10.28

Bundesrat Marco Schreuder (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich vorab natür­lich herzlich bedanken. Es freut uns Grüne sehr, dass wir wieder eine Fraktion sind und dass das eure Zustimmung gefunden hat, und wir hoffen auf fruchtbare, manchmal auch streitbare Debatten. Ich bin jetzt schon ziemlich streitbar gelaunt, aber ich werde das trotzdem recht friedlich machen. (Ruf bei der FPÖ: Kriegst gleich wieder Schoko­lade!)

Ich wünsche auch gute Zusammenarbeit und möchte mich auch beim Herrn Prä­sidenten ganz herzlich bedanken. Wir haben jetzt nur ganz kurz, aber intensiv zusam­mengearbeitet, es war eine sehr schöne Zusammenarbeit. Und als jemand, der in Oberösterreich aufgewachsen ist, wünsche ich natürlich der oberösterreichischen Präsidentschaft auch alles Gute.

Wir reden aber jetzt über den Green New Deal und die Pläne der Europäischen Kom­mission, die meiner Meinung nach nicht nur Pläne sind, die man jetzt so lapidar dis­kutieren sollte, sondern da geht es um einen Paradigmenwechsel.

Da geht es um einen echten Paradigmenwechsel in der Schwerpunktsetzung der Politik. Das hat eine ernsthafte Debatte verdient, darüber müssen wir ernsthaft reden. Da muss man auch in aller Ernsthaftigkeit sagen – weil so viele Schülerinnen und Schüler hier sind –: Kein Wissenschaftler bezweifelt den menschengemachten Klima­wandel, den wir jetzt erleben. (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist doch nicht wahr!)

Das hat nichts damit zu tun, dass es schon Klimawandel gab, weil es natürlich Ver­änderungen bei Erdrotation und Erdneigung und so weiter gibt; Vulkanausbrüche gibt es auch. (Bundesrätin Mühlwerth: Genau! Sonnenaktivität!) Nur: Die jetzige Erderwär­mung hat damit nichts zu tun, die hat ausschließlich mit der Industrialisierung und mit dem Verbrennen fossiler Energieträger zu tun. (Beifall bei BundesrätInnen der SPÖ und ohne Fraktionszugehörigkeit. – Bundesrätin Mühlwerth: Ja, das behauptet ihr einfach – und jetzt ist es so!)

Als ich diese Rede vorbereitete und mir bewusst war: Ich habe nur 5 Minuten, es geht sich nicht wirklich aus!, saß ich in einem Zug in Niederösterreich, und ich bekam die Nachricht, dass ich wieder Großonkel geworden bin (Beifall bei BundesrätInnen der ÖVP), da am Tag zuvor in Bad Ischl die kleine Jasmin geboren wurde. Ich hatte zwei Bildschirme: Ich hatte das Foto von Jasmin vor mir, und ich hatte auf meinem Desktop ein Video von einem Wissenschaftler, der erzählt, was bei welchen Temperaturen auf der Erde geschieht. Es ging um das Ende des Jahrhunderts, und mir wurde plötzlich bewusst: Jasmin wird dann 80 Jahre alt sein.

Viele von euch da oben (in Richtung Galerie) werden dann wahrscheinlich um die 95, 100 Jahre alt sein. Mit der derzeitigen Lebenserwartung schaut es ganz gut aus, dass ihr dieses Alter erreicht. Und wir, wir hier, und auch die Europäische Kommission, die nächste Regierung, jede Kammer und jedes Parlament in Europa und auf der Welt werden entscheiden, wie es diesen Jugendlichen und Jasmin auf diesem Planeten gehen wird. Auch wenn wir die Ziele des Übereinkommens von Paris erreichen und den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad begrenzen, wird es bereits Dürre geben. Ich erin­nere nur daran, dass wir vor zwei Jahren Wasser mit Kübeln auf die Almen tragen mussten, weil die Almen schon ausgetrocknet waren (Zwischenruf des Bundesrates Preineder ja, heuer auch.

Die Westantarktis ist nicht mehr zu retten, und mein geliebter Dachsteingletscher auch nicht mehr – sogar wir werden noch erleben, dass der verschwindet. Wenn aber die Pläne, die die Staaten jetzt vorlegen, real werden, dann müssen wir mit einem Anstieg von ungefähr 3 Grad rechnen. 3 Grad Anstieg bedeutet, dass auf Grönland kein Eis mehr vorhanden sein wird. Es bedeutet einen Anstieg des Meeresspiegels um 7 Meter. 7 Meter Anstieg bedeuten, dass alle Küstenstädte, die wir kennen, und alle Städte, die nahe am Meer gebaut sind und nicht mehr als 7 Meter hoch liegen, verschwinden werden: kein New York mehr, kein Miami mehr, kein Amsterdam mehr.

Jetzt frage ich euch, wenn wir über die Kosten des Green New Deal sprechen: Was sind denn das für Kosten, wenn diese Städte verschwinden? (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist ja noch gar nicht sicher! Die Prognosen haben nicht immer gestimmt!) Was sind denn das für Kosten, wenn wir unsere Wälder abholzen und diese Wälder dann nicht mehr da sind?

Wenn wir gar nichts tun und so wie jetzt weitertun und nicht einmal diese Minimal­um­setzungen machen, dann wird es auf der Erde um 4 Grad wärmer werden. Es gibt nicht wenige, die sagen: Wahrscheinlich werden wir diese 4 Grad Erwärmung deswegen nicht erreichen, weil die Fluchtbewegungen, die Krisensituationen, der Zusam­men­bruch der Weltwirtschaft schon dazu führen, dass es gar nicht so weit kommen kann.

Ich will das Jasmin nicht antun. Ich will das den Besucherinnen und Besuchern, den Jugendlichen auf der Galerie, nicht antun. Wir dürfen die Europäische Kommission nicht mit diesen Plänen alleinlassen. Die Europäische Kommission braucht die Unter­stützung des Europäischen Rates. Die Europäische Kommission braucht die Unterstüt­zung des Europäischen Parlaments. Die Europäische Kommission braucht die Unter­stützung aller Kammern aller Parlamente in ganz Europa, damit wir vorangehen können, und zwar beispielhaft für die ganze Welt. – Vielen Dank. (Beifall bei Bundes­rätInnen der SPÖ sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.)

10.34

Präsident Karl Bader: Danke sehr.

Ich begrüße sehr herzlich Herrn Bundesminister für Inneres Dr. Wolfgang Peschorn in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Stefan Schennach zu Wort gemeldet. – Bitte.