18.07

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren, die Sie uns heute bei dieser Dringlichen Anfrage begleiten! Ich möchte mit einem Zitat von Reinhard Haller, dem Psychiater, den Sie alle kennen, beginnen. Es gab im „Kurier“ vom 1.11. ein Interview mit ihm, und er wurde dabei auch gefragt, was er zu den Demonstrationen der Coronaskeptiker sagt. Ich zitiere: „Warum lässt sich eine gewisse Menschengruppe trotz steigender Infektionszahlen nicht vom Ernst der Lage überzeugen?“, war die Frage, und die Antwort des Psychiaters Reinhard Haller war – ich zitiere wieder –: „Ich als Psychiater nenne diese Gruppe die paranoiden Menschen.“ – Zitatende.

Was paranoide Menschen sind, möge jeder für sich einmal nachlesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind es gewohnt, dass die Kollegen von den Freiheitlichen das eine oder andere Mal in ihrer Wortwahl nicht zimperlich sind und oftmals den Bogen des Erträglichen überspannen. Das ist heute hier herinnen ganz ein­deutig geschehen. Lieber Herr Kollege Christoph Steiner – neu in der Funktion des Frak­tionsobmanns –, eine harte Auseinandersetzung wünsche ich mir, eine harte Auseinan­dersetzung auf sachlicher Ebene führen wir, aber Herabwürdigungen und persönliche Beleidigungen weise ich zurück, und ich erwarte mir auch eine Entschuldigung dafür, dass du den Herrn Bundeskanzler und die Regierung mit dem Dollfuß-Regime der Stän­destaatsdiktatur vergleichst. Das ist dieses Hauses nicht würdig. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Lieber Kollege Steiner, das hat mit einer lebendigen Debatte nichts zu tun. Auf dem persönlichen Angriffsniveau haben wir hier herinnen nicht miteinander umzugehen!

Das Zweite: Es sind hier jetzt Monologe gehalten worden, so hat etwa Kollege Spanring über 20 Minuten lang doziert. Ich möchte nur zwei Unwahrheiten klarstellen. Erstens: Die Behauptung, in Vorarlberg gebe es nur acht Intensivbetten, ist falsch. Es gab vor der Krise 63 Betten, und sie wurden jetzt auf 71 aufgestockt. Das ist einmal das eine. Der zweite Punkt, den ich hier auch als infame Unterstellung Richtung ÖVP zurückweisen möchte, sind Ihre Anschuldigungen dazu, was die Ziele des Herrn Bundeskanzlers und der ÖVP bei unserer Arbeit für dieses Land sind.

Das Dritte, das tatsächlich zu berichtigen ist, ist, dass es keine Übersterblichkeit gibt. Es gibt tatsächlich eine solche. Wir haben eine Übersterblichkeit von 58 Prozent über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Das ist in den letzten Wochen das Thema. (Bun­desrat Steiner: Da nimmt man einmal fünf Jahre, einmal sechs, einmal zehn! – Zwi­schenruf des Bundesrates Ofner.)

Sie reden immer davon, dass Verunsicherung betrieben wird. Dabei sind Sie diejenigen, die in dieser Republik Verunsicherung betreiben, indem Sie nämlich unterstellen, dass Impfstoffe, die in Europa nach ganz, ganz strenger Prüfung – der strengsten weltweit – zugelassen sind, das neue Penicillin oder auch das neue Contergan sein könnten. Sie verunsichern damit die Leute, und das ist klar und deutlich zurückzuweisen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Maßnahmen, die in diesem Land von der Regierung in ihrer Verantwortung gesetzt werden, machen niemandem Freude. Es ist eigentlich schäbig, sich hierherzustellen und so zu tun, als wäre dem Herrn Bundeskanzler beziehungsweise der Bundesregierung nichts lieber, als diese Maßnahmen zu verordnen. (Bundesrat Steiner: Das kommt mir aber schon so vor!) Diese Maßnahmen machen uns allen keine Freunde. Das gilt für Sie als Opposition, das gilt für uns, die wir in Regierungsverantwortung sind, und auch für die Menschen draußen, doch die Pandemie macht diese Schritte nun einmal erforderlich.

Es lässt sich natürlich trefflich darüber streiten: zu harte Maßnahmen, zu weiche Maß­nahmen, zu schnell, zu langsam, zu früh, zu spät. Es lässt sich darüber streiten, ob Schulen offen gelassen werden sollen. Schulen für die Betreuung der Kinder sicherzu­stellen, das war das Ziel. Es lässt sich darüber streiten, ob Schüler Maske tragen sollen oder nicht, über Fernunterricht ja oder nein, hin und her. Ja, darüber lässt sich streiten, aber gewisse Dinge in den Raum zu stellen und die Menschen dadurch zu verunsi­chern – so hat etwa Ihre Gesundheitssprecherin, eine Ärztin, gesagt, und das ist für mich Realitätsverweigerung, dass der Lockdown nicht notwendig war und die Masken nichts bringen –, das ist unverantwortlich! Es ist unverantwortlich, was Sie hier treiben! (Bun­desrat Ofner: Es ist medizinisch erwiesen!)

