14.36

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Herr Präsident! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann Kollegin Grossmann in einem recht geben: dass die Informationspolitik der Regierung wirklich nicht überzeugend und teilweise wider­sprüchlich war – aber nicht aus den Gründen, die Sie meinen, denn Sie meinen, es ist dort zu wenig Gehirnwäsche betrieben worden, es ist zu wenig an Dissidenten- und nicht gleichgeschalteten Meinungen ausgeschaltet worden, und es ist zu wenig: Eine Meinung, eine Regierung, eine Impfung!, skandiert worden. Das ist Ihre Sicht der Dinge. Ob das die Sicht der österreichischen Bevölkerung ist, wage ich zu bezweifeln.

Die Verwunderung, die da vonseiten der SPÖ über die negativen Mails, die aus der Be­völkerung kommen, geäußert wird – ein Abgeordneter im Nationalrat hat gesagt, es herrscht so ungefähr die Ansicht: Na dürfen S’ denn das? (Heiterkeit der Bundesräte Ofner und Spanring) –, hat jemand anderem gegolten. Diese Verwunderung verwun­dert mich. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Frau Kollegin, wir haben jetzt quasi schon ge­nerell zwei Welten in Europa: Wir haben die eine Welt, in der wir leider leben – nicht wir hier auf der rechten Seite von der FPÖ, aber offenbar der gesamte Rest des österreichi­schen politischen Spektrums (Bundesrätin Zwazl: Ich bin froh über die Welt, in der wir leben! Ich lebe gerne in Österreich!) –, das ist jene Welt, in der religiöse Vorstellungen über eine Pandemie vorhanden sind und in der alles, was in diese Welt nicht hineinpasst, mithilfe der angefütterten und weitgehend gleichgeschalteten Medien (Bundesrat Schreuder: Aber es ist keine Religion!) ausgeschieden wird.

Dann haben wir die zweite Welt, das ist die Welt der Fakten, der Vernunft, der Beob­achtung der Dinge – das ist jene Welt, die man findet, wenn man, wie Sie das gesagt haben, zum Beispiel nach Norden blickt.

Blicken wir einmal in den von mir hier schon zweimal zu verschiedenen Zeiten erwähnten Staat Schweden! Es ist ja aktuell interessant zu sehen, wie es dort jetzt aussieht. (Bun­desrat Schreuder: Nach Rumänien müssen Sie schauen!) – Warten Sie einmal, Kol­lege! (Bundesrat Schreuder: Schauen Sie nach Rumänien!) Gleich, gleich, aber jetzt schauen wir einmal nach Schweden! Ich glaube, dass Schweden für uns aus verschie­denen Gründen vielleicht ein bissl interessanter als Rumänien ist.

Schweden ist ja dafür bekannt, dass es von Anfang an den Weg des Lockdowns, des Zusperrens, des Distancings und so weiter nicht gewählt hat, und es wurde ja ein Jahr lang vom Rest der Welt – ich sage: fast der Welt; jedenfalls der europäischen Welt – härtest kritisiert. Die Kritik ist sogar so weit gegangen, dass sich der König zu Weih­nachten bemüßigt gefühlt hat, zu sagen: Wir sind gescheitert, wir müssen den Weg der europäischen Solidarität gehen und den Lockdown auch in Schweden ausrufen! – Das war der einzige Zeitpunkt, zu dem Schweden und seine Politik im restlichen westlich-europäischen Ausland breiteste – unter Anführungszeichen – „Publicity“ bekommen ha­ben. Danach ist es aber interessanterweise um Schweden ruhig geworden.

Wenn Sie heute nach Schweden schauen – ich habe mir das ein bisschen herausge­schrieben –, dann stellen Sie fest – aktuelle Situation am heutigen Tag, Werte von ges­tern –, dass in Schweden die Inzidenz 36,7 auf 100 000 beträgt. In Österreich liegt sie derzeit bei über 160. Wir haben also jetzt sehr brav eineinhalb Jahre Lockdown gemacht, haben alles mitgemacht, was uns die Experten dieser Welt vorschreiben, und liegen bei 160, Schweden liegt bei 35.

