13.47

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Kollegen des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Die Unfähigkeit der Spaltungsregierung und ihr einzig wirk­liches Ziel zeigen sich auch bei der Abfallwirtschaftsgesetz-Novelle Kreislaufwirtschafts­paket.

Eines vorweg: In der Abfallwirtschaftsgesetz-Novelle mit dem sogenannten Kreislaufwirt­schaftspaket gibt es auch Positives. Leider wird das Positive aber mit dem türkis-grünen Belastungsschatten überdeckt.

In Österreich werden gegenwärtig jährlich 1,6 Milliarden Getränkeflaschen aus Kunst­stoff in Umlauf gebracht. 70 Prozent davon werden gesammelt und recycelt. Das reicht aber nicht aus, den strengen Vorgaben der EU-Richtlinie zu Einwegplastik zu entsprechen. Diese sieht vor, dass Getränkeflaschen aus Kunststoff bis zum Jahr 2025 zumindest zu 77 Prozent und bis zum Jahr 2029 zumindest zu 90 Prozent getrennt, gesammelt und auch recycelt werden müssen. Erreicht Österreich dieses Ziel nicht, drohen Strafzah­lun­gen an die EU in Höhe von 20 Millionen bis 45 Millionen Euro jährlich.

Aufgrund der Novellierung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 wird das Bundesminis­te­rium für Klimaschutz und Umwelt im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort nähere Bestimmungen hinsichtlich der Einführung eines Pfandsystems per Verordnung festlegen: zur Pfandhöhe, zur Kennzeichnung, zur Registrierung der Beteiligten und der Produkte, zu den zu übermittelnden Daten und Intervallen, zur Verwendung der nicht ausbezahlten Pfandbeträge – des sogenannten Pfandschlupfes – und zur Rücknahmepflicht der Letztvertreiber. Zur Erreichung der Sammel- und Recyclingziele soll für Einweggetränkeverpackungen aus Kunststoff oder Metall ein Pfand eingehoben werden.

Die Studie „Möglichkeiten zur Umsetzung der EU-Vorgaben betreffend Getränkege­binde, Pfandsysteme und Mehrweg“ im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz und Umwelt gibt bereits den Umsetzungspfad vor und kalkuliert mit einem Pfand von 20 bis 30 Cent. Medial kolportiert wird eine Pfandhöhe von 25 bis 30 Cent. Wer pro Tag nur zwei Mineralwasser in einer PET-Flasche oder Dosen Red Bull trinkt, zahlt bei 30 Cent Pfand im Jahr 219 Euro mehr. Für Familien verteuert sich daher der Konsum von Er­frischungsgetränken um bis zu 876 Euro.

Für Kunststoff erwartet man in der Studie jährliche Einnahmen aus Pfandschlupf in der Höhe von 24,5 Millionen Euro und für Metall zusätzlich 11,5 Millionen Euro. Die Summe entspricht annähernd den alternativen Strafzahlungen. Zusätzlich kalkuliert man mit Materialerlösen in der Höhe von 22,7 Millionen Euro.

Wir Freiheitliche fordern ein für die Kunden aufkommensneutrales Pfandsystem. Für uns bedeutet aufkommensneutral, dass der Konsument nicht Belastungsträger eines Sys­tems werden darf, dessen Vorteile entweder dem Fiskus, der Entsorgungsindustrie oder dem Handel zukommen, je nach geltender Verordnung der Ministerin. Durch das Vor­strecken des Pfandes, Sammeln, Sortieren und Retournieren leisten Konsumenten einen entscheidenden Beitrag für mehr Nachhaltigkeit. In einer Situation, in der Lebensmittel­preise steigen, darf Pfand jedoch keinesfalls ein zusätzlicher Preistreiber sein.

Kostet ein Erfrischungsgetränk in der 0,5-Liter-PET-Flasche heute 0,99 Euro, würde ein Pfand von 0,30 Euro eine Preiserhöhung von 30,3 Prozent bedeuten. (Zwischenruf der Bundesrätin Zeidler-Beck.) Ein Erfrischungsgetränk in der Dose um 0,59 Euro würde bei einem solchen Pfand um 50,85 Prozent teurer. Statt die Konsumenten für ihren Ein­satz durch ein zu hohes Pfand zu bestrafen, braucht es ein System, das die Konsu­men­ten wertschätzend für ihr Engagement belohnt und keine exorbitante Teuerung bewirkt. (Beifall bei der FPÖ.)

