Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 35

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Menschen wiederum vermitteln soll, nämlich daß Erfahrung nach wie vor etwas zählt. Ich glaube, daß das, was man an zusätzlicher Erfahrung gewonnen hat, und daß das, was man sich durch Fortbildung an Wissen angeeignet hat, nicht ungenützt bleiben soll.

Wenn wir zum Beispiel schauen im Bereich der saisonalen Arbeitslosen, wenn wir schauen im Teilzeitbereich, wenn wir das Bonus-Malus-System hernehmen, wenn wir das Freisparen oder Gründungssparen hernehmen, dann erkennen wir: Es sind schon Maßnahmen, Ideen entwickelt worden, und diese gilt es mit aller Kraft, mit allem Einsatz in den kommenden Monaten zu verwirklichen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das gemeinsame Ziel hat es