9.45

Bundesrat Michael Wanner (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin, herzliche Gratulation! Es freut mich wirklich, es ist ein guter Tag für Salzburg. Mach es gut und mit viel Geschick! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Herr Landeshauptmann, herzlich willkommen! Geschätzte Bundesrätinnen und Bundes­räte und Damen und Herren zu Hause via Livestream! Das Thema Stabilität und Zusammenarbeit ist eines, das ich auch gewählt hätte, Herr Landeshauptmann. Auf gut Wienerisch: Jo ka Bahö! – Ich glaube aber nicht, dass Sie so denken, denn ich sehe schon das Streben, zukünftig in allen Bereichen gut zusammenzuarbeiten und die Politik auch im Land Salzburg auf eine breite Basis zu stellen.

Sie haben gesagt, die Rechtsstaatlichkeit ist ein Fundament. Da stimme ich Ihnen zu. Vertrauen, die Abschätzbarkeit, aber auch die Einschätzbarkeit sind, glaube ich, noch viel wichtiger für die Stabilität. Das ist die Basis dafür. Das darf aber nicht mit Abnicken, mit Jasagen verwechselt und schon gar nicht gleichgesetzt werden.

Es ist mir klar, dass die Regierung oft keinen Widerspruch mag, auch nicht duldet, aber die Opposition ist dazu da, Widerspruch einzulegen, zu hinterfragen und auf den Zahn zu fühlen. George Orwell sagt: „Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.“ – Diese Freiheit nehmen wir uns als Opposition, diese Freiheit nehmen sich kritisch denkende Menschen und diese Freiheit, das sagen zu können, bedeutet auch Stabilität und Vertrauen.

Leider gibt es auch Dinge, die gegen Stabilität agieren, und das ist der Wirrwarr, das ist falsche Information oder Nichtinformation. Beim Wirrwarr denke ich an die letzten Wochen, was da im Bereich der Landesverteidigung geschehen ist. Das geht nicht gut, das bringt keine Stabilität, das bildet kein Vertrauen. Wenn die Ministerin für Landes­verteidigung den Unterschied zwischen Garnison und Kaserne nicht kennt, dann könnte man durchaus annehmen, dass es bei uns zu einem Problem zwischen Bundesland und Stadt kommen wird, denn wenn man das zusammenschmeißt, ist das Land Salzburg eine große Garnison, und dann können wir ja Kasernen wegradieren.

Es freut mich aber, dass Sie gesagt haben, es kommt nicht in Frage, dass Kasernen, die Stabilität im Land erzeugen, geschlossen werden. Ich habe aber Angst, dass das durchaus durch das Hintertürchen kommen kann, denn man kann ja aus diesen Kasernen die Truppen abziehen, in die große Schwarzenberg-Kaserne verlagern. Man kann einen Hausmeister in St. Johann oder in Tamsweg einsetzen, man kann ein Rücklasskommando, wie es militärisch heißt, etablieren und nach zwei, drei Jahren sagen: Diese Kaserne ist sinnlos, kostet zu viel, wir lösen sie auf.

Sie als Landeshauptmann und jetzt Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz sind gefordert, dem einen Riegel vorzuschieben. Wir setzen große Hoffnung in Sie!

Was auch nicht zur Stabilität beiträgt, ist, wenn unser Finanzphilosoph Blümel das Budget nicht kann. Meine Damen und Herren, bei so einem Budget bekommt nicht nur die Politik Angst, sondern auch das Volk, aber nur Klarheit und ein ordentliches Budget tragen zur Stabilität bei.

Das Erkranken am Coronavirus ist nicht das Schlimme, es ist nur der Umgang mit der Information. Wie teilt man es mit? Teilt man es rechtzeitig mit? Teilt man es umfassend mit? Da hätte ich mir zumindest in Salzburg eine etwas schnellere Reaktion gewünscht, denn erst auf Nachfrage seitens der Medien ist dann zwei Tage später die ganze Wahrheit herausgekommen. Aber man lernt ja auch daraus.

Information hilft dem Land, hilft einer Gesellschaft, stabil zu sein, bildet Gleichgewicht und Zusammenhalt. Zusammenhalt hat auch etwas mit Zusammenarbeit zu tun, denn wenn man mitarbeiten darf, steht man auch dazu und ist dabei, und das ist ein Garant für Stabilität.

Die SPÖ in Salzburg ist eine kritische, aber durchaus konstruktive Opposition. Das heißt, wir wollen nicht gegeneinander arbeiten, sondern wir wollen miteinander arbeiten, wir wollen miteinander sachlich und leidenschaftlich diskutieren, durch den Austausch von Meinungen den richtigen Weg für alle Salzburger und Salzburgerinnen finden. Dabei arbeiten wir gerne mit. Die SPÖ als zweitstärkste Kraft im Land will konstruktiv zusammenarbeiten.

Ich weiß, die Regierung macht es auch in sehr, sehr vielen Fällen, allerdings dauert es ab und zu ein bissel länger, bis man durchkommt – ich denke an den Gitzentunnel, dessen Absage, ich denke an die günstigen Öffis, an das 365-Euro-Ticket; das waren alles Ideen, Forderungen der SPÖ –, es ist trotzdem schön, dass diese Ideen und Forderungen nach einer gewissen Zeit von der Regierung aufgenommen werden.

