14.11

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Geschätzte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Damen der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, die Welt ist eine andere geworden, nicht nur in Österreich, sondern auf allen Kontinenten. Verfolgen Sie heute die Meldungen in den Medien, werden Sie feststellen, dass Amerika die Grenzen zu Mexiko und zu Kanada geschlossen hat. Also auch Amerika setzt die ersten Maßnahmen – hoffentlich nicht zu spät. Sie haben vielleicht die dramatischen Worte des New Yorker Bürger­meisters gehört, dort zieht diese Pandemie bereits sehr weitreichende Konsequenzen nach sich.

Auch für Österreich ist die Welt eine andere geworden. Blicken wir 14 Tage zurück, dann müssen wir sagen, wir waren eigentlich alle ziemlich überzeugt davon, dass das wirtschaftliche Wachstum in den Jahren 2020, 2021 ein durchaus positives sein wird, dass wir hinsichtlich der Beschäftigung gemeinsam neue Akzente werden setzen können und dass der Finanzminister – das war zumindest die Hoffnung weiter Kreise der öffentlichen, gesellschaftlichen Bereiche, aber auch der Politik und der Wirt­schafts­forschungsinstitute – einen Budgetüberschuss wird verkünden können. Seit den letzten Tagen wissen wir, dass die Auswirkungen dieser Pandemie, dieser Viruserkrankung und dieser Viruskrise weitreichende Konsequenzen auch für unser Budget haben und dass wir als Politik, aber auch als Gesellschaft insgesamt mit diesen Problem­stellun­gen werden umgehen müssen.

Wir haben uns darüber Gedanken gemacht, wie wir die Freiheiten, die uns Europa bietet – den freien Personenverkehr, den freien Warenverkehr, den freien Dienstleis­tungsverkehr, den freien Kapitalverkehr –, bestmöglich für eine gute Zukunft nutzen können. In den vergangenen 14 Tagen hat sich bis hin zum Klimawandel und den Maß­nahmen, die wir eigentlich gegen den Klimawandel vornehmen wollten, die Perspektive geändert und die Dringlichkeit massiv verschoben.

Heute wissen wir, die Welt ist eine andere. Weite Bereiche unseres wirtschaftlichen Lebens, unserer Unternehmungen sind auf Minimalbetrieb zurückgefahren, aber es gibt auch – und das ist eigentlich ein Paradoxon – weite Bereiche unserer Wirtschaft, die auf ein Maximum hinaufgefahren worden sind, um die Versorgungssicherheit für die Österreicherinnen und Österreicher sicherzustellen. Diesen Herrschaften gebührt einmal – pauschal gesprochen – ein ganz großes Dankeschön, denn sie sind es, die unser Land weiter handlungsfähig halten, die die Versorgung sicherstellen und damit für die Lebensqualität, auch unter eingeschränkten Rahmenbedingungen, zuständig sind. Wir sollten ihnen gemeinsam einen Applaus schenken, ohne einzelne Gruppen herauszugreifen: Herzlichen Dank allen! (Allgemeiner Beifall.)

Wir sind eine Länderkammer, und auch für die österreichischen Bundesländer ist die Welt eine andere geworden. In Vorarlberg hätten Gemeinderatswahlen stattfinden sollen, in der Steiermark, meinem Heimatbundesland, hätte es Gemeinderatswahlen geben sollen. Sie sind unterbrochen und in der Fristigkeit hinausgeschoben worden. Mögen sie in den nächsten Monaten stattfinden können.

Auch viele Gemeinden hatten sich Aufgaben vorgenommen, die sie in diesen Tagen lösen wollten: von Mobilitätsangeboten, die sie den Menschen machen wollten, bis hin zu Maßnahmen betreffend den Klimawandel. Heute geht es um Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Viruskrise und zur Versorgung der Bevölkerung. Meine Heimat­stadt Graz hat ein ganz umfangreiches Maßnahmenpaket nicht nur für die Bevöl­kerung, sondern auch für die Wirtschaft im eigenen Wirkungsbereich beschlossen, um den Betrieben dienlich zu sein und damit einen Akzent zu setzen, um diese Krise zu bekämpfen.

