15.19

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Besucher hier im Haus oder Zu­schauer im Internet! Ich möchte meine Rede unter das Motto Wolf bleibt Wolf stellen.

Es ist nämlich die Darstellung von Wölfen nicht immer so, wie sie vielleicht tatsächlich sein sollte. Ich habe einmal in einer kleinen Kinderzeitung einen Bericht über Wölfe gesehen und gelesen. Da ist er ein liebes Plüschtier mit vertrauenserweckendem An­blick, um das man sich Sorgen machen muss. Und das, muss ich ehrlich sagen, sind Fakenews.

Ein Wolf ist ein Tier, das sich ein Revier absteckt, keinen Konkurrenten, keinen Nah­rungskonkurrenten duldet und sein Revier auch gegen alles, was hereinkommt, vertei­digen wird, was er immer getan hat.

Ich möchte auch aufzeigen, wie sich eine Region entwickelt, wenn einmal ein Rudel Wölfe auftritt. Bei uns im nördlichen Waldviertel war das Ende des vorigen Jahres der Fall. Ab August gab es etliche Wolfsrisse. Bei acht Überfällen wurden 45 Schafe und bei zwei Überfällen zwölf Stück Damwild gerissen.

Ich bin beim ersten Betrieb am nächsten Tag vor Ort gewesen. Es sind acht Tiere angefallen worden; zwei wurden gefressen, vier waren tot und zwei halbtot. Der Anblick war grauenvoll. Die restlichen Tiere waren im Stall und gehen nicht mehr auf die Weide. Der Bock, der die Herde offensichtlich verteidigen wollte, ist in einem Eck gestanden und hat gezittert, als hätte er Schüttelfrost.

In diesem Jahr war kein Weidebetrieb mehr möglich. Der Bauer kommt nicht auf seine 180 Weidetage, die er für Bioauflagen braucht. Er hatte deshalb doch einigermaßen Konflikte mit den Behörden und musste die Herde im Stall füttern. Das heißt, er hat im Herbst das Winterfutter verbraucht und musste die Herde abbauen, weil er dort, wo die Herde geweidet hätte, nicht mähen konnte. So gibt es eben sehr viele Dinge, die hinterher dazukommen.

Im Jahr darauf hat er den Weidebetrieb eingestellt. Die anderen, kleineren Betriebe mit nur fünf, zehn, 15 Muttertieren, die auch Wolfsrisse in ihren Herden hatten, haben sogar die ganze Schafhaltung eingestellt. Das ist die Folge, wenn ein Wolfsrudel in einer Region mehrmals zuschlägt.

Eine weitere Folge ist, dass es bei den Bezirkshauptmannschaften einen sprunghaften Anstieg bei Anträgen auf Ausstellung von Waffenbesitzscheinen gegeben hat, weil es eben nicht mehr so lustig ist, wenn man in Einzellage lebt, wenn jede Nacht die Wölfe heulen und die Kinder in der Finsternis einen halben Kilometer oder 1 Kilometer zur Bushaltestelle gehen sollen. Das ist irgendwie nicht mehr so schön, und man macht das dann auch nicht mehr.

Davor hatten wir des Öfteren Diskussionen mit Vertretern aus dem Wiener Umland. Sie hatten dieses Bild vom lieben, putzigen Wolf, den man verteidigen muss, bis es zu Wolfsrissen in Klosterneuburg, zum Beispiel bei einem sehr prominenten Vertreter der Sozialistischen Partei, bei Karlheinz Demel, gekommen ist – zweimal innerhalb von zwei Wochen –, und auch er hat die Schafhaltung danach aufgegeben, weil man dann keine Motivation mehr hat. Zudem hat es die doch sehr interessante Aussage eines Bürgermeisters aus diesem Umland gegeben, der gesagt hat: Das geht ja gar nicht, dass bei uns Wölfe sind, wir leben ja nicht auf einem einsamen Stern im Waldviertel, bei uns leben ja auch Leute!

Daran sieht man, wie Menschen in der Stadt und in Stadtnähe denken: Da draußen kann es die Wölfe geben, wir aber wollen sie doch nicht in unserer Nähe. Ich glaube, wenn einmal ein paar Wölfe durch den Prater streichen, dann ändert sich auch die Haltung in Wien.

Es ist auch lustig, wie das Ganze von den verschiedenen Seiten betrachtet wird: Ein Verein hat gesagt, er habe sehr erfolgreiche Präsentationen über die Wölfe gemacht. Ich habe ihn beobachtet: In drei Stunden am Hauptplatz hat er vier Leute beraten. Wir haben 70 000 Unterschriften gegen die Wölfe am Land sammeln können. Das ist doch etwas anderes.

Dann gibt es immer wieder Experten, die sagen, man könne doch Herden schützen. – Ich kann Ihnen sagen, die Schafzuchtverbände Österreichs hatten in Kals am Groß­glockner ein Projekt mit dem WWF Österreich, um eine Herde mit Herdenschutz­hun­den zu schützen. Es gab keinen Wolfsangriff, das war nicht das Problem. Das Problem war, die Hunde sind die Wanderer angegangen. Es gab zwei Vorfälle, danach wurde das Projekt von der Nationalparkverwaltung sofort gestoppt.

