14.17

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Covid-19-Pandemie – Kollege Pisec hat ein­gangs auch darauf hingewiesen – hat sich ein Trend in Europa und damit auch in Österreich verschärft, der in Wirklichkeit ganz besonders im Rahmen der Wirtschafts- und Finanzkrise der Jahre 2008/2009 begonnen hat, nämlich dass Unternehmen in Schlüsselbereichen nicht oder nicht mehr in ausreichendem Ausmaß in Europa und in Österreich vorhanden sind beziehungsweise dass es sehr strategisch agierende Dritte gibt, überwiegend aus dem Non-EU-Raum, also außerhalb der EU-Außengrenzen, als Stichworte nenne ich hier made in China.

Ich sage aber dazu, ich war oft genug selbst mit Wirtschaftsdelegationen in unter­schied­lichen Provinzen in China unterwegs, und made in China ist nicht das Thema der Chi­nesen any longer, sondern sie wollen designed in China, technology from China, created in China – also ihre Wirtschaft sehr zukunftsorientiert anlegen –, und sie suchen daher sehr gezielt auf erfolgreichen Märkten, insbesondere in Europa; ein deutsches Beispiel, was die gesamte Robotik und Robotertechnik betrifft, wurde ja schon erwähnt.

Es ist aber auch das amerikanische Primat des America first durchaus eines, das auch Auswirkungen in diesem Bereich hat. Und dass diese strategisch agierenden Dritten nicht immer unter fairen Wettbewerbsbedingungen agieren, ist der Grund dafür, dass wir heute einen solchen Gesetzesbeschluss fassen. Es wäre aus meiner Sicht schön, gäbe es diese fairen Wettbewerbsrahmenbedingungen im Rahmen der WTO, aber das ist leider nicht der Fall.

Daher können manche dieser Staaten ziemlich ungehemmt agieren: Sie können das in Form von mehr oder weniger verdeckten Staatsunternehmungen tun, sie können das durch eine ungehemmte Subventionitis tun, sie können das durch Steuererleichterungen im eigenen Land tun, sie können durchaus auch einen ungehemmten Devisenzugang ermöglichen oder sie können beispielsweise durch Versicherungen Unternehmungen ermutigen, auf dem europäischen Markt beziehungsweise hier in Österreich tätig zu werden.

Hätten wir reziproke Spielregeln, also Spielregeln, die auf Gegenseitigkeit beruhen, würden wir die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht verändern müssen. Das haben wir aber nicht, und daher ist es klug, sich hier zu engagieren und heute zu einer Be­schlussfassung zu kommen. Ich möchte der Frau Bundesministerin – und ihrem Team – dafür danken, dass sie die Initiative ergriffen hat. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wir werden sehr genau darauf schauen, dass wir hier gemeinsam einen Schritt weiter­kommen. – Herzlichen Dank dafür. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es sind nicht nur Unternehmungen, die da hinterfragt werden, es geht ja auch um die kritische Infrastruktur. Ein Hafen wurde schon erwähnt – das wird für Österreich weniger eine Rolle spielen –, es geht aber auch um Flughäfen, von denen möglicherweise der eine oder andere im internationalen Kontext von Interesse ist. Ich komme aus der Steiermark, wie Sie wissen, und Slowenien ist unser Nachbar; Maribor war durchaus schon im Blickfeld von strategischen Investoren, möglicherweise auch das Nachbar­bundesland Kärnten. So gesehen müssen wir gemeinsam schauen, dass wir die kriti­sche Infrastruktur erhalten.

Das gilt auch ganz besonders für die Bahn- und Schieneninfrastruktur beziehungsweise -technik. Wenn Sie beispielsweise auf den Balkan schauen, insbesondere auf den Westbalkan, werden Sie feststellen, dass in diesen Ländern strategische Interessen, die einen fairen Wettbewerb völlig ausschließen, sehr massiv vorhanden sind. Auf diesen Märkten haben unsere mittelständischen Unternehmungen kaum mehr die Chance – selbst wenn transparent ausgeschrieben werden sollte, was manchmal mit einem Frage­zeichen zu versehen ist –, zum Zug zu kommen. Das betrifft aber auch Telekommuni­kationsunternehmen und die Medizintechnik, was im Fall von Pandemien ganz beson­ders dramatisch ist.