Warum erwähne ich das? – Ich erwähne das deshalb, weil eine Krise Management­fähigkeit erfordert. Das Schwierige beim Einsatz dieser Managementfähigkeit in diesen Tagen ist, dass wir bei hoher Unsicherheit und bei hohem Risiko entscheiden. Bei Sicherheit zu entscheiden ist nicht besonders schwierig, bei Unsicherheit zu entschei­den ist mit einem hohen Risiko verbunden, und zwar nicht nur für die Entscheidungs­träger, sondern auch für die Normunterstellten. Das ist uns allen sehr, sehr bewusst. Umso wichtiger ist es, dass wir in einem ehrlichen und offenen Dialog mit der Bevöl­kerung die Maßnahmen, die wir in Gesetze gießen und die dann auch in ent­sprechenden Normen und Erlässen seitens der Bundesregierung ihren Niederschlag finden und von den Dienststellen im ganzen Land umgesetzt werden, reflektieren.

Ich möchte schon sagen, dass ich finde, dass das in einem atemberaubenden Tempo geschehen ist. Die Erkenntnis, dass dieser Virus ein wirklich ernsthaftes Problem darstellt, wurde rasch gewonnen, die Problemstellung rasch erkannt, und die Maßnah­men sind daraufhin in einem atemberaubenden Tempo – das muss man sich auch im internationalen Kontext vor Augen führen – gesetzt worden. Mögen die Wirkungsver­zögerungen der eingesetzten Instrumente möglichst kurz sein und die Maßnahmen ebenso atemberaubend umgesetzt werden, dann können wir hoffentlich mit einem blauen Auge aus dieser Krise herauskommen.

Es wurde heute schon von den Vorrednerinnen und Vorrednern angesprochen, dass die Bundesregierung in zwei Maßnahmentranchen in Summe 38 Milliarden Euro mobilisiert, um weite Bereiche der österreichischen Wirtschaft zu stabilisieren, um mög­lichst viele Menschen in Beschäftigung zu halten. Das sind notwendige Maß­nahmen, und auch die Experten der Wirtschaftsforschungsinstitute – Professor Badelt für das Wifo und Dr. Kocher für das IHS – haben darauf hingewiesen, dass diese Maß­nahmen in der richtigen Tonalität und in der richtigen Wertigkeit ergriffen worden sind. Das ist ein Kompliment an die österreichische Bundesregierung.

Ich möchte den anwesenden Damen stellvertretend für alle Mitglieder der Bundes­regierung ein herzliches Dankeschön sagen, dass sie mit dieser Akribie, mit dieser Dringlichkeit, mit dieser Hartnäckigkeit und mit dieser Verve dahinter sind. – Herzlichen Dank! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind heute schon vielfach die Helden des Alltags apostrophiert worden. Ich möchte das auch tun, da ich auch meine persönliche Befindlichkeit habe. Meine Frau arbeitet in einem südsteirischen Krankenhaus, und ich weiß, was die Ärztinnen und Ärzte in diesen Tagen leisten, ich weiß, was die Pfle­gerinnen und Pfleger in diesen Tagen leisten. Das tun sie im Übrigen nicht nur in diesen Tagen, sondern auch das ganze Jahr über im Normalbetrieb. Es gibt aber so viele weitere Bereiche in den Krankenanstalten – vom Reinigungsdienst bis zu den Labors, von der Verwaltung bis hin zur Medizintechnik –, in denen all die Menschen ihren hohen Einsatz leisten, die auch jeden Tag mit Sorgen zu ihrem Arbeitsplatz kommen, die auch alle Familien haben und darüber nachdenken, ob sie das am nächsten Tag noch tun können. Ihnen gebührt ein ganz besonderer Dank, sie sind unsere Versicherung dafür, dass sie – wenn es zu einem Krisenfall für uns persönlich kommt – da sein werden, um ihr Bestmögliches zu geben, dass wir wieder genesen können. – Herzlichen Dank für diesen Einsatz! (Allgemeiner Beifall.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Während wir hier diskutiert haben, hat mir ein süd­steirischer Handwerksmeister, ein Tischlermeister, geschrieben, dass er die Maß­nahmen der österreichischen Bundesregierung sehr begrüßt, dankbar für viele dieser Maßnahmen, die gesetzt werden, ist, er persönlich in seinem Betrieb Aufträge bis in den Herbst hinein hat, aber sehr besorgt darüber ist, ob die Lieferketten auch halten können. Das hat heute auch Frau Bundesministerin Gewessler angesprochen, es wird eine große Aufgabe sein, diese Versorgungsketten, diese Lieferungsketten aufrechtzu­erhalten. Da wird der Logistik eine besondere Aufgabe zukommen.

