15.15

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Kovacs, mein Vorredner, hat sich auch ein bisschen mit Ihrem Red­ner Kolland beschäftigt, der uns erklärt hat, warum die Gehälter der Abgeordneten zum Nationalrat und auch unsere Gehälter sehr wohl erhöht werden müssen.

Es ist von der Optik her schon ein bisschen komisch, wenn man die ersten elf Gruppen der entsprechenden Bestimmung des Bundesbezügegesetzes – das heißt, alle oberhalb des Nationalrates – von einer Erhöhung ausschließt, aber bei der zwölften Gruppe – das sind die Nationalratsabgeordneten – auf einmal stoppt und sich die zwölfte Gruppe, das ist nämlich die Gruppe des Gremiums, die selbst über Erhöhung oder Nichterhöhung entscheidet, die Erhöhung genehmigt.

Das müssen Sie von draußen sehen, aber normalerweise – Kollege Kolland hat eh ver­sucht, es zu argumentieren – erhöht man Bezüge, wenn jemand besondere Leistungen erbringt. Jetzt ist die Frage: Haben die Abgeordneten, vor allem die Abgeordneten der Regierungsfraktionen, die ja diese Eigenerhöhung gegen den Widerstand von uns und der SPÖ beschlossen haben, eine besondere Leistung erbracht? – Verschiedene Vor­gänger haben sich ja mit den Leistungen der Regierung befasst, aber diese Leistungen der Regierung sind nicht allein Leistungen der Regierung, sondern sie sind nur möglich, weil sie von der Mehrheit unserer Kollegen sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat mitgetragen werden. Die Mehrheit dieser Kollegen sitzt hier, das ist die gleiche Mehrheit, die sich auch die 1,5 Prozent Erhöhung genehmigt hat.

Schauen wir einmal, was da beschlossen wurde, was die Ergebnisse sind und ob das eine Erhöhung rechtfertigt! Tatsache ist: Wir sind in der wahrscheinlich tiefsten Rezes­sion seit Gründung der Zweiten Republik. Wir haben eine Arbeitslosenrate, die zumin­dest in absoluten Zahlen so in der Zweiten Republik noch nicht da gewesen ist, und wir haben die höchste Zahl an Kurzarbeitern, die es seit Einführung dieser Institution jemals gegeben hat. Dazu gibt es laut den Ausführungen des Finanzministers Blümel in unserer letzten Sitzung bisher 29 Milliarden Euro an sogenannten Coronakosten. – Das sind keine Coronakosten, sondern das sind Schadenskosten durch die Coronamaßnahmen. Wir haben das wahrscheinlich höchste Defizit in der Gesamtgeschichte des österreichi­schen Staates, da wird man in Monarchiezeiten zurückgehen können und wird nicht solch ein Defizit finden, und wir haben eine Erhöhung der Gesamtschuldenlast um circa 10 Prozent des BIPs zu erwarten; auch das ist historisch.

War das alles notwendig? War es unvermeidlich? – Sie werden sagen: Ja, das ist inter­national so, alle machen das so. Aber: Erstens stimmt das nicht, und zweitens sind wir in der Lage, selbst zu entscheiden und selbst zu lernen. (Beifall bei der FPÖ.)

Selbst Ihr Finanzminister Blümel hat uns ja letztes Mal gesagt, man weiß nicht, was man tun soll, man weiß nicht, was richtig und was falsch ist. Wenn man sich die Faktenlage ein bisschen anschaut, die Staaten vergleicht, die Lockdowns machen – leichte Lock­downs, harte Lockdowns, gar keine Lockdowns –, dann sieht man, dass der Finanzmi­nister recht hat. Schweden wird immer zitiert, ja, richtig, Schweden hat weniger Fälle und vor allem weit weniger Tote pro 1 000 Einwohner als etwa Belgien, Frankreich und Ita­lien. Alle drei Staaten sind harte Lockdownkandidaten, sowohl jetzt als auch im Frühjahr. (Zwischenruf des Bundesrates Bader.)

Wir können aber etwas anderes nehmen, Schweden ist vielleicht abgedroschen, gehen wir zum Balkan. Dort gibt es ein Land, das den härtesten und längsten Lockdown hinter sich hat, das ist Slowenien. Slowenien hat den Lockdown seit Anfang November, lockert ihn jetzt. Dort gibt es ein Land, das nach einem harten Lockdown im Frühjahr in der zweiten Welle gar nichts gemacht hat, das ist Serbien. Serbien ist ein bisschen außer­halb unseres Radars, weil es nicht in der EU und weit weg ist, aber schauen wir es uns einmal an.

