12.28

Bundesrat Silvester Gfrerer (ÖVP, Salzburg): Geschätzte Frau Vizepräsidentin! Werte Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte in meinem Redebeitrag an das Thema der äußeren Einflüsse, die uns Jahr für Jahr ereilen und eigentlich in der Landwirtschaft oft so nicht einplanbar sind, anknüpfen. Die Lebensmittelproduktion und das Einkommen aus der Produktion der Lebensmittel sind schon erörtert und diskutiert worden. Betrachten wir die letzten beiden Jahre: Ich traue mir zu sagen, dass das Jahr 2019 nicht besser war als das Jahr 2018, die äußeren Einflüsse waren auch derart groß, daher haben wir sicherlich auch keine positiven Zahlen zu erwarten. Ich denke an den letzten Winter mit diesen Schneemengen, ich denke an die Trockenheit, ich denke an die Unwetter im letzten Herbst, daher möchte ich das Jahr 2019 eigentlich ein bisschen mitnehmen.

Es sind riesengroße Schäden, wobei auch großer Dank der Bundesregierung, den Landesregierungen gilt, die schnell zu Hilfe sind – und auch wir alle sind schnell zu Hilfe –, um über den Katastrophenfonds vieles abzuwehren, und trotzdem bleibt sehr viel an den bäuerlichen Familienbetrieben hängen – trotz niedriger Einkommen. Salz­burg zum Beispiel hat im Jahr 2018 7 Millionen Euro aufgrund von Katastrophen­schä­den ausgegeben, im Jahr 2019 werden es geschätzt 17 bis 18 Millionen Euro sein. Wenn die bäuerlichen Familien 10, 20, 25 Prozent dieses Beitrages leisten müssen, ist es bei diesen Einkommen trotzdem sehr, sehr viel Geld, das zurzeit sehr schwer zu erwirtschaften ist.

Ganz eng verbunden sind damit – das wurde von meinem Vorredner angesprochen – das Klima, der Klimaschutz, die Klimaveränderung. Diese sind sehr stark mit der Land­wirtschaft verknüpft, und ich möchte dazu auch ein paar Zahlen nennen. Ich bin gerade dabei, das Buch des Erfinders der ökosozialen Marktwirtschaft, Josef Riegler, zu lesen, und da steht drinnen, dass die Menschheit bis zum 18. Jahrhundert gebraucht hat, damit es eine Milliarde Menschen gibt, und in den darauffolgenden 300 Jahren sollte sich diese Zahl auf zehn Milliarden vermehren. Was das bedeutet, muss man sich eigentlich durch den Kopf gehen lassen: eine Verzehnfachung innerhalb von 300 Jah­ren!

Täglich werden circa 260 000 mehr Menschen geboren als sterben, das entspricht im Jahr etwa der Einwohnerzahl Deutschlands – und das Jahr für Jahr. Dass dies Aus­wirkungen auf das Klima hat und dass wir Menschen eine große Wirkung auf das Klima haben und alle Menschen Verursacher dieser Klimaveränderung sind, stellt uns, glaube ich, vor sehr, sehr große Herausforderungen. (Bundesrat Schennach: Nur nicht für Europa ...!)

Ich denke, die österreichische Landwirtschaft kann dazu einen großen Beitrag leisten und leistet eigentlich schon in den letzten 30, 40 Jahren einen großen Beitrag mit einer nachhaltigen und standortangepassten Landwirtschaft und Bewirtschaftung. Ich kenne sonst keine Produktionssparte, die durch Produktion eine positive Klimabilanz erreicht. Die österreichische Landwirtschaft macht das: Grünland hat eine positive Klimabilanz, die Forstwirtschaft hat eine positive Klimabilanz. Darauf aufbauend, glaube ich, müssen wir uns einbringen. Ich danke auch der Bundesregierung für die in den letzten Jahren schon ambitionierten Ziele, die wir gesetzt haben, nämlich eine positive Klima­bilanz und eine nachhaltige Landwirtschaft zu ermöglichen und mit dem Öpul-Pro­gramm, der AZ und der Einheitlichen Betriebsprämie die bäuerlichen Familien zu unterstützen.