Hat Schweden den Lockdown eingeführt? Nein, im Gegenteil! Schweden hat per 26.9.2021 alle Maßnahmen und Empfehlungen der Regierung aufgehoben und für be­endet erklärt. (Beifall bei der FPÖ. Bundesrätin Schartel: Bravo, Schweden!) Interes­santerweise wird natürlich jetzt das Argument kommen: Na ja, in Schweden sind wahr­scheinlich alle geimpft, die haben eine Impfquote von 100 Prozent, wir müssen nach Norden schauen. (Bundesrätin Schumann: Dänemark!) Sofort, Dänemark kommt auch noch. Tatsächlich liegt die Impfquote in Schweden bei etwa 65 Prozent, das heißt, so hoch wie in Deutschland und nur unmerklich höher als bei uns.

Jetzt kommen wir endlich, damit sich die Sozialdemokraten freuen, nach Dänemark. Dä­nemark hat eine Impfquote von über 75 Prozent. (Bundesrat Schennach: 80!) Es gibt da verschiedene Zahlen, ich lasse Ihnen 80 Prozent, sage Ihnen aber, es sind tatsäch­lich 75,1 Prozent, aber gehen wir davon aus, dass es 80 Prozent sind. Dänemark, mit 80 Prozent Geimpften, hat im September eine Inzidenz pro 100 000 von 105, 106, 107 gehabt das ist etwa dreimal so viel wie Schweden , hat aber trotzdem per 10.9. be­schlossen – die Kollegin weiß es –, alle Coronamaßnahmen aufzuheben (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder) und auch von Empfehlungen Abstand zu nehmen. Egal ob die jetzt eine Impfquote von 75 oder 100 Prozent haben, sie haben mit den Impfungen eine dreimal höhere Inzidenz als Schweden gehabt. (Neuerlicher Zwischenruf des Bun­desrates Schreuder.)

Jetzt schauen wir einmal an, was seither passiert ist: Sie haben jetzt alle Maßnahmen aufgehoben, der berühmte Kollege Lauterbach aus Deutschland hat gemeint: unverant­wortlich, viel zu früh, da droht eine neue Lawine. – Seither ist in Dänemark die Inzidenz­rate rückläufig. (Bundesrat Preineder: Weil sie geimpft sind!)

Norwegen, ein Impfkaiser die Impfquote liegt bei über 80 Prozent, bei 81, 82 Prozent ‑, hat im September eine Inzidenz von circa 120 das ist trotz der Impfrate von 81, 82 Prozent auch dreieinhalbmal so hoch wie in Schweden  gehabt und die Aufhebung sämtlicher Maßnahmen beschlossen. Heute, circa vier Wochen nach Aufhebung dieser Maßnahmen, liegt die Inzidenz bei 65, sie ist deutlich rückläufig.

Island, der Staat mit den meisten Geimpften in Europa, mit einer Impfquote von 83, 82 Prozent, je nachdem, wie man das misst  die Impfquote bezeichnet nach den WHO-Angaben alle, die doppelt geimpft und daher vollständig geschützt sind –, war einer der ersten Staaten mit weitestgehender Durchimpfung der Bevölkerung, hat derzeit eine In­zidenz von 126,1. Das ist etwa viermal so hoch wie in Schweden. Trotzdem hat Island auch im September erklärt: Genaue Beobachtungen und wissenschaftliche Untersu­chungen haben erwiesen, dass die bisherigen Maßnahmen, der sogenannte Lockdown, keinen messbaren oder nachweisbaren Einfluss auf die Fallzahlen hatten. Die isländi­sche Gesundheitsbehörde hat daher beschlossen, diese Maßnahmen mit Wirkung vom 26.9.2021 aufzuheben. Das ist interessant!

Wir leben in der Parallelwelt, also nicht in dieser Welt des Nordens, das ist die Welt der Coronaleugner, der Verschwörungstheoretiker, der Populisten oder, wie Kollegin Gross­mann gesagt hat – da haben Sie ein schönes Wort verwendet, ich habe es mir leider nicht aufgeschrieben, das war nicht Leugner und es waren nicht die Populisten (die BundesrätInnen Schreuder und Grossmann: Skeptiker!), ja genau –, der Coronaskepti­ker. Verlassen wir diese Welt die ist faktenbasiert, und die Informationen, die ich Ihnen gesagt habe, werden Sie zumindest in der deutschsprachigen, angefütterten Qualitäts­medienszene sehr selten so finden, Sie müssen sich also in die einzelnen Statistiken der Gesundheitsorganisationen einlesen  und kehren wir nach Österreich zurück! Da hat all das, was ich gerade gesagt habe, nicht stattgefunden.

