21.26

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher via Livestream, so Sie bis jetzt durchgehalten haben! Es ist zugegebenermaßen eine rechte Challenge, jetzt über dieses Gesetzeskonvolut zu sprechen – es ist das 18. Covid-19-Gesetz –, denn es handelt sich schon wieder um ein richtiges Sammel­surium unterschiedlichster Themen, die teilweise nichts miteinander zu tun haben, teilweise ähnliche Materien sind, aber wieder in einem Gesetzesvorschlag hier zur Verhandlung stehen.

Mit diesem Problem und dieser Schwierigkeit sind wir als Opposition jetzt seit meh­reren Wochen konfrontiert. Die Kritik, dass diese Sammelgesetze einfach ein parla­mentarisches Unding sind, haben wir auch mehrfach geäußert. Wie soll man sich eine Meinung zu so vielen verschiedenen einzelnen Themen bilden und das seriös abar­beiten? Man kann so keine saubere politische Arbeit, wie wir sie verstehen würden, machen.

Es ist aber unsere legitime Rolle als Opposition, Gesetzesvorhaben gut zu prüfen, sensibel darauf zu schauen, was mit den Ressourcen und mit den Instrumenten unserer Republik passiert – gerade in Krisenzeiten. Da müssen wir noch nicht einmal nach Ungarn schauen, sondern einfach wissen, dass Oppositionsarbeit auch bedeutet, bestehende oder vorgeschlagene Maßnahmen sehr kritisch zu durchleuchten und im Zweifelsfall darauf aufmerksam zu machen, wenn irgendetwas problematisch sein könnte. Deshalb haben wir als SPÖ uns auch dazu entschieden, im Ausschuss einen begründeten Einspruch einzubringen und damit nämlich auch dem Nationalrat die Gelegenheit zu geben, den einen oder anderen Vorschlag von uns aufzugreifen und dieses Konvolut an verschiedenen Themen noch einmal gründlich zu prüfen. (Vizepräsidentin Eder-Gitschthaler übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte einige Beispiele für unsere Kritik anbringen, damit auch verständlich wird, warum wir diese Haltung haben. Ein Thema, das uns wirklich bitter aufstößt – wir haben heute mehrfach darüber gesprochen, wie viele Menschen von Kurzarbeit, wie viele Menschen von Kündigung betroffen sind –: Es ist einfach nicht einzusehen, dass es Betriebe und Unternehmen gibt, die jetzt zu Recht staatliche Unterstützung und Förderung in Anspruch nehmen, aber gleichzeitig ihren Managern, ihren Aufsichtsräten oder Eigentümern Dividenden oder Boni auszahlen. Es geht einfach nicht zusammen, staatliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und solche Zahlungen jetzt zu tätigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben das schon vor einigen Wochen kritisiert, was wir aber im jetzt vorliegenden Entwurf sehen, ist, dass nach wie vor halbe Boni ausgezahlt werden dürfen. Das ist aus unserer Sicht ein No-Go! Entweder braucht man staatliche Hilfe, oder man hat Geld, um solche Dinge auszuzahlen – Punkt.

Ein weiterer Kritikpunkt ist – davon war heute schon öfter die Rede; ich möchte ihn nur ganz kurz erwähnen –: Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass die Abwicklung der Hilfen des Härtefallfonds beim Finanzamt besser aufgehoben gewesen wäre. Wir sind überzeugt davon, dass die Abwicklung dort schneller und leichter hätte erfolgen können. (Bundesrätin Zwazl: Schneller nicht!) Jetzt wird das Finanzamt in die Rolle gedrängt, zu kontrollieren, was die Wirtschaftskammer macht, aber es kann das nur mittels Empfehlungen machen – also ein recht zahnloses Instrument und aus unser Sicht schlussendlich insgesamt eine sehr ineffiziente Konstruktion.

Ein weiterer Punkt, der sich in diesem Sammelsurium versteckt, ist die österreichische Beteiligung an der solidarischen Schuldenpolitik der Europäischen Union. Dass sich Österreich daran beteiligt, ist natürlich etwas, das wir als SPÖ sehr begrüßen. Was wir aber kritisieren, ist, dass aus dem vorliegenden Text nicht genau herauslesbar ist, in welcher Höhe wir uns an welcher Maßnahme der Europäischen Union beteiligen. Da geht unsere schlichte, legitime Forderung in Richtung mehr Transparenz, denn schließlich handelt es sich um mehr als 1 Milliarde Euro, die da infrage kommt, und da darf man schon auch Transparenz einfordern.

Etwas, das wir sehr loben möchten, ist der Fonds – der auch in diesem Gesetzes­kon­volut drinnen ist –, mit dem Eltern Stornokosten für ausgefallene Schulveranstaltungen rückerstattet bekommen. Das ist natürlich sinnvoll, aber es gibt Kosten, mit denen Eltern monatlich konfrontiert sind – beispielsweise Kindergartenbeiträge, zum Teil auch dann, wenn die Kinder gar nicht in den Kindergarten gehen können. Für viele Eltern ist das ein Problem. Man stelle sich vor: Man ist in Kurzarbeit, hat weniger Einkommen oder ist sogar arbeitslos. Diesbezüglich möchte ich auch hier die Forderung unter­streichen, dass das Arbeitslosengeld auf 70 Prozent Nettoersatzrate erhöht werden muss.

