ausgespielt werden, wenn Sündenböcke kreiert werden, wenn Angst und Neid geschürt werden und –selbstkritisch gesehen – auch wenn wie hier im Hohen Haus immer wieder rassistische Äußerungen zu hören sind. Es gilt für uns, wachsam zu sein, es aufzuzeigen und zu benennen und auch dagegen aufzustehen. Das sind wir den Opfern des Natio­nalsozialismus, den Verfolgten und ihren Familien schuldig. Wir sind es uns aber auch selber als Menschen schuldig.

Die Nachkommen, die jetzt das Recht bekommen, die österreichische Staatsbür­ger­schaft zu beantragen, werden diese Möglichkeit ab dem 1. September 2020 haben. Es wurde auch vereinbart, dass man da nicht über Gebühr strenge Kriterien, sprich: keine unverhältnismäßig hohen Maßstäbe, anlegt. Wenn es in der Recherche schwierige Fälle gibt, soll auch auf das Know-how und die Expertise des Nationalfonds der Republik Österreich zurückgegriffen werden.

Ich finde, wir beschließen hier im Sinne einer verantwortungsvollen Politik einen historisch wichtigen Schritt, und ich bedanke mich bei allen, die dabei mitmachen. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

15.05

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Wir begrüßen nun auch die Frau Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend Mag.a Ines Stilling. (Beifall bei SPÖ und ÖVP, bei BundesrätInnen der FPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Josef Ofner. – Bitte sehr.