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Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren vor den Fernsehgeräten oder via Livestream! Es ist bestimmt eine ungewöhnliche Situation, unter der wir heute hier im Bundesrat zusammentreten – eine Situation, die wir so nicht kennen. Auch schon die Sitzordnung zeigt, dass es ganz anders ist.

Ich möchte mit einem Zitat aus einem Bericht von Gerald Heidegger auf orf.at begin­nen – von gestern oder vorgestern, glaube ich. Schon die Überschrift zu diesem Be­richt dokumentiert das, was derzeit das wohl wichtigste Thema in dieser Republik ist. Sie lautet: „Wenn nichts mehr selbstverständlich ist“.

Ich zitiere: „Die ‚Coronavirus-Krise‘ stellt“ uns alle „vor eine große Herausforderung. Nichts, was im Alltag selbstverständlich gewesen ist, ist es“ in dieser Sonder- und Kri­sensituation. „Werden wir ausreichend versorgt sein? Wie lange werden Maßnahmen dauern? Welches Handeln ist das richtige? Diese Fragen beschäftigen gerade alle. Verunsichert würden wir von der momentanen Situation vor allem [...], weil wir verlernt haben, für uns selbst zu sorgen.“ – Das sagt der Kunst- und Kulturhistoriker Johannes Domsich im Gespräch mit dem ORF.

Weiters: „‚Wir sind gewohnt, dass es für jeden Bereich unseres Lebens einen Zustän­digen gibt. Den Hausarzt, das Gesundheitssystem‘“, jemanden, der für das fertige Es­sen sorgt und vieles, vieles mehr. „Was ist wichtig in der Krise?“, fragt er weiter. „‚Es braucht die Sicherheit des öffentlichen Raums‘“, des öffentlichen Lebens, „‚die Sicher­heit der Strom- und Wasserversorgung, und da sind wir eines der am besten vorberei­teten Länder dieser Welt‘, ist Domsich überzeugt: ‚Die Bevölkerung geht auch jetzt bei allen anderen Irritationen davon aus, dass diese Dinge funktionieren.‘“

Ja, die aktuelle Situation ist eine außerordentliche Situation, wie wir sie seit dem Zwei­ten Weltkrieg ganz gewiss nicht erlebt haben – eine außerordentliche Situation, die au­ßerordentliche Maßnahmen, ja sogar drastische außerordentliche Maßnahmen braucht, in der die oberste Priorität in der Setzung dieser Maßnahmen die Gesundheit der Men­schen hat, um möglichst viele Menschen gesund zu halten.

Daher danke ich an dieser Stelle allen, ganz oben beginnend dem Herrn Bundes­kanzler und Vizekanzler, den Regierungsmitgliedern, die die Hauptverantwortung tra­gen – Gesundheitsminister, Innenminister –, und allen anderen Mitgliedern der Bun­desregierung genauso wie den Sozialpartnern, allen, die in den Stäben jetzt Tag und Nacht fast Übermenschliches für uns, für das Krisenmanagement leisten – ein Kri­senmanagement mit höchster Kompetenz, Sachlichkeit und Qualität und ein Krisen­management aus einem Guss, so wie es sich die Bevölkerung ganz einfach jetzt er­wartet. Sie alle leisten Großartiges, dafür ein ganz, ganz großes Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP sowie bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Heute und jetzt sind wir, das Parlament, gefordert. Es wurde eingangs vom Herrn Präsidenten und vom Herrn Bundesminister schon gesagt, am Wochenende treten Nationalrat und Bundesrat zusammen, um zu beweisen, dass wir auch bereit sind, unseren wesentlichen Beitrag zu diesem Krisen­management zur Bewältigung dieser Krise in unserem Land zu leisten. Ja, wir werden diesen Beitrag heute auch gemeinsam leisten. Daher danke ich jetzt schon ausdrück­lich allen Fraktionen dafür, dass wir in dieser Situation genauso zusammenstehen, wie es die Regierungs- und Staatsspitze von jedem einzelnen Staatsbürger, von jeder ein­zelnen Staatsbürgerin erbittet und auch erwartet.

Jetzt ist die Zeit für die ganz große, besondere Verantwortung für die Menschen in Ös­terreich. Mit dem heutigen Beschluss schaffen wir die gesetzlichen Grundlagen dafür, damit das Herunterfahren des Staates, wie es unser Herr Bundeskanzler gestern deutlich formuliert hat, mit den dringendst erforderlichen Maßnahmen auch rechtlich korrekt geschehen kann, wie es sich für einen Rechtsstaat gehört, und dass unser Staat in dieser Situation auch weiter funktionsfähig gehalten wird.

Das Wichtigste ist die Gesundheit. Wie oft haben wir das schon zum einen oder an­deren gesagt. Ich glaube, im Moment sind wir gerade in einer Situation, in der dieser Ausspruch, dass die Gesundheit das wohl Wichtigste ist, eine ganz andere Dimension und Bedeutung bekommen hat.

Die Ausbreitung des Coronavirus hat große gesundheitliche Auswirkungen auf uns al­le, aber auch Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft, auf Unternehmen und vor al­lem auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unternehmen. Deshalb wurde eben dieses Coronakrisenbewältigungspaket mit einer Summe von 4 Milliarden Euro ge­schnürt, als ein erster wesentlicher Schritt, um einige Ziele sicherzustellen – der Herr Bundesminister hat es angesprochen –: zuerst natürlich das Gesundheitssystem ent­sprechend fit zu halten, die Zahlungsfähigkeit der Betriebe zu erhalten, Arbeitsplätze zu sichern, für Hilfe in besonderen Härtefällen zu sorgen.

