14.18

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Sehr geehrte Damen und Her­ren Bundesräte! Wir befinden uns in Woche drei nach Inkrafttreten der Ausgangsbe­schränkungen in Österreich. Wir als Bundesregierung haben zahlreiche Maßnahmen getroffen, und auch die letzten zwei Covid-19-Pakete enthalten zahlreiche Maßnahmen, um uns alle bestmöglich vor dieser Coronakrise, vor dem Coronavirus zu schützen.

Diese Maßnahmen haben aber auch viele massive Auswirkungen auf unseren Alltag: Viele Menschen haben ihre Jobs verloren, viele sind in Kurzarbeit, viele Geschäfte ha­ben geschlossen. Für uns alle, für einen jeden von uns stellt sich die Frage: Wie or­ganisieren wir unser alltägliches Leben, um uns einerseits besser vor diesem Virus zu schützen und andererseits doch irgendwie mit dieser Krise zurechtzukommen und zu überleben?

Sehr geehrte Damen und Herren, eines kann ich Ihnen versprechen: Wir alle werden auch diese Krise gemeinsam überwinden, denn jeder Einzelne packt an.

An dieser Stelle möchte ich auch jedem, der sich an diese Maßnahmen hält, und allen, die mithelfen, dass wir gemeinsam diese Krise überstehen, meinen herzlichen Dank aussprechen.

Ich möchte, um aus dem Justizbereich zu sprechen, auch einen Teil der Gesellschaft ansprechen, der hin und wieder in Vergessenheit gerät und der auch mit anpackt, näm­lich die Insassinnen und Insassen der Justizanstalten, die angefangen haben mitzu­helfen, indem sie diese Masken (eine Mund-Nasen-Schutzmaske in die Höhe haltend) herstellen. Das sind selbst genähte Baumwollmasken, die wiederverwendbar sind, die man auch waschen kann und jetzt in den unterschiedlichen Justizanstalten produziert werden. Derzeit sind es 14 Justizanstalten, in denen ungefähr 3 000 Masken pro Wo­che hergestellt werden. Ich hoffe, dass bald auf 5 000 umgestellt werden kann. Das sind also keine in China hergestellten Masken, sondern Masken, die in Österreich in ös­terreichischen Justizanstalten hergestellt werden. (Zwischenruf des Bundesrates Dim.)

An dieser Stelle möchte ich auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Justiz­anstalten, die tagtäglich zur Arbeit gehen, um diese kritische Infrastruktur aufrechtzu­erhalten, einen großen Dank aussprechen. Sie helfen in dieser schwierigen Situation mit, dass in den Justizanstalten auch weiterhin alles gut funktioniert und diese kritische Infrastruktur auch weiterhin aufrechterhalten bleibt. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, wie lange diese Krise andauern wird. Ich weiß allerdings, dass viele Menschen in Österreich Angst haben. Sie haben Angst, weil sie nicht wissen, wie sie ihre Miete zahlen werden, sie haben Angst, dass sie ihre Kre­dite nicht zahlen können, und sie haben Angst, weil sie unsicher sind, wie es jetzt wei­tergeht. Deswegen möchte ich kurz ein paar Maßnahmen schildern, die wir im Justiz­paket ausgearbeitet haben, die notwendig und wichtig sind, um in diesen unsicheren Zeiten den Menschen diese Angst zu nehmen.

Wir haben versucht, eine wirtschaftlich und sozial verträgliche Lösung zu finden. Wir haben uns deswegen insbesondere den Wohnungsbereich angeschaut, denn Wohnen ist ein Grundbedürfnis, und das gilt insbesondere in Krisenzeiten. Wenn Mieterinnen und Mieter aufgrund der Einschränkungen wegen der Coronakrise zwischen dem 1. April und dem 30. Juni in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten kommen, weil sie ihre Jobs verloren haben oder in Kurzarbeit sind, weil ihre Geschäfte geschlossen sind, dann wird das Nichtzahlen der Miete kein Kündigungsgrund sein. Sie können für diese drei Monate die Miete stunden, der Vermieter kann sie in dieser Zeit wegen dieses Miet­ausfalls nicht kündigen. Man hat dann bis Ende des Jahres Zeit, die Mietrückstände zurückzuzahlen.

Darüber hinaus finden in dieser Zeit keine Delogierungen und keine Räumungen statt, denn es ist klar, dass in dieser Zeit niemand eine neue Wohnung finden kann und auch die Vermieter in dieser Zeit keinen neuen Mieter finden können. Mietverhältnisse, die befristet sind und jetzt während der Coronakrise enden, werden auch gesetzlich ab­gesichert. Für die MieterInnen und Vermieter wird per Gesetz die Möglichkeit ge­schaffen, Vereinbarungen zu treffen und diese Mietverträge kurzzeitig zu verlängern.

