16.18

Bundesrat Dr. Peter Raggl (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Frauen Bundesministerinnen! Es wurde ange­sprochen: In ganz Tirol und wahrscheinlich weit darüber hinaus steht man immer noch unter Schock aufgrund der verheerenden, ja unfassbaren Tat, die am letzten Sonntag in Kitzbühel passiert ist. Fünf Menschen mussten ihr Leben lassen.

Immer nach solchen Taten stellt man sich die Frage: Wie hätte man das verhindern können? Ich gebe Kollegin Dziedzic recht, dass man diese Tat wahrscheinlich über­haupt nicht hätte verhindern können, mit welchen strengen Gesetzen auch immer. Und trotzdem: Wenn man sich – wie hier von Frau Bundesminister Stilling so umfangreich ausgeführt – die Kriminalstatistiken ansieht, dann muss man leider feststellen, dass die Gewaltbereitschaft insbesondere gegenüber Frauen besonders stark gestiegen ist (Ruf bei der FPÖ: Warum eigentlich?) und dass gleichzeitig die Hemmschwelle, die persön­liche Integrität bestimmter Personen, auch von Kindern, einzuschränken, in den letzten Jahren gesunken ist. Da muss man sich auch die Frage stellen, wie man dem entge­genwirken kann.

Auch wenn es in diesem Fall wohl kaum ein Rezept gibt, so wurde in Bezug auf das Gewaltschutzgesetz, das wir heute hier diskutieren, die Frage gestellt: Wie können wir diesen negativen Entwicklungen entgegentreten? Da muss man eindeutig gegen­steu­ern.

Ich glaube nicht, dass bei der Taskforce Strafrecht, an der mehr als hundert Personen beteiligt waren, die Lösungsansätze vorgeschlagen haben, nicht die entsprechende Kompetenz vorhanden war. (Bundesrat Weber: Gehört ist nicht worden!) Ich glaube auch nicht, dass das das Ende der Fahnenstange ist. (Zwischenruf der Bundesrätin Ernst-Dziedzic.) Es ist wie in vielen gesetzlichen Bereichen: Jedes Gesetz hat eine Dynamik und – weil es schon angesprochen worden ist – wir brauchen wahrscheinlich auch Nachjustierungen und Verbesserungen, weil sich die Straftaten leider immer auch ändern. Wer hätte vor 20 Jahren an die Möglichkeiten von Cybermobbing oder an Ähnliches gedacht? Da braucht es einfach Nachjustierungen, und ich glaube, dass der Ansatz des heute zu beschließenden Gewaltschutzgesetzes mit den Schwerpunkten verbesserter Opferschutz, möglichst professionelle Täterarbeit und Rückfallprävention genau richtig ansetzt.

Mir ist es auch besonders wichtig, hervorzuheben – es wurde ja angesprochen –, dass es mich ein bisschen wundert, warum das Betretungsverbot, die Bannmeile ein Entweder-oder sein soll. Ich hätte mir schon vorgestellt, dass das auch ein Und mitumfasst, dass dieses Betretungsverbot sehr viel zusätzlichen Schutz für mögliche Opfer bringen und die Annäherung des Gefährders an die gefährdete Person unterbinden soll.

Elementar erscheint mir auch, dass nach Anordnung eines Betretungs- und Annähe­rungsverbotes eine rasche Beratung des Gefährders zur Deeskalation und Vorbeu­gung von Gewalttaten verpflichtend vorgesehen ist. Da kann ich mir betreffend den Sachverhalt Kitzbühel auch vorstellen: Wenn es da schon Gefährdungshandlungen gegeben hätte – wir reden hier sehr viel im Konjunktiv –, dann wäre es vielleicht mit entsprechender Präventionsarbeit möglich gewesen, dermaßen gravierende Straftaten zu verhindern.

Zusammenfassend, glaube ich, haben wir als Gesetzgeber hier die große Aufgabe, alles zu versuchen, um so viele kriminelle Handlungen wie möglich zu verhindern und gleichzeitig den potenziellen Opfern größtmöglichen Schutz zu geben.

Ich glaube, das vorliegende Gewaltschutzgesetz ist ein wichtiger Schritt in diese Rich­tung, und wie ich schon angesprochen habe: Wir leben in einer Dynamik, und sollten Anpassungen notwendig sein, werden wir in diesem Haus wieder darüber disku­tieren. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Machen wir es gleich!)

16.23

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. Ich erteile ihr dieses.