14.51

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sie diese Sitzung via Livestream oder ORF mitverfolgen! Es ist die dritte außerordentliche Sitzung des Bundesrates im Zusammenhang mit der Coronakrise, die wir heute ab­halten, in der wir Unterstützung für die Maßnahmen der Regierung leisten wollen. Es ist eine Sitzung in einer Zeit, wie wir sie sonst nicht kennen. Wir sind mitten in der größten Krise der Zweiten Republik. Seit dem Zweiten Weltkrieg gab es so eine Si­tuation noch nie.

Ich möchte zwei Vorbemerkungen an den Beginn stellen. Die erste gilt all jenen, die hin und her argumentieren, was Rechtsstaatlichkeit und Demokratie betrifft. Es ist klar und deutlich – das möchte ich vor allem den Kollegen der FPÖ sagen –: Dieses Land Ös­terreich ist ein Rechtsstaat, hat eine funktionierende Demokratie, gerade auch in dieser Krise und über diese Krise hinaus. Das ist etwas, worauf wir stolz sein können, und die Bevölkerung hat auch großes Vertrauen in die Maßnahmen der Regierung und auch dahin gehend, wie sie jetzt in dieser Situation umgesetzt werden.

Die zweite Vorbemerkung, die ich machen möchte – der Herr Bundesminister hat mich ein bisschen zu dieser Vorbemerkung hingeführt –, ist: Es geht nicht um mehr Macht für die Regierung, es geht nicht um mehr Macht für den Bundeskanzler, für die Mit­glieder dieser Bundesregierung. Glauben Sie mir, meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Herr Bundeskanzler und alle Mitglieder dieser Bundesregierung wären heilfroh, müssten nicht alle diese gesetzlichen Maßnahmen in einem Tempo beschlos­sen und umgesetzt werden, das wirklich inferior ist! Viel lieber würde man sich der Um­setzung des Regierungsübereinkommens widmen, und diese Maßnahmen sind in die­sem Regierungsübereinkommen von Türkis-Grün überhaupt nicht enthalten. – Das nur als Vorbemerkungen.

Positiv, meine Damen und Herren, ist natürlich, dass jetzt zu bemerken ist, dass die Steigerungsrate der Infizierten in dieser Republik geringer geworden ist. Daher sage ich auch von meiner Seite ein Danke an alle Österreicherinnen und Österreicher, die mit der Umsetzung der Maßnahmen dazu beigetragen haben, dass wir diese Krise vor­erst einmal besser als andere Länder um uns herum haben bewältigen können.

Jetzt geht es natürlich darum, durchzuhalten. Wir sind noch lange nicht über den Berg. Es ist der Vergleich mit einem Tunnel schon genannt worden. Es wird noch einige Maßnahmen brauchen, und die sollen wir natürlich jetzt auch mit dieser großen Dis­ziplin umsetzen. Die dramatischen Entwicklungen in anderen Staaten – Italien ist ein Nachbarland, an dem wir das ganz, ganz deutlich sehen –, in den USA, in Russland oder auch in Indien, wo so viele Menschen unter Quarantäne sind, zeigen deutlich, dass es nicht zum Spaßen ist. Die Eile, die jetzt manche an den Tag legen, um Ge­schäfte und Schulen rasch wieder zu öffnen, wäre durchaus falsch. Das möchte ich hier auch anmerken, denn eine zweite Welle von Infizierungen könnte noch viel schlim­mer werden.

Es ist klar, dass das oberste Prinzip und die oberste Priorität in dieser Situation die Gesundheit der Menschen, der Bevölkerung ist. Es geht ganz einfach nicht darum, in dieser Situation Regierung und Opposition auszuspielen. Ich habe schon Verständnis für Argumentarien der Opposition, ich habe Verständnis für Ideen, die Sie einbringen. Es geht aber nicht um euch, es geht nicht um uns, es geht nicht um Regierung und es geht nicht um Opposition. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Meine Kolleginnen und Kolle­gen, es geht um die Gesundheit der Menschen! Das ist unsere Leitlinie – und sonst überhaupt nichts! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Regierung macht genau das, was die Menschen in dieser Situation erwarten, sie übernimmt Verantwortung für die Menschen und sie nimmt die Sorgen der Menschen ernst. Wenn ich nur die Arbeitslosenquote anspreche: Da wird viel geleistet. (Zwi­schenrufe der BundesrätInnen Ofner und Schumann.) Dabei sind auch die Sozialpart­ner in der Zusammenarbeit gut unterwegs und haben da auch vieles auf den Weg ge­bracht. Das muss auch deutlich gesagt werden. Eines ist auch klar – Herr Bundesmi­nister Blümel hat es vor Kurzem auch gesagt –: Es gibt kein Land, in dem so viele Maßnahmen, so viele Unterstützungsleistungen auf den Weg gebracht werden wie in Österreich. Das ist Verantwortung, wie wir sie in Österreich leben, und das ist die Ver­antwortung, die die Regierung übernimmt. Das ist die Verantwortung, die wir gemein­schaftlich hier in diesem Hohen Haus und die viele Menschen draußen in der Wirt­schaft übernehmen, um die notwendigen Infrastruktureinrichtungen sicherzustellen.