Wir setzen heute 39 Novellen und fünf Bundesgesetze um. Das ist durchaus eine Herausforderung für uns Mandatare, weil es nicht einfach ist, sich innerhalb weniger Stunden diese Materie vor Augen zu führen. Jeder von uns wird sich, wenn er ehrlich ist, die eine oder andere gesetzliche Maßnahme im Detail angeschaut haben, aber es ist unmöglich, sich all diese Maßnahmen bis in den letzten Paragrafen durchzudenken.

Daher ein Signal an die Öffentlichkeit und an die Damen und Herren, die unsere heutige Sitzung über das Fernsehen mitverfolgen, Sie sollen das wissen: Auch wir entscheiden unter Risiko. Es ist ein eingeschränktes Risiko, weil wir darauf vertrauen, dass die österreichische Bundesregierung das Beste für dieses Land will, wenn sie diese Maßnahmen umsetzt. Im Hinblick darauf wollen wir das gemeinsam tragen.

Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, weil er mir ein ganz besonderes Anliegen ist: Ich weiß, dass es eine Vielzahl von Entschließungsanträgen gibt, die weitere Maßnahmen vorsehen. Im Hinblick darauf bitte ich Sie, immer daran zu denken, dass wir, wenn wir einen handlungsfähigen Staat wollen, diesen Staat nicht überfordern dürfen. (Bundesrätin Schumann: Na geh!) Wir müssen immer schauen, dass es Reserven gibt, um auch für die Zeit nach dieser Krise wieder Treibstoff zu haben, um durchstarten zu können. (Bundesrätin Schumann: Diese Forderungen gehen nicht an die Reserven!) Gemeinsam sollten wir die Tonalität der Maßnahmen klug wählen, um uns immer auch noch weitere Möglichkeiten offenzuhalten und weitere Maßnahmen umsetzen zu können.

Mein Appell wie der von den - - (Bundesrätin Mühlwerth: Man wird sich die Opposi­tionsanträge aber anschauen können, nicht?) – Liebe Frau Kollegin Mühlwerth! Ich glaube, in diesen Tagen ist es für die Bevölkerung entscheidend, dass wir gemeinsam das Richtige tun! (Bundesrat Rösch: Gemeinsam mit der Opposition! – Bundesrat Spanring – Beifall spendend –: Gemeinsam!) Es ist entscheidend, dass wir gemein­sam das Notwendige tun, und die nächsten Wochen werden zeigen, ob das, was wir uns gemeinsam vorgenommen haben, hinreichend ist. Für uns alle, die wir im öffent­lichen Leben stehen, gilt das, was für jede Österreicherin und für jeden Österreicher gilt: Mitmachen bedeutet, Leben zu retten, und Leben ist das höchste Gut, das wir haben. In diesem Sinne: Bleiben Sie gesund! (Beifall bei der ÖVP.)

14.22

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Kahofer. – Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.