Die unterfertigten Bundesräte stellen daher nachfolgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pfand­sys­tem ohne Teuerung und versteckte Steuern“

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Ener­gie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, mit der in Österreich ein Pfandsystem ohne Teuerung und versteckte Steuern eingeführt wird. Dazu sollen die folgenden Punkte umgesetzt wer­den:

- Pfandhöhe: Das Einwegpfand“ – das sogenannte Plastikpfand – „darf nicht teurer als das Mehrwegpfand (insb. Mehrweg-Bierflasche, derzeit 0,09 Euro) sein.

- Recyclingbonus: Die Recyclingleistung der Österreicherinnen und Österreicher muss durch ein asymmetrisches Pfandsystem (Pfandeinsatz 0,06 Euro; Pfanderstattung 0,09 Euro) abgegolten werden.

- Pfandschlupf: Der Pfandschlupf darf keine versteckte Steuer sein, sondern hat dem heimischen Konsumenten beim Recyclingbonus direkt zugutezukommen.

- Soziale Ausnahmen: Waren, welche die Grundbedürfnisse der Österreicherinnen und Österreicher abdecken – insbesondere Milch – dürfen nicht bepfandet werden.“

*****

Praxistaugliche Gesetze beruhen auch darauf, dass die Expertise der betroffenen Branchen schon im Vorfeld der Erarbeitung der Legistik genutzt wird. Darauf hätte zurückgegriffen werden sollen. Die gegenständliche Novelle hat deutlichen Änderungs- und Adaptionsbedarf, zum Beispiel bei § 15 Abs. 9:

„Transporte von Abfällen mit einem Gesamtgewicht von mehr als zehn Tonnen mit einer Transportstrecke auf der Straße von über [...] 300 km in Österreich haben ab 1. Jänner 2023, [...] 200 km in Österreich haben ab 1. Jänner 2024, [...] 100 km in Österreich haben ab 1. Jänner 2026 [...] per Bahn oder durch andere Verkehrsmittel mit gleich­wertigem oder geringerem Schadstoff- oder Treibhausgaspotential (zB Antrieb mittels Brennstoffzelle oder Elektromotor) zu erfolgen. Dies gilt nicht, wenn nachgewiesen wird, dass von der Bahn keine entsprechenden Kapazitäten bereitgestellt werden können, oder wenn beim Bahntransport die auf der Straße zurückzulegende Transportstrecke für die An- und Abfahrt zu und von einer der am nächstgelegenen Verladestellen im Ver­gleich zum ausschließlichen Transport auf der Straße 25% oder mehr betragen würde. Die entsprechenden Nachweise sind beim Transport mitzuführen und der Behörde auf Verlangen vorzulegen. Bis zum 1. Dezember 2022 ist vom Bundesministerium für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie in Abstimmung mit der Wirtschaftskammer Österreich eine digitale Plattform einzurichten, die eine Abfrage von Angeboten für Abfalltransporte im Schienengüterverkehr und, sofern keine entsprechen­den Kapazitäten bereit gestellt werden können, die Erstellung einer Bestätigung darüber binnen zwei Werktagen ermöglicht. Als Nachweis darüber, dass keine entsprechenden Kapazitäten bereitgestellt werden können, gilt ausschließlich die Bestätigung durch die digitale Plattform.“

Durch diese Novelle, mit der gleichzeitig vor allem die Zumutbarkeitsbestimmungen ge­strichen werden sollten, werden ganze Wertschöpfungsketten unbilligen Härten gegen­überstehen. Die Abfallwirtschaft stellt nur 4 Prozent des nationalen Güterverkehrs dar und hat somit nur geringe Auswirkungen auf die Schadstoffbelastung. Weil die geplante Regelung ausschließlich auf den Abfalltransport abzielt, wirft das diverse verfassungs­rechtliche Bedenken hinsichtlich des Gleichheitsgrundsatzes auf.

Wir Freiheitliche appellieren an die Vernunft und fordern euch von den Bundesrats­fraktionen der ÖVP und der Grünen, aber auch der SPÖ und den Kollegen der NEOS auf, die Zustimmung zu diesem Nationalratsbeschluss, zu dieser Novelle zu verwehren und die Bundesministerin aufzufordern, in einer Machbarkeitsstudie den genauen Bedarf und die Möglichkeiten der Bahn, die entsprechenden Transportkapazitäten und Auf- und Abladekapazitäten zu erheben und mit den anfallenden Abfallströmen abzugleichen.

Auch sollte unserer Meinung nach das Wettbewerbsmonitoring vor einer Zwangs­andienung an einen Monopolisten erfolgen, damit die Bundeswettbewerbsbehörde preisregulatorisch eingreifen kann. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schreuder: Und was ist mit der Entschuldigung?)

13.57

Präsident Dr. Peter Raggl: Der von den Bundesräten Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Pfandsystem ohne Teue­rung und versteckte Steuern“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Ver­handlung.

Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Fraktionsobmann Karl Bader. – Bitte.

*****