Die Möglichkeit, sich faktenbasiert davon zu überzeugen, was die Maßnahmen bringen oder was sie nicht bringen, wird hier nicht ergriffen, weil im Sinne der Coronareligion alles, was gegen Lockdowns, Beschränkungen, Maßnahmen, Impfen, Impfpflicht und dergleichen spricht, nicht vorkommen darf, weil es ideologisch nicht vorkommen soll. Statt den Weg der Vernunft zu gehen und nach Norden zu schauen und vielleicht doch die Fakten zu beobachten, mücksteinisiert man  um da vielleicht ein Fachwort zu kre­ieren die Gesundheitspolitik und schafft neue Wahnsinnsmaßnahmen, wie zum Bei­spiel die 3G-Pflicht am Arbeitsplatz.

Selbst wenn ich hier in die Menge sehe: All die Kollegen, die diese Pflicht heute, fürchte ich, beschließen werden, sitzen hier natürlich ohne Masken. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ja, die kommen nicht auf die Idee, bevor die 3G-Regeln in Kraft treten, zu verordnen, dass die Dienstnehmer vielleicht FFP2-Masken tragen sollen. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenrufe bei der SPÖ.)  Ja, ja, ja, die Impfquote! Die Kollegen haben ja noch nicht erfahren, dass auch die Geimpften Spreader, sogar Superspreader sind, dass man als Geimpfter den Virus genauso weitergeben kann wie als Nichtgeimpfter. Das hat sich alles nicht so weit durchgesprochen. Es ist auch vollkommen egal, ob man den Virus weitergibt, Hauptsache man ist geimpft. (Bundesrätin Schumann: Und getestet!) Wenn Sie geimpft sind, brauchen Sie ja in Österreich weitestgehend keinen Test. Ob Sie den Virus weitergeben, interessiert ja niemanden, weil es ja nicht um Coronamaßnahmen, Pandemiebekämpfung und dergleichen geht, sondern um eine quasi religiöse Vorschrift, der wir nachhumpeln. (Heiterkeit des Bundesrates Preineder.)

Noch eine schöne Sache für die SPÖ, ja, das muss ich sagen: Also Wien hier sind ja auch einige Kollegen Bundesratsvertreter meines schönen Landes Wien  hat ja die striktesten Maßnahmen und die größte Gefährdung des Gesundheitssystems. Unser Bürgermeister und Landeshauptmann spricht ja immer von der großen Gefährdung und Überlastung des Intensivmedizinsystems in Wien. Meine FPÖ-Kollegen vom Landtag haben im März schon eine Anfrage an den Wiener Gesundheitsstadtrat Hacker, natürlich SPÖ, gestellt und gefragt, wie es denn mit den Intensivbetten, mit der Überlastung und Auslastung, aussieht.

Also Folgendes: In der Zeit von Oktober 2020 bis April 2021, in der sogenannten zweiten und dritten Welle, ist die Zahl der Intensivbetten in Wien von 532 auf 489, also um 42, zurückgegangen. Das ist ja eine richtige Maßnahme: Wenn die Überlastung droht, muss man die Maßnahmen so setzen, dass die Zahl der Intensivbetten reduziert wird. Das ist ganz klar. Zusätzlich gibt es aber 65 Reservebetten, das sind normale Betten, die aber jederzeit kurzfristig binnen 48 Stunden in Intensivbetten umgewandelt werden können. Was war die größte Auslastung im Spitzenmonat der Pandemie, im April 2021, als es in Wien am meisten Coronafälle gegeben hat? Das waren 76,75 Prozent (Bundesrat Schreuder: ... Terroranschlag ...!), von den Gesamtbetten waren 34 Prozent von Covid-Patienten genutzt. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Das ist der Höchstwert, der je erreicht wurde. Wo ist da die ständige Gefahr der Überlastung des Gesundheits­systems? Wo - - (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Bundesrates Schreuder. – Bundesrätin Schumann: ... was macht man in dem Fall?)

Präsident Dr. Peter Raggl: Darf ich um den Schlusssatz bitten?

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (fortsetzend): - -, wenn man im Kampf gegen die Pandemie, ständig die Angst vor dem Mangel an Intensivbetten predigend, die Zahl der Intensivbetten um 10 Prozent reduziert?

Liebe Kollegen und Kolleginnen, mein Appell, den ich hier schon mehrfach an Sie gerich­tet habe, ist noch einmal der: Bitte Augen aufmachen, lesen, wie Ergebnisse in anderen Ländern ausschauen, und nicht hier Reservekirche spielen und irgendwelche Dogmen nachbeten! – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)

14.48

Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Eva Prischl. Ich erteile ihr dieses.