Liebe Kollegen, ich möchte noch einmal aus einem Artikel zitieren, in dem es um die Masken geht. Es ist „kein politisches Statement“, es ist ein soziales Statement, das Sie mit der Verweigerung der Maske hier abgeben. Es ist eine Haltung der Rücksichtslo­sigkeit anderen Menschen gegenüber. Nirgendwo wurde behauptet, dass die Maske einen selbst schützt, nein, sie schützt immer die anderen. (Zwischenruf des Bundesra­tes Ofner.)

Es gibt noch etwas, das ich Ihnen ins Stammbuch schreiben möchte: Sie reden hier immer von Grundrechten. Ja, wir alle stehen zu den Grundrechten der Menschen, keine Frage. Diese Grundrechte sind wichtig, aber ein Grundrecht gibt es nicht, nämlich ein Grundrecht auf Ansteckung anderer Menschen. Das sei Ihnen auch einmal ins Stamm­buch geschrieben! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Seeber: Richtig!)

Einer Regierung und dem an ihrer Spitze stehenden Bundeskanzler, die sich in dieser Pandemie sehr beherzt und engagiert dafür einsetzen, dass Menschenleben gerettet werden, dass das Gesundheitssystem nicht überfordert wird und dass Arbeitsplätze bestmöglich abgesichert werden – mich wundert es ja, dass ihr noch nicht kritisiert habt, dass die Kurzarbeit in diesem Land Kurzarbeit heißt (allgemeine Heiterkeit), dass ihr euch daran noch nicht gestoßen habt –, einer Regierung, die sich für die Unternehmer in diesem Land einsetzt und zur Bewältigung dieser außerordentlichen Pandemie bei­trägt, vorzuwerfen, dass sie „unsere Republik zu Grabe“ trägt, wie das Kickl getan hat, oder ihr totales Versagen vorzuwerfen, das ist letztklassig, das ist unerhört und entlar­vend! (Bundesrat Spanring: Wenn die ÖVP was sagt, ist es voll in Ordnung, aber sel­ber ... wehleidig!)

Das ist nicht das, was das Wahrnehmen von Verantwortung in dieser Republik bedeutet. Das ist Totalopposition – und dort können Sie bleiben. Die Wählerinnen und Wähler ha­ben Sie bei der letzten Wahl ja dorthin gesetzt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich möchte an dieser Stelle die Menschen, die Bevölkerung einladen, an der Flächen­testung teilzunehmen. Ich bitte die Bevölkerung darum. Je früher nämlich asymptoma­tisch infizierte Menschen in unserem Land identifiziert werden, desto eher können wir diese Pandemie handeln und entsprechend bewältigen. Tests sind aber kein Freibrief, auch das möchte ich klarstellen. Auch nach einem negativen Test müssen wir weiterhin verantwortlich handeln, und es werden weitere Tests durchgeführt werden müssen.

Ich danke meinen Kolleginnen und Kollegen in den Gemeinden. Wir bereiten das gut vor, und wir haben auch in den Bundesländern schon viele Maßnahmen getroffen. Trotz­dem wird hier herinnen leider teilweise gegeifert – wegen der einen oder der anderen Panne, die es natürlich gibt, darüber brauchen wir gar nicht zu reden (Zwischenrufe bei der SPÖ), wie gestern bei der Testungsanmeldung –, da wird sofort der Bundeskanzler als der Schuldige hingestellt. Da geht es, das ist mein Eindruck, nur um Regierungsba­shing, um Bundeskanzlerbashing!

Keiner kommt auf die Idee, einmal zu sagen, was der Grund für die Überlastung dieses Systems war: Eine Person hat das System mutwillig – und ich sage: böswillig – aus­genutzt und einen ganzen Tag gebucht, sodass sich andere da nicht einbuchen konnten. Das ist unverantwortlich, und das ist nicht der Herr Bundeskanzler gewesen! (Beifall bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Ich danke der Regierung für die engagierte Arbeit, die sie leistet. Das ist das Wahrneh­men von Verantwortung und zeugt von Kompetenz! Damit möchte ich auf die Aussage von Herrn Ofner zurückkommen. (Beifall bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Das, was Sie hier abliefern, vor allem Sie, liebe Kollegen von den Freiheitlichen, ist eine sehr maue und sehr unwürdige Vorstellung. (Zwischenruf des Bundesrates Schen­nach.) Auf diese brauchen Sie wahrlich nicht stolz zu sein. Nützen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, den Advent dazu, wozu er gedacht ist: zur Besinnung! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.17

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring zu Wort gemeldet. – Ich weise auf die entsprechenden Vorschriften hin und bitte Sie, diese einzuhalten.