Darüber hinaus soll aber auch der Betrieb vieler Bereiche, die zum täglichen Leben gehören – die selbstverständlich funktionieren –, in dieser außerordentlichen Situation gewährleistet werden. Ich denke an den Tagesordnungspunkt, bei dem es um die Zen­tralmatura und andere Prüfungen geht, oder jenen, bei dem es um die Verord­nungsermächtigung für die Frau Justizministerin geht. All das ist etwas, was dazu bei­tragen kann und soll, damit wir da leichter durchkommen.

So danke ich nochmals für die Unterstützung der vorliegenden Gesetzesbeschlüsse durch alle Fraktionen und den damit eindrucksvoll dokumentierten nationalen Schulter­schluss in dieser Ausnahmesituation. Wir schaffen mit diesem ersten Schritt die Grund­lage dafür, dass wir nach dieser Pandemie wieder gut und gestärkt in die Zukunft bli­cken, ja starten können, wobei wir heute noch nicht absehen können, wie das noch werden wird.

Ich danke daher von dieser Stelle aus auch allen Menschen in Österreich, die jetzt ge­fordert sind, die nicht zu Hause bleiben können, die Dienst tun und Dienst tun müssen: im Bereich der Gesundheit und Pflege, der Exekutive, in den Behörden, den Kinder­gartenpädagogInnen und MitarbeiterInnen in Kindergärten, Volksschulen, Neuen Mit­telschulen, Unterstufen, die offen haben werden, um die Kinderbetreuung sicherzu­stellen, und ganz besonders natürlich allen, die in der Lebensmittelversorgung tätig sind, und jenen, die diese Lebensmittelversorger versorgen, nämlich den Bäuerinnen und Bauern, den Landwirten in unserer Republik, die für diese Lebensmittel zuständig sind, die diese Versorgungssicherheit immer herstellen und gerade in dieser Situation besonders gefordert sind. (Allgemeiner Beifall.) Diese Versorgungssicherheit ist in un­serem Land gewährleistet. Das möchte ich auch allen sagen, die jetzt dort und da un­terwegs sind, um Hamsterkäufe zu tätigen. Die Versorgung ist sichergestellt und es ist von allem genug da.

Ich möchte noch einmal auf den Bericht von Heidegger zurückkommen. „Sind gewohnt, dass alles schnell geht“, darf ich daraus zitieren. Grundlegend ist der Mensch – und wir sind es in der Gegenwart – gewohnt, dass alles schnell geht, und verzweifelt dann, wenn etwas nicht so schnell geht. Es wird dauern, bis es entsprechende Impfungen, auch Medikamente geben wird, um diesen Virus abzutöten. Es wird noch einige Zeit dauern und wir müssen in dieser Zeit auch die Ruhe bewahren.

„Isolation in jeglicher Form“ – heißt es im Bericht weiter – „biete die Chance, sich auf jene Dinge zu besinnen, die wirklich wichtig“ im Leben sind, erkennt Domsich. „‚Viele Menschen kommen gerade in der jetzigen Situation drohender Isolationen drauf, wie wichtig soziale Nähe ist.‘“ Und: „Wenn die arbeitsteiligen Abläufe versagten, würden wir erst merken, ‚was wir alles nicht können oder eben nicht mehr können.‘“

Ich denke, dass wir alle in den nächsten Wochen Zeit finden werden, um darüber nach­zudenken und auch darüber nachzudenken, dass es nach dieser Krise ein Leben ge­ben wird, das sich in vielen Bereichen anders darstellen wird.

Ich darf folgenden Antrag zu diesem Punkt einbringen:

Antrag

der BundesrätInnen Karl Bader, Korinna Schumann, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen

„Die unterzeichneten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 15. März 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Errichtung des COVID-19-Kri­senbewältigungsfonds (COVID-19-FondsG) und ein Bundesgesetz betreffend vorläu­fige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maß­nahmengesetz) erlassen sowie das Gesetzliche Budgetprovisorium 2020, das Bundes­finanzrahmengesetz 2019 bis 2022, das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Ab­baubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungs­gesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsge­setz geändert werden (COVID-19 Gesetz) (396/A sowie 102 d.B) (TOP 1) – soweit die­ser dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben.“

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Schließen möchte ich mit einem Appell unseres Bundeskanzlers: Bleiben Sie daheim! Ab morgen wird unsere Republik auf ein Minimum, auf einen sogenannten Notbetrieb heruntergefahren. Es gibt nur drei Gründe, aus dem Haus zu gehen, und die wurden kommuniziert: zur Arbeit zu gehen, dringende Besorgungen zu erledigen oder Men­schen zu helfen, die sich selbst nicht helfen können. Es gilt, zusammenzustehen, zu­sammenzuhalten und diese schwierige Zeit bestmöglich zu meistern.

Vielen Dank! Wir werden den Gesetzesvorlagen gerne unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

15.01

Präsident Robert Seeber: Der eingebrachte Antrag ist genügend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Korinna Schumann. Ich erteile ihr dieses.