15.42

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Werte Zuseherinnen und Zuseher! In den letzten Tagen wurde sehr viel von Menschen in systemrelevanten Berufen gesprochen. Sie wurden als Heldinnen und Helden be­klatscht. Diese Wertschätzung ist sicher bei den Leuten gut angekommen, aber ein deutlicheres Zeichen dieser Wertschätzung wäre eine Erhöhung des Einkommens.

Der Pflegeberuf zählt zu diesen wertvollen Berufen. Eine meiner besten Freundinnen war jahrelang als Pflegehelferin in einem Landespensionistenheim tätig, und ich habe mit ihr oft über den erfüllenden, aber auch sehr anstrengenden Job gesprochen – einen Job, der körperlich und mental sehr anstrengend und noch dazu schlecht bezahlt ist. Die Pflegekräfte werden mit ihren Problemen und Anliegen vielfach alleingelassen, und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn sie betreuen oft im Nachtdienst ein gesamtes Stockwerk als Einzelperson. Das ist eigentlich untragbar und verant­wor­tungslos. Wir werden daher nicht müde werden, diese Ungerechtigkeit aufzuzeigen und zu bekämpfen.

Auch mein Vorredner hat schon gesagt, dass es im Pflegebereich einen massiven Per­sonalmangel gibt. Ich möchte mich jetzt auf mein Bundesland Niederösterreich be­ziehen und habe mir dazu die Daten herausgesucht: Allein in Niederösterreich werden 700 Personen in der Pflege, in der Betreuung und in der Therapie gesucht. Nach aktuellen Prognosen wird der Bedarf allerdings noch weiter steigen. Laut dem Sozio­ökonomen Lukas Richter werden im Jahr 2030 – also schon in zehn Jahren – 12 500 Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher in einem Pflegeheim wohnen, das ist ein Viertel mehr als heute. KrankenpflegerInnen, Pflegeassistenten und Heim­hilfen werden noch stärker gefragt sein.

Grundsätzlich ist es da aber so – und das ist auch nachzuvollziehen –, dass viele ältere Leute heute möglichst lange zu Hause bleiben möchten. Das wird dazu führen, dass sich diese Nachfrage in allen Pflegeformen erhöhen wird, das heißt, auch die Versorgung durch die mobilen Dienste oder bei der 24-Stunden-Betreuung.

Die 24-Stunden-Betreuung wird zu einem großen Teil – wir haben es schon gehört – von ausländischen Pflegekräften durchgeführt. Wir sollten daher diese für unser System so wichtigen Pflegekräfte mehr wertschätzen, denn wir brauchen sie dringend. Ein schönes Zeichen der Wertschätzung wäre zum Beispiel der Abbau der Indexierung der Familienbeihilfe. (Beifall bei der SPÖ.)

Viele ausländische Personenbetreuungskräfte haben bedingt durch die Covid-19-Pandemie unser Land verlassen oder es ist ihnen nur unter erschwerten Bedingungen oder gar nicht mehr möglich, nach Österreich einzureisen. Der Pflegebedarf ist nun deutlich sichtbar geworden und auch die Bundesregierung hat die Dringlichkeit dieses Problems erkannt. 250 Pflegekräfte aus Rumänien und Bulgarien wurden sogar per Flugzeug nach Niederösterreich gebracht. Die Betreuerinnen sind nach einer 14-tägigen Quarantäne bis zu sechs Wochen im Bundesland. Dieses Beispiel zeigt, wie dringend wir diese Pflegekräfte benötigen. Der von der Europaministerin Karoline Edtstadler angekündigte Sonderzug aus Rumänien lässt aber immer noch auf sich warten.

Es ist höchst an der Zeit, einen bundesweiten Pflegefonds mit einheitlichen Rege­lungen ins Leben zu rufen, um die Pflege und Versorgung der pflegebedürftigen Men­schen sicherzustellen.

Nicht vergessen darf man in diesem Zusammenhang auf Menschen mit Behinderun­gen, die in den meisten Fällen von Angehörigen oder persönlicher Assistenz betreut werden. Für Personen mit Behinderungen gibt es derzeit fast keine Regelungen. Ebenso wenig vergessen darf man auf die pflegenden Angehörigen – das hat uns auch der Herr Minister schon bestätigt –, sie haben durch die Betreuung von Menschen mit Behinderungen, die vielfach zur Risikogruppe gehören, ein nicht zu unterschätzendes Ansteckungsrisiko. Eine adäquate Bezahlung auch der pflegenden Angehörigen für diese gesellschaftlich wichtige Tätigkeit wäre eigentlich selbstverständlich.

Aus den genannten Gründen ist es in der Zeit der Coronakrise sicherlich zielführend, dass die Ämter der Landesregierungen und der Fonds Soziales Wien im Sinne eines zentralen Managements bei den pflegebedürftigen Personen beziehungsweise den FörderwerberInnen erheben, ob eine Betreuung gewährleistet und erforderlich ist. Dieser Antrag wird von unserer Fraktion daher unterstützt. Beginnen wir endlich zu handeln, damit die Betroffenen, aber auch die Betreuer und Betreuerinnen Rechts­sicherheit und Absicherung erhalten, wir niemanden zurücklassen und vor allem niemanden alleinlassen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.47

Vizepräsident Michael Wanner: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Andreas Lackner. Ich erteile es ihm.