Meine Damen und Herren, mir ist bewusst, dass diese Regelungen nicht alle Bereiche aufgreifen. Ich wurde oftmals mit der Kritik konfrontiert, warum wir diese Regelung nicht nur für gewerbliche Vermieter geschaffen haben. Für Mieter, die in finanziellen Schwierigkeiten sind, ist es aber unerheblich, ob der Vermieter gewerblich vermietet oder ob das eine einzelne Person ist, die die Wohnung vermietet. Daher haben wir uns dafür entschieden, alle, die in finanziellen Schwierigkeiten sind, gleich zu behandeln und für alle Personen, die wegen der Coronakrise in erhebliche finanzielle Schwierig­keiten geraten sind, die Möglichkeit geschaffen, die Mieten für drei Monate zu stunden.

Wir haben aber auch an all jene, die derzeit Kredite laufen haben, gedacht, denn auch sie können in finanzielle Schwierigkeiten geraten und deshalb vielleicht keine Kreditra­te zahlen. Daher haben wir uns mit den Banken geeinigt und eine Lösung gesetzlich festgeschrieben, wonach unter bestimmten Voraussetzungen die Kreditraten für diese drei Monate nicht gezahlt werden müssen.

Des Weiteren: Wenn Schuldner in Zahlungsschwierigkeiten sind, erwachsen ihnen aus den vertraglichen Bestimmungen sehr oft horrende Verzugszinsen, und sie müssen auch sehr oft Inkassokosten tragen. Hin und wieder, insbesondere in der Baubranche, sind Konventionalstrafen – auch sehr hohe Konventionalstrafen – vorgesehen. Da auf­grund der Coronakrise niemanden eine Schuld daran trifft, dass er derzeit in Zah­lungsschwierigkeiten ist oder Bauvorhaben nicht rechtzeitig zu Ende geführt werden können, haben wir uns dazu entschlossen, vertraglich vereinbarte Verzugszinsen auf ein gesetzliches Niveau abzusenken und auf Inkassokosten sowie auf Konventional­strafen für einen Bauverzug oder für andere Verträge, die jetzt nicht erfüllt werden kön­nen, zu verzichten.

Darüber hinaus haben wir uns in der Justiz überlegt, was wir machen können, um es den Menschen zu erleichtern, den Zugang zum Gericht zu finden. Wir wissen nämlich, dass es, sobald die Krise vorbei ist, die eine oder andere Streitigkeit vor Gericht geben wird. Deshalb setzen wir die Erhöhung der Gerichtsgebühr, die jetzt anstehen würde, für dieses Jahr aus.

Im Gesellschaftsrecht gibt es auch Verbesserungen und Vereinfachungen, denn wir wissen, dass gemäß dem Gesellschaftsrecht Aufsichtsratssitzungen und Vorstandssit­zungen stattzufinden haben. Da haben wir die gesetzliche Möglichkeit geschaffen, dass Versammlungen, die stattzufinden haben, auch über Videokonferenzen oder andere geeignete, sichere Kommunikationswege stattfinden können. Bei den Notaren haben wir auch die Möglichkeit geschaffen, dass diese auf einem Telekommunikationsweg notarielle Beglaubigungen erstatten können.

Sehr geehrte Damen und Herren, natürlich können wir in vielen Fällen nicht die Unsi­cherheit nehmen, die die Menschen in dieser ungewöhnlichen und außergewöhnlichen Situation spüren. Ich hoffe aber, dass wir es zumindest in diesen Teilbereichen schaf­fen, den Menschen die Angst, die sie derzeit in dieser unsicheren Situation haben, zu nehmen.

Nochmals möchte ich mich bei allen Beamtinnen und Beamten in meinem Haus, aber auch in allen anderen Ministerien bedanken, die auch die letzten Wochenenden durch­gearbeitet haben, um so schnell wie möglich auch dieses Gesetzespaket auf den Weg zu bringen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich hoffe, diese Maßnahmen, die den Menschen eine kleine Sicherheit in diesen unsicheren Zeiten geben, finden heute auch bei Ihnen Zu­stimmung. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Bundesrä­tInnen der SPÖ.)

14.28

Vizepräsident Michael Wanner: Danke schön.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Lackner. Ich erteile es ihm. – Bitte.