Für Eltern ist jetzt einfach jeder Euro – und da geht es zum Teil um Hunderte Euro –, den man an Beiträgen zahlen muss, ein Thema. Darüber hinaus ist das österreichweit einfach nicht einheitlich geregelt: In manchen Bundesländern müssen Eltern diese Beiträge zahlen, in anderen nicht, und auch die Betreiber der Kindergärten bekommen den Entfall der Elternbeiträge teilweise rückerstattet, teilweise nicht – da werden die Betreiber oft sehr alleingelassen.

Generell leisten die Pädagoginnen und Pädagogen sowohl in der Schule als auch in den Kindergärten mit diesen ständig wechselnden Anforderungen und mit diesem ständigen Abwägen zwischen Sicherheit der Gesundheit und Bildungsanspruch zurzeit wirklich Enormes – damit muss man erst einmal umgehen lernen! Ich habe heute um 17 Uhr eine Nachricht einer Kollegin, einer Leiterin eines Kindergartens, bekommen, die das sehr eindrücklich schildert, ohne dass ich sie dazu aufgefordert habe. Ich möchte diese Nachricht kurz vorlesen, weil sie die Situation in den Kindergärten sehr drastisch darstellt:

Liebe Daniela! Die Stimmung in der KollegInnenschaft ist ziemlich angespannt. Ich werde in meinem Team in den nächsten Tagen mindestens zwei Kündigungen haben: Eine Kollegin, die noch zwei Jahre bis zur Pension hat, ist chronisch krank und kann daher nicht mehr eingesetzt werden, eine ist schwanger. Das heißt, mir fehlen bald vier bis fünf PädagogInnen. Keiner weiß, wie so ein Loch nachbesetzt werden kann. Ich weiß nicht, wie es in anderen Häusern aussieht – und so weiter.

Meine KollegInnen haben Angst vor Ansteckung. Sie fühlen sich ungeschützt und als Versuchskaninchen der Wirtschaft und der Regierung. Ich weiß, dass du jetzt natürlich auch keine Wunder wirken kannst, ich wollte es dir einfach einmal sagen. Wir steuern da hoffentlich nicht auf eine Katastrophe in der Elementarpädagogik zu; und so weiter. – Zitatende.

Das, was sie da anspricht, ist der PädagogInnenmangel in der elementaren Bildung, von dem wir seit Jahren wissen – weil die Arbeitsbedingungen dementsprechend schlecht sind, die Bezahlung dementsprechend schlecht ist. Jetzt holt uns dieser Missstand mit Vehemenz ein. Ich bin gespannt, wie die KollegInnen mit weniger Personal, weil auch dort viele der Risikogruppe angehören, mit kleineren Kinder­gruppen, die wir alle uns natürlich wünschen, arbeiten sollen. Das ist ein Widerspruch, der so nicht zusammengeht.

Um aber noch einmal auf die Eltern zurückzukommen: Die haben jetzt verschiedenste Belastungen zu stemmen. Wenn wir ihnen doch zumindest die finanzielle Belastung nehmen könnten – weil durch die Kurzarbeit teilweise auch der Familienbonus wegfällt und das Arbeitslosengeld wie gesagt bei den Beiträgen und laufenden Kosten, die sie weiter zu bezahlen haben, einfach zu wenig ist! Da lässt man die Eltern in einer großen Krise zurück, und ich denke, das haben sie sich nicht verdient.

Darüber hinaus machen sie sich auch schon Sorgen, wie dann die neun Wochen Sommerferien zu bestreiten sind, da viele Urlaub aufbrauchen mussten, da das Geld fehlt, um Kinderbetreuung, Feriencamps und so weiter für den Sommer zu orga­nisieren. Das sind einfach viele Themen, mit denen Familien betraut sind, und deshalb ist dieser Schulfonds natürlich gut, aber eigentlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Welchen Schluss ziehen wir als SPÖ jetzt aus diesem Sammelgesetz? – Für uns überwiegen leider einfach sehr viele negative Teile, darum haben wir auch diesen begründeten Einspruch eingebracht. Eine Möglichkeit für den Bundesrat wäre auch immer noch das Instrument des Teileinspruchsrechtes, das wir hier vor Kurzem wieder debattiert haben – damit könnten wir einzelne Gesetzesmaterien einzeln bewerten und einzeln abstimmen; ich finde, der Bundesrat hat es verdient, auch so seriös arbeiten zu können –, leider ist das nicht durchgegangen. Das wäre eine andere Möglichkeit gewesen, aber so hoffen wir, dass der Nationalrat unsere Anregungen noch einmal aufnimmt und prüft und wir so demnächst ein verbessertes Gesetz bekommen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.36

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster ist Herr Bundesrat Marco Schreuder zu Wort gemeldet. – Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.