Eines muss ich, da die zweite Säule angesprochen worden ist, dazu sagen, dass ein großer Teil von diesem Geld in andere Richtungen gehen soll: 600 000 Arbeitsplätze in der ländlichen Region sind durch die Landwirtschaft im vor- und nachgelagerten Be­reich gesichert. Ich glaube auch, diese Zahl auf „nur“ – unter Anführungszeichen – 4,5 Prozent der Bevölkerung, was die Landwirtschaft betrifft, herunterzubrechen, ist zu kurz gegriffen. Ich bin auch dafür, dass viele Familien unterstützt werden, aber ich muss darauf hinweisen: Man sollte da andere Finanztöpfe anzapfen, um aus anderen Bereichen Geld zu lukrieren, aber bei der Einkommenssituation, die in der Land­wirtschaft derzeit vorherrscht, noch Geld wegzunehmen, wird sicherlich nicht funktio­nieren und den Strukturwandel nur beschleunigen.

Wo findet der Strukturwandel statt? – Meist in den Gebieten, in denen der ländliche Raum auch wirtschaftlich schwach ist. In unserer Region mit starkem Tourismus, mit starkem Handwerk, mit vielen Arbeitsplätzen ist der Strukturwandel wesentlich schwächer ausgeprägt. Das Pendeln der Nebenerwerbsbauern spielt eine wesentliche Rolle. Wenn man tagtäglich 100 Kilometer oder mehr pendeln muss, dann ist es nicht mög­lich, eine Landwirtschaft im Nebenerwerb zu betreiben. Es gibt viele Gründe, warum Landwirte die Stalltüren zusperren, und da wiederum schließt sich der Kreis mit der Bewirtschaftung, mit dem Klimawandel, mit dem Naturschutz und mit all diesen Dingen, die wir in der Praxis eigentlich schon lange betreiben.

Was kann man Positives tun, um das Einkommen zu verbessern, um eine Trendwende herbeizuführen? – Regionalität ist ein sehr strapaziertes Wort, würde ich sagen. Es wird viel von Regionalität gesprochen, aber in der Praxis wenig getan, sowohl bei den Konsumenten als auch beim Tourismus. Kollege Peter Raggl hat das schon erwähnt, und ich glaube, da gibt es großen Handlungsbedarf. Ich denke, wenn die Land­wirtschaft, so wie wir sie in Österreich betreiben, Zukunft haben soll und wenn die Menschen wollen, dass wir dieses Bild der traditionellen Naturlandschaft und Kultur­landschaft so beibehalten, dann müssen wir einen Schulterschluss erreichen, um auf diesem Gebiet mehr Regionalität und wirklich auch bessere Preise erzielen zu können.

Ich danke der Bundesregierung und auch den Grünen, die bei den Regierungs­ver­handlungen auch positive Signale für die Landwirtschaft – im steuerlichen Bereich, im Sozialversicherungsbereich (Bundesrat Pisec: Ist noch nichts umgesetzt!), in der Herabsetzung des fiktiven Ausgedinges für die landwirtschaftlichen Pensionen und bei vielem mehr – gesendet haben. Es ist noch viel zu tun, aber die Richtung bezie­hungs­weise dieses Übereinkommen gibt gute Chancen, und dies jetzt in Umsetzung zu bringen ist, glaube ich, ein wesentlicher Beitrag, um gemeinsam gut voranzukommen.

Wir leben alle in einem so ungemein hohen Wohlstand, der meiner Wahrnehmung nach – je mehr Wohlstand – doch auch ein bissl Unzufriedenheit schafft. Ich denke, dass wir eine große Leistung für diesen Wohlstand und für die Gesellschaft erbringen, die den Erholungsraum in der ländlichen Region sucht, die aus den Ballungszentren zu uns kommt. Ich spüre ab und zu, dass wir schon die Lieferanten dieses Wohlstandes sind, aber dabei selber zum Opfer werden. Wenn man diesen Wohlstand weiterhin haben will, dann darf uns das wirklich nicht passieren. In diesem Sinne, glaube ich, müssen wir uns alle bemühen, damit wir eine gute Zukunft haben.

Ich möchte zum Abschluss einen Entschließungsantrag (Zwischenruf des Bundesrates Novak) einbringen:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Nein zum Mercosur-Abkommen in der bisherigen Form“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, sich gegen das Mercosur-Abkommen in der bisherigen Form auszusprechen.“

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Ein Beisatz noch: Wir hätten das wirklich gerne mit der FPÖ gemeinsam eingebracht, es war aber leider nicht verhandelbar. – Ich danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.38

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Der von den Bundesräten Bader, Schreuder, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Nein zum Mercosur-Abkommen in der bisherigen Form“ ist genügend unterstützt und steht damit mit in Verhandlung.

Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesminister Elisabeth Köstinger zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Minister, ich erteile Ihnen das Wort.