Die Herde hat sehr viele Parasiten gehabt und eine sehr schlechte Leistung erbracht. Die vier Hunde haben die Lämmer gefressen und kosteten 14 000 Euro Futter. Jetzt stellen Sie sich vor, Sie haben 80 Mutterschafe, verdienen damit gut und gern 4 000 Euro und brauchen 14 000 Euro Futter für die Herdenschutzhunde. Das wird sich nicht ausgehen.

Die anderen Experten erzählen immer wieder, das alles sei mit Elektrozäunen so ein­fach. Man hört immer, ein Elektrozaun mit 1,20 Meter Höhe wäre schon genug. – Bei den Rissen im Waldviertel war es so: Einmal ist ein Zaun mit 1,40 Meter Höhe über­wunden worden, einmal einer mit 1,70 Meter – mit dem Schaf zwischen den Zähnen, vom Wolfsbeauftragten so dokumentiert.

In der vergangenen Woche hat es einen Zeitungsbericht gegeben: Da ist ein Wolf aus einem umzäunten Gebiet über einen Zaun von 4 Meter Höhe ausgerissen. Also das mit den Zäunen wird nicht so einfach werden. In Deutschland sagen sie uns, ein richtiger Schutz sind nur zwei Zäune hintereinander, wobei der zweite 3 Meter hoch sein soll. Da zäunen sie einmal eine Alm ein! Gehen Sie einmal auf eine Alm, schauen Sie sich das an! Das geht, aber es kostet.

Wenn wir warten und zusehen, wie sich die Populationen verändern – und das geht ja dann oft sehr schnell –, werden die Beweidungen rasch zurückgehen, was der Touris­mus einige Jahre danach spüren wird. Der Wandertourismus wird nachlassen, wenn die Almen zuwachsen. So wird es eben in allen Bereichen Auswirkungen geben.

Natürlich gefährdet der Wolf den Menschen. Jedes Jahr gibt es über die ganze Welt verstreut Hunderte von Angriffen – bei uns natürlich nicht, aber in Kanada, in Indien, in Russland, überall. Bei uns ist das größte Problem, dass die Wölfe die Scheu vor dem Menschen verloren haben. In Niedersachsen hat es einen Vorfall gegeben, dass ein Jogger während des Laufens irgendetwas an seinen Fingern gespürt hat. Als er sich umdrehte, sah er: Es sind ihm zwei Jungwölfe nachgelaufen, die an seinen Fingern geschleckt haben. Die haben ja keine Angst vor uns, wenn wir ihnen nichts tun! Das ist das größte Problem.

Wir müssen danach trachten, dass Wölfe Angst vor dem Menschen und vor seinem Umfeld bekommen, dann ist auch ein Leben mit dem Wolf möglich. Wir wollen sie gar nicht ausrotten. Wir wollen sie bejagen, so wie Füchse auch, und die sind ja auch nicht ausgerottet.

Wenn das konsequent gemacht wird, so haben uns die Experten bestätigt, gibt es eine Rudelintelligenz, die innerhalb des Rudels weitergegeben wird, und dann werden die Wölfe den Lebensraum der Menschen meiden und auch die Herdentiere nicht mehr anfallen. Das ist das Einzige, was uns helfen wird. Ansonsten haben Wölfe keine Scheu vor Menschen, und das ist das Schlechteste, das es geben kann.

Es wird auch nicht gehen, dass Wölfe in die ländlichen Regionen zurückkommen, ohne die Menschen, die dort vor Ort leben, einzubinden. Es wird nicht gehen, dass die Menschen in der Stadt bestimmen, wie die Menschen auf dem Land zu leben haben; das werden sich die Menschen auf dem Land sicher nicht gefallen lassen. Deshalb unterstützen wir die Forderungen in dieser Petition, die unter anderem in Richtung „Schaffung einer gesetzlichen Regelung, um die Entnahme von Wölfen zu ermög­lichen“, gehen.

Die Regelung, die es derzeit gibt, gemäß der der Wolf dreimal kommen muss – mit drei Bescheiden in der Zwischenzeit –, damit man dann zum ersten Mal schießen darf, ist – nicht böse sein – Blödsinn. Weiters wird die „Überarbeitung des Wolfsmanagement­planes“ sowie ein „einheitliches, österreichweites Entschädigungsmodell“ für die Ge­schädigten gefordert. Die Schutzmaßnahmen müssen natürlich von der öffentlichen Hand bezahlt werden. Die Bauern wollen die Rückkehr der Wölfe nicht; das, glaube ich, ist überall dokumentiert. Wenn es die Allgemeinheit will und Milliarden hinein­stecken will, dann soll sie das bitte auch machen.

Wir fordern eine „Beweislastumkehr bei Wolfsrissen“, sodass nicht der Bauer die Be­weislast hat, weiters eine „Entnahme von Hybriden“ – es sind sehr viele Hybriden unterwegs, die sowieso abgeschossen werden können und sollen – sowie eine „un­büro­kratische Lösung bei Konflikten“, denn eines ist klar, so wie ich es am Beginn ge­sagt habe: Wolf bleibt Wolf. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

15.28

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächster zu Wort gelangt Bundesrat Andreas Lackner. Ich erteile es ihm.