Serbien hatte – das weiß ich nicht auswendig, das habe ich mir aufgeschrieben – am Höchststand im November etwa 8 000 Fälle pro Tag und hat jetzt 4 000, ohne Lockdown, ohne irgendetwas. Es scheint so zu sein, dass es gewisse Wellen bei der Ausbreitung dieser Krankheit gibt.

Slowenien hatte vor sieben Wochen etwa 2 000 Fälle und hat nach sieben Wochen Lockdown weiterhin zwischen 1 000 und 2 000 Fällen. Das fluktuiert, das geht teilweise hinunter auf 500, steigt wieder auf 2 000, aber es bleibt in diesem Fenster. (Bundesmi­nister Anschober: Slowenien hat keine Einschränkungen!) – Jetzt nicht mehr, aber bis vor Kurzem hatte Slowenien die härtesten Einschränkungen. Vor Kurzem hat Slowenien die Einschränkungen aufgehoben, ohne dass viel passiert ist.

Wir hatten Einschränkungen, zuerst leichte, dann harte, jetzt wieder leichte. Was ist bei uns gewesen? – Unser Spitzenwert lag bei ungefähr 7 000 Neuinfektionen pro Tag. (Bundesrat Schennach: Das braucht man ja nicht verharmlosen!) – Das verharmlost ja niemand. Ich erzähle ja, erzählen ist ja nicht verharmlosen. Verharmlosung ist zwar ein Wort aus dem Verbotsgesetz und als Totschlagargument gut brauchbar, aber hier fehl am Platze. Unsere Fallzahl – vielleicht waren es sogar 9 000 Fälle pro Tag, für jeden Tag kann ich es Ihnen nicht sagen – liegt jetzt bei 1 519. Das geht aus den Zahlen her­vor, die ich mir heute angeschaut habe.

Als in Österreich der sogenannte harte Lockdown aufgehoben wurde, lagen wir bei 2 700. Jetzt, in diesem sogenannten weichen Lockdown, wurde die Fallzahl noch einmal halbiert – nicht ganz halbiert: von 2 700 auf 1 519. Das Argument für den Lockdown, immer gehört, immer geglaubt und immer von den Abgeordneten übernommen, lautet: Unser Gesundheitssystem ist sonst überlastet, sonst droht uns die Triage und so weiter.

Nun ist das Gesundheitssystem im November, als wir 8 000, 7 000, 6 000 Neuinfektio­nen pro Tag hatten, nicht zusammengebrochen und nicht überlastet gewesen. Zumin­dest habe ich das nicht gelesen. Es hat immer geheißen, wir sind am Rande. Wir waren immer am Rande, aber nicht überlastet. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Wir waren mit 7 000 täglichen Neuinfektionen nicht überlastet. Heute haben wir 1 519 Neu­infektionen, und jetzt ist es auf einmal überlastet? Warum brauchen wir jetzt einen harten Lockdown? Warum müssen wir der Wirtschaft einen weiteren Milliardenschaden zufü­gen? Nur weil das jetzt Mode ist? Oder haben Sie vielleicht ein neues Argument? Ist vielleicht nicht mehr das Gesundheitssystem überlastet, ist irgendetwas anderes überlastet? Haben wir zu viel Geld im Budget, dass wir Möglichkeiten für Ausgaben suchen müssen? Irgend so etwas muss es sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Jedenfalls, liebe Kollegen, ganz abgesehen von der Frage der Einschränkung unserer Rechte, der Vergewaltigung der Leute, Dinge zu tun, die sie sonst nie getan hätten (Zwi­schenrufe bei der SPÖ), bleibt die Frage: Haben wir hier, wie es sich für Mitglieder des Bundesrates geziemt, auf Basis der Fakten, auf Basis von Informationen über die tat­sächliche Lage der Dinge entschieden, oder haben wir quasireligiös alles geglaubt, was uns von oben verordnet wurde?

Der heilige Augustinus von Hippo war ein Fachmann des Glaubens, und er hat, ein biss­chen verzweifelt über die Unmöglichkeit, Glauben und Fakten zu vereinbaren, am Ende seines Lebens gesagt: Credo quia absurdum – ich glaube, auch wenn es absurd ist. (Ruf bei der SPÖ: ... lateinische ...!)

Das ist für einen Kirchenvater richtig, das ist aber für einen Abgeordneten nicht der rich­tige Weg. Ich ersuche daher alle Kollegen, die den Regierungskurs bisher mitgetragen haben, ein bisschen weg vom Glauben und hin zu den Fakten zu gehen und wünsche in diesem Sinn schöne und friedliche Weihnachten. – Danke. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

15.23

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Kahofer. – Bitte schön, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.