Gerade jetzt in der Coronakrise ist es wichtig, miteinander und vor allem im solidarischen Gedanken zu arbeiten. Die Zustimmung der SPÖ im Salzburger Landtag zu den allgemeinen Haushaltsgesetzen war vorhanden, wir haben das zur Bewältigung der Coronakrise natürlich mitgetragen. Die Genehmigungen des Landtages wurden auf die Landesregierung übertragen, es wurden 250 Millionen Euro höhere Auszahlungen ermöglicht, et cetera, et cetera. Ich denke, daran sieht man schon, dass wir nicht nur Gegner sind, sondern mitarbeiten wollen.

Jetzt liegt es allerdings an der Regierung, diese Mittel verantwortungsvoll einzusetzen. Es gibt massive Auswirkungen auf unsere Gesellschaft: die Jugendarbeitslosigkeit, Arbeitslosigkeit an und für sich, steigende Kinderarmut, die Finanzierung der Gemein­den. Es ist wichtig, dass deren Abgang gedeckt wird – und nicht zur Hälfte oder vielleicht ein bisschen. Ich habe gerade gehört, die Gemeinden sind die Zellen, die wissen, worum es geht. – Ja, dann muss man ihnen aber auch das notwendige Geld geben und nicht dann in manchen Fällen auch dagegen stimmen. Es ist nicht okay, so zu reden und so zu handeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gehören Pakete gegen die Arbeitslosigkeit geschnürt, es gehören Pakete für Klein- und Mittelbetriebe geschnürt – die großen haben es sich eh wieder einmal gerichtet –, und es gehören die Familien aufgefangen.

Zwei Sorgenkinder habe ich schon in Salzburg – da bin ich nicht deiner Meinung, Silvester –, und das sind die Krankenanstalten und der Pflegebereich. Da können wir noch sehr viel tun, das heißt, da ist viel Luft nach oben. Ich habe leider ein bisschen den Eindruck, dass der Regierung nicht wirklich etwas einfällt, wie man das Pflegepersonal besser ausbilden kann, wie man denen einen Wert gibt und so weiter und so fort. Dasselbe gilt für den Ärztemangel im Krankenhausbereich. Die Salzburger Kranken­anstalten sind momentan nicht wirklich ein Highlight in der Krankenanstaltenlandschaft von Österreich.

Die Lebenskosten in Salzburg sind unheimlich hoch. Das hat auch damit zu tun, dass die Wohnbauförderung nicht ziel- und wirkungsgenau ist. Wenn man heute 30 000 oder 40 000 Euro hat, kann man um eine geförderte Wohnung ansuchen – aber das Geld muss man erst einmal haben! Welche Kassiererin hat denn am Beginn ihres Berufs­lebens, bei der Familiengründung 30 000 oder 40 000 Euro auf der hohen Kante, um einen Kredit zu bekommen, um dann die Förderungen zu bekommen? Da müssen wir noch etwas tun. Wir helfen gerne mit, Herr Landeshauptmann!

Jetzt nach Jacques Chirac: „Es ist die Aufgabe der Opposition, die Regierung abzu­schminken, während die Vorstellung läuft.“ – In diesem Sinne, Herr Landeshauptmann, freue ich mich auf die zukünftige Zusammenarbeit im Salzburger Landtag als Klubchef der zweitstärksten Fraktion. Mir ist die Zusammenarbeit mit allen Fraktionen wichtig und vor allem ist es mir wichtig, mit Ihnen und der Regierung einen guten Gedanken­austausch zu führen.

Abschließend verabschiede ich mich hier vom hohen Bundesrat. Es ist heute meine letzte Sitzung, und es war und ist mir eine Ehre, hier gewesen zu sein, oben am Präsidium für Österreich mitgearbeitet zu haben. Ich bedanke mich bei allen Bun­desräten und Bundesrätinnen für den durchwegs fairen Umgang – trotz unterschied­lichem Zugang, trotz unterschiedlicher Meinungen.

Ich bedanke mich für so manchen humorvollen und humoristischen Redebeitrag, ich bedanke mich aber vor allem für die Reden und Gedanken, durch die ich selber zum Nachdenken gekommen bin. Die hat es (in Richtung ÖVP) auch auf dieser Seite gege­ben, dafür bedanke ich mich auch.

Ich bedanke mich für die perfekte Organisation und die perfekten Abläufe im und um den Bundesrat. Dafür zeichnen die wirklich wertvollen und fleißigen und immer freundlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Parlamentsdirektion, allen voran Frau Dr. Bachmann, verantwortlich.

Ich bedanke mich auch bei meiner Fraktion, auch wieder bei denen, die im Hintergrund die Arbeit machen; sie sitzen dort drüben und in ihren Büros. Ohne euch ginge es nicht!

Ich bin heute noch einmal eineinhalb Stunden am Präsidium. Ich wünsche Ihnen und euch vorab schon viel Erfolg für die weitere Arbeit! – Auf Wiedersehen. (Allgemeiner Beifall.)

9.56

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.