Es geht heute auch nicht darum, Schuldzuweisungen zu machen. Es geht auch nicht um Verschwörungstheorien und es geht schon gar nicht um politisches Kleingeld. Ich bin gestern auf ein Posting aufmerksam geworden, das ein freiheitlicher Nationalrat aus meinem Wahlkreis auf Facebook gepostet hat und das mich gerade in dieser Si­tuation eigentlich entsetzt hat. Das muss man sich ein bisschen auf der Zunge zer­gehen lassen, meine Damen und Herren – das gehört sich nicht! Ich zitiere: Arbeitslose Menschen pro Verstorbenem: 10 000. – Zitatende. Das ist unerträglich, das ist wider­wärtig!

Folgendes muss und möchte ich auch noch in Richtung FPÖ anmerken: Kollege Rösch ist hier gestanden und hat von hü und hott gesprochen. (Bundesrat Rösch: Stimmt ja! Maske rauf, Maske runter ...! Test, nicht Test! Was ist das sonst?) – Nein, bitte! Der Zickzackkurs, den die Freiheitlichen in dieser Krise fahren, ist eigentlich unerträglich. Wir haben am 13.3. Klubobmann Kickl gehört, der von einem völligen Shutdown ge­sprochen und diesen gefordert hat. Jetzt ist Ihr Parteiobmann Hofer derjenige, der ab Montag alle Schulen und Geschäfte wieder öffnen möchte. (Bundesrat Rösch: Das war ja ein Monat vorher! Das war ein Monat vorher!) – Das ist ein Zickzackkurs, und diesen Zickzackkurs brauchen wir nicht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, geschlafen hat in dieser Situation keiner, das möchte ich hier auch anmerken. (Vizepräsidentin Eder-Gitschthaler übernimmt den Vorsitz.)

Als Bürgermeister möchte ich auch noch zwei Themen, die heute von der Beschluss­fassung betroffen sind, ansprechen. Das eine ist die Tatsache, dass die Gemeinderäte als Kollegialorgane in den Gemeinden jetzt ermächtigt werden, ihre Sitzungen auch per Umlaufbeschluss oder Videokonferenz abzuhalten. Videokonferenzen sind deswegen besonders wichtig, weil es ja einige Punkte wie die Budgetfragen gibt, die unter Aus­schluss der Öffentlichkeit nicht abgehandelt werden dürfen. Wir schaffen da Hand­lungsspielraum für die Gemeinden, obwohl die Bürgermeister eine besondere Notfall­kompetenz haben. Sich in dieser Situation mit dem Gemeinderat abzustimmen ist aber sicherlich eine gute Entscheidung.

Das Zweite ist eine Ermächtigung für die Bezirkshauptmannschaften, die Bürgermeis­ter zu informieren. Wenn es Coronainfizierte gibt, die eine besondere Notwendigkeit haben, versorgt zu werden – gesundheitlich oder auch mit Lebensmitteln –, dann soll es auch eine entsprechende Informationsmöglichkeit geben. Ja, wir – die Bürgermeis­terinnen und Bürgermeister draußen – sind jetzt auch in dieser Situation jene, auf die sich die Menschen verlassen können. Wir sind die ersten Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in dieser Krise, wie auch bei vielen anderen Katastrophen. Da gibt es eine hohe Vertrauensbasis, und es ist natürlich auch klar, dass diese von allen ver­antwortungsvoll wahrgenommen wird. Dafür möchte ich auch meinen Kolleginnen und Kollegen heute sehr herzlich Danke sagen.

Zum Schluss möchte ich noch einen Entschließungsantrag einbringen; er ist allen Fraktionen zugegangen.

Entschließungsantrag

der Bundesräte Karl Bader, Korinna Schumann, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen betreffend „zusätzliche Maßnahmen zur Abfederung von sozialen und wirt­schaftlichen Folgen der Corona-Krise“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht,

1.         den Personalstand beim Arbeitsmarktservice rasch um bis zu 500 Planstellen aufzustocken,“ – (Bundesrat Rösch: Das hättet ihr sowieso machen müssen!) – „damit diese außerordentlichen Belastungen bewältigt werden können,

2.         ein zinsenloses Moratorium zumindest bis Ende des Jahres für Steuern, Sozial­versicherungsbeiträge und Strom-/Gaslieferungen vorzusehen.

3.         sicherzustellen, dass Zeiten der COVID-19-Krise bei der Berechnung der An­spruchsdauer des Arbeitslosengeldes sowie des Berufsschutzes und des Ein­kommensschutzes nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz außer Betracht bleiben.“

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Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag.

Ich glaube auch, abschließend feststellen zu können, dass es unbeschreiblich ist, was in kürzester Zeit in diesem Land in dieser Situation auf den Weg gebracht wurde. Mein Dank geht an alle, die dafür einen Beitrag geleistet haben. Ich darf heute auch im Na­men der ÖVP-Fraktion anmerken, dass wir keinen Einspruch gegen die Gesetzesvor­lagen erheben werden (Bundesrätin Schumann – erheitert –: Genau!) und natürlich die entsprechende Zustimmung erteilen werden. – Bleibts gesund, alles Gute und ein herzliches Glückauf! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

15.01

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Der von den Bundesräten Bader, Schumann und Schreuder, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsan­trag betreffend „zusätzliche Maßnahmen zur Abfederung von sozialen und wirtschaft­lichen Folgen der Corona-Krise“ ist genügend unterstützt und steht damit mit in Ver­handlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Fraktionsvorsitzende Korinna Schumann. – Ich erteile es Ihnen, Frau Fraktionsvorsitzende.