Wir haben uns heute im Europaausschuss mit diesem Thema auseinandergesetzt. Es ist erfreulich, dass es im Jahr 2018, unter österreichischer Ratspräsidentschaft, gelun­gen ist, dieses Thema voranzutreiben, dass es dazu eine EU-Richtlinie gibt, die die Kontrolle von Foreign Direct Investment in Europa und damit auch in Österreich unter ein gewisses Regelungsregime bringt.

Ich glaube, wir alle bekennen uns dazu, dass es bei Unternehmungen der kritischen Infrastruktur eine Genehmigungspflicht seitens des Ministeriums, seitens der Republik Österreich gibt. Über Prozentsätze – ob das 10 Prozent oder 25 Prozent sind –, Kollege Pisec, kann man immer streiten. Ich glaube, es ist wichtig, dass jetzt einmal die Initiative ergriffen worden ist, dass Schritte gesetzt werden, dass wir in den Bereichen Energie, Wasser, Medizintechnik, Verteidigung, aber beispielsweise auch 5G-Netz oder der gesamten Digitalinfrastruktur Regelungen umsetzen, dass wir dabei aber die Kleinstunternehmungen mit weniger als zehn Mitarbeitern und weniger als 2 Millionen Euro Bilanzsumme auslassen. Das gibt diesen Unternehmungen durchaus auch die Möglichkeit, Partner und Investoren ins Boot zu holen und einen Wachstumsprozess durchzumachen.

Stichwort Wachstumsprozess: Eigentums- und Wachstumsinteressen der Unterneh­mungen sind natürlich zu beachten und es ist bei dieser Regelung auch die Balance zu halten. Es gilt aus meiner Sicht sehr genau abzuwägen, wie stark man die Eingriffe der Genehmigungspflicht wahrnimmt – ohne auf einem Auge blind zu sein. Jedenfalls wird für alle Investoren erforderlich sein, dass die Transparenz gewahrt wird, dass Rechts­sicherheit gegeben ist und dass diese Prüfungen mit möglichst wenig an Bürokratie – eine gewisse Bürokratie werden wir brauchen, weil jedes Prüfverfahren eine gewisse Form der Bürokratie hat –, zumindest mit einer transparenten Bürokratie, abgearbeitet werden.

Warum betone ich das? – Na ja, auch österreichische Unternehmungen haben mit Investitionen im Ausland sehr zum Wohlstand unseres Landes beigetragen und damit auch Arbeitsplätze im Inland abgesichert und durchaus auch den einen oder anderen zusätzlichen Arbeitsplatz geschaffen. Es gilt auch für die Zukunft, diese Reziprozität, die ich eingangs angesprochen habe, im Auge zu behalten.

Die heutige Beschlussfassung ist ein – wie ich es in einem Wirtschaftsmagazin gelesen habe – robustes Vorgehen der Europäischen Union, und wenn man es herunterbricht, natürlich auch ein robustes Vorgehen Österreichs zum Schutz seiner kritischen Infra­struktur. Es ist jedenfalls aber im Interesse des Wirtschaftsstandorts und damit der Unternehmungen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und es gibt der Bevölkerung Versorgungssicherheit. Damit ist es ein Schritt in die richtige Richtung.

Weil es mir als einem, der über Jahre auch auf europäischer Ebene gespürt hat, dass wir in Europa nach der Wirtschafts- und Finanzkrise eine ziemliche Investitionslücke aufgerissen haben, ein Anliegen ist, sage ich abschließend, dass es schon auch entscheidend ist, dass diese aktive Industriepolitik, die seitens Europas und damit auch Österreichs angedacht ist, auch zu einer Reindustrialisierung führt, weil damit in Europa Bereiche kritischer Infrastruktur möglicherweise wieder aufgebaut werden können oder durch Forschung und Entwicklung neu angesiedelt werden können.

Das dient uns dann nicht nur bei der Aufarbeitung der aktuellen Pandemie, sondern möglicherweise auch bei Krisen der Zukunft. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.26

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Kahofer. – Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.