18.49

Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Lieber Herr Minister! Liebe Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher via Livestream! Ja, die EU-Vorhaben im Bereich Arbeit fassen viele verschiedene wichtige Themen und Zielsetzungen ins Auge. Einige davon haben wir bereits von meiner Vorrednerin gehört, beispielsweise Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, aber auch Schutz prekärer Beschäftigungsverhältnisse, wie der Plattformarbeit.

Es gibt aber auch Zielsetzungen der EU, die einen besonderen Fokus auf eine Per­sonengruppe, nämlich auf Frauen, legen. Ich möchte in meiner Rede gerne auf diese besonderen Zielsetzungen der EU genauer eingehen.

Die EU-Jahresvorschau aus dem Bereich Arbeit setzt sich im Wesentlichen nämlich drei verschiedene Maßnahmen für 2021 zum Ziel, die alle auf das Konto der Geschlechter­gleichstellungsstrategie einzahlen und daher meines Erachtens nur begrüßt werden können.

Ein Ziel, das sich die EU gesetzt hat, sind verbindliche Maßnahmen zu mehr Lohn­transparenz, wodurch das Prinzip des gleichen Lohns für gleiche Arbeit von Männern und Frauen verbessert und der Genderpaygap verringert werden soll.

Obwohl sich in den letzten Jahren ein Rückgang der geschlechtsspezifischen Lohn­unterschiede zwischen Männern und Frauen abgezeichnet hat, ist es nach wie vor so, dass Frauen im Schnitt weniger verdienen als Männer. Österreich zählt sogar zu den EU-Ländern mit dem größten Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern. Im Jahr 2019 lag unser Genderpaygap bei 19,9 Prozent.

Doch nicht nur die geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede fordern die Politik zum Handeln auf. Auch die Zielsetzung der EU – unter dem portugiesischen Vorsitz – der Gleichstellung der Geschlechter, was den Arbeitsmarkt, die Arbeitsbedingungen, aber auch die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben angeht, halte ich für essenziell, denn die Coronapandemie hat da schon den Finger in eine bereits offene Wunde gelegt und gezeigt, dass die Mehrfachbelastung durch Hausarbeit und Kinderbetreuung meist uns Frauen betrifft. Frauen und Männer sollten jedoch meines Erachtens in gleichberechtigten Partnerschaften leben. Wir Eltern sind ganz besonders gefragt, ja es ist sogar unsere Verantwortung, unseren Kindern ein gleichberechtigtes Lebensmodell vorzuleben, von dem sie auch lernen können!

Wir wissen, dass derzeit die Kindererziehung in vielen Fällen bei einem Elternteil ange­siedelt ist, der vielleicht auch Teilzeit arbeitet, und dass der andere Elternteil, meist der besser verdienende, als Familienerhalter fungiert. Beim derzeitigen System besteht einfach das Risiko, dass der Elternteil, der sich vermehrt in der Kindererziehung enga­giert und einsetzt – und das sind bis dato wir Frauen –, in die Altersarmut abrutscht. Da muss die Politik einfach gute Rahmenbedingungen schaffen, damit genau das eben nicht passiert.

Meines Erachtens gibt es drei Maßnahmen, die zielführend und wichtig sind, und auf die möchte ich ganz kurz eingehen.

Erstens braucht es meines Erachtens eine verstärkte Information zu den Konsequenzen von Teilzeitarbeit und fehlenden Beitragsjahren. Ich denke, jede Familie sollte das Lebensmodell wählen, das am besten zu ihrem Lebenskonzept passt, aber diese Ent­scheidung sollte bewusst und vor allem mit voller Information getroffen werden.

Zweitens ist das automatische Pensionssplitting für mich ein zentraler Gedanke der Geschlechtergleichstellung (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), denn wenn man gemeinsam ein Kind in die Welt setzt, dann hat man auch eine gemeinsame Verantwortung für die Kindererziehung, und wenn ein Elternteil mehr Erwerbsarbeit leistet und der andere mehr in der Kindererziehung arbeitet, dann ist es doch logisch und absolut nachvollziehbar und verständlich, dass der Elternteil, der mehr Erwerbs­arbeit leistet, dem, der mehr in der Kindererziehung arbeitet, Pensionsansprüche abgibt. Das ist für mich ein zentraler Grundgedanke einer gleichberechtigten Partnerschaft.

Und drittens müssen Kinderbetreuungsangebote speziell in ländlichen Gebieten unbe­dingt ausgebaut werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Was diese Punkte betrifft, ist Österreich sicherlich auf einem guten Weg, dennoch ist Luft nach oben.

Ein weiteres von der EU angestrebtes Ziel in diesem Zusammenhang ist sehr wichtig: Die EU will den Frauenanteil in Verwaltungs- und Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen EU-weit erhöhen. Das ist meines Erachtens wichtig, denn Unternehmen mit Frauen im Topmanagement sind erfolgreicher. Ich wiederhole den Satz gerne noch einmal: Unternehmen mit Frauen im Topmanagement sind erfolgreicher! (Beifall bei der ÖVP.)

Das sage nicht ich, das ist nicht nur meine persönliche Meinung, das ergibt sich nämlich aus dem sogenannten Gender Diversity Index 2019. Er untersuchte die 100 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland mit Blick auf die Gleichstellung in der Unternehmensführung. Das Ergebnis war das folgende: Die 30 fortschrittlichsten Unternehmen in Sachen Geschlechtervielfalt schnitten im Schnitt um 2 Prozentpunkte besser ab als der DAX, der Deutsche Aktienindex.

Mit diesem Hintergrund, denke ich, könnten wir diese Strategie wirklich alle auch unter­stützen, denn wir alle wollen, dass unsere Unternehmen noch erfolgreicher werden.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Antrag

der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gem. § 43 Abs. 1 GO-BR betreffend TOP 7: Bericht des Bundesministers für Arbeit, Familie und Jugend betreffend EU-Jahresvorschau 2021 gemäß Artikel 23f Absatz 2 B-VG iVm § 7 EU-Info-G, auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2021 und des Achtzehnmonatsprogramms des Rates für 2020/2021 (III-743-BR/2021 d.B. sowie 10618/BR d.B.), in der 925. Sitzung des Bundesrates

„Die unterzeichneten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR den Antrag, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen.“

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Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.55

Präsident Mag. Christian Buchmann: Der von den Bundesräten Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Antrag zum Verhandlungsgegenstand gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR, den vorliegenden Bericht des Bundesministers für Arbeit, Familie und Jugend betreffend EU-Jahresvorschau 2021 gemäß Artikel 23f Absatz 2 B-VG iVm § 7 EU-Info-G, auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2021 und des Achtzehnmonatsprogramms des Rates für 2020/2021, zur Kenntnis zu nehmen, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Bettina Anna Lancaster. Ich erteile ihr das Wort. – Bitte, Frau Kollegin.