16.04

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ge­schätzte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause! Herr Bundeskanzler, Sie haben nun den Versuch unternommen, die Antworten, die in der Dringlichen Anfrage an Sie gestellt worden sind, zu beantworten. (Bundeskanzler Kurz: Die Fragen!) – Die Fragen, ja. Ehrlich gesagt, bin ich enttäuscht und entsetzt, in welcher Art und Weise diese Beantwortung durch Sie erfolgt ist. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Es wurden uns Pauschalantworten präsentiert, obwohl die Fragen sehr dezidiert und genau formuliert wurden. Sie haben es nicht der Mühe wert gefunden, auf diese einzelnen Fragen genau einzugehen, sondern einfach rigoros geantwortet: 1 bis 5 habe ich eingehalten, oder 2 bis 3 so beantwortet, dass sich eigentlich niemand ein Bild machen konnte, was wirklich Ihre Antwort ist.

In der Vergangenheit ist schon sehr viel in dieser Richtung geschrieben worden: Sie weisen uns als Parlamentarier darauf hin, dass in dieser Zeitung dies und in jener Zeitung das steht. – Das ist uns sehr wohl bewusst, denn auch wir lesen Zeitungen (Heiterkeit des Bundesrates Steiner), und wir machen das auch sehr genau. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Spanring.)

Wenn Sie in Ihrem Eingangsstatement betonen, dass Rechtsstaatlichkeit ein hohes Gut ist, kann das jeder hier nur unterstreichen. Auch dass Defizite angesprochen werden sollen, wird niemand hier abstreiten, doch die Art und Weise, wie dies passiert ist, ist unseres Staates sicher nicht würdig.

Es wurden hier drei Aussagen getätigt, die auch medial, wie wir aus den Zeitungen erfahren haben, als Kernpunkte der ganzen Angelegenheit erkannt worden sind. Was ist davon noch vorhanden?

Der erste Punkt war, dass es rote Netzwerke gibt, die in den Ministerien gewisse Aus­künfte erteilen und gewisse Machenschaften vorantreiben. (Bundesrat Schennach: Der Hinweis ist für den Villacher Fasching! – Ruf bei der SPÖ: Lei-lei!)

Betreffend die zu lange Dauer der Verfahren gab es eine entsprechende Stellung­nahme der zuständigen Ministerin, warum gewisse Verfahren bei dieser Staatsan­walt­schaft so lange dauern, nämlich dass es kein einfaches Verfahren wie bei normalen Strafverfahren bei Kleindelikten ist. Dass dabei über längere Zeiträume notwendige Verfahrensschritte abzuarbeiten sind, steht außer Zweifel, und dadurch kann es natürlich zu längeren Verzögerungen kommen – auch dadurch hervorgerufen, dass die Beschuldigten im Gegensatz zu solchen bei Kleindelikten in der Lage sind, sich Anwälte zu leisten, die sehr wohl wissen, wie sie die Möglichkeiten des Rechtsstaats ausreizen können, um Verfahren in die Länge zu ziehen. – Auch das wird vonseiten der Justizministerin bestätigt.

Wenn man den Ablauf bei Gericht etwas kennt, weiß man auch, wie es um die Ausstat­tung der Gerichte bestellt ist.

Dass die finanzielle Lage im Justizministerium eine ist, betreffend die schon Bundes­minister Moser festgestellt hat, dass es zusätzliche Millionen in seinem Ressort braucht, um einen normalen Arbeitsablauf abliefern zu können, wird Ihnen nicht unbe­kannt sein. Justizminister Jabloner ist da im Sommer 2019 schon konkreter geworden und hat festgestellt, dass er mindestens 90 Millionen Euro für den Justizapparat braucht, um dort einen normalen Ablauf gewährleisten zu können.

Wenn man sich die jetzige Budgetlage anschaut, schaut es aber ganz anders aus: Es gibt noch Kürzungen, und da stellt sich die Frage, ob man wirklich einen Justizapparat will, der funktioniert, oder ob man ihn zu Tode spart. (Beifall bei der SPÖ.)

Auf die roten Netzwerke möchte ich jetzt nicht eingehen (Zwischenruf der Bundesrätin Zeidler-Beck – Bundesrat Steiner: Eh klar! – Bundesrat Bader: Das würde uns aber interessieren!), da von Jarolim und Partner ein offener Brief an den Herrn Bundeskanzler gegangen ist, der ebenfalls in den Medien veröffentlicht und abgedruckt wurde. Ich glaube, dass das hier nicht angebracht ist.

Zur Erinnerung: 90 Millionen Euro fehlen der Justiz zurzeit, um entsprechend arbeiten zu können. In den normalen Gerichten wird bei den Fachdiensten eingespart, die Richter und Staatsanwälte müssen Arbeiten erledigen, die normalerweise vom Fach­dienst erledigt werden, und können diese Zeit daher auch nicht für die Verfahren aufbringen, die sie in der Vergangenheit abgedeckt haben. Der Elektronische Akt steckt in den Kinderschuhen und ist eigentlich des Begriffs Elektronischer Akt nicht würdig.

Ich möchte mit einem Zitat aus den „Vorarlberger Nachrichten“, da das Zitieren von Nachrichten aus Zeitungen anscheinend en vogue ist, schließen. Das war heute, am 13.2., in den „Vorarlberger Nachrichten“, und ich glaube, diese Vorarlberger Zeitung ist jetzt nicht eine Zeitung, die der Sozialdemokratie sehr nahe steht (Bundesrat Schennach: Na ja! – Heiterkeit bei BundesrätInnen der SPÖ):

„Verantwortlich dafür ist vorwiegend die ÖVP. Sie stellte 2007 bis Anfang 2019 durchwegs den Finanzminister. Das Justizressort war vor Alma Zadic seit 2008 in schwarzer/türkiser Hand. Jetzt so zu tun, als räume die Kanzlerpartei mit fremd­ver­schuldeten Missständen auf, ist gelinde gesagt scheinheilig. Sie hat maßgeblich zu dieser Misere beigetragen.

Zu allen anderen Vorwürfe – von scheinbar politischen Netzwerken bis zur rechts­widrigen Weitergabe von Ermittlungsakten durch Staatsanwälte – hat die ÖVP bis heute keine Belege geliefert.“ – Auch Sie nicht, Herr Bundeskanzler, heute hier und da. – „Dazu ist nicht mehr zu sagen, als dass solche Angriffe auf die Justiz zu unter­lassen sind. Misstrauen gegen diese zu säen, hat in einem gesunden Rechtsstaat wie Österreich nichts verloren.“

Dem möchte ich nichts mehr hinzufügen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

16.12

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächster gelangt Fraktionsvorsitzender Karl Bader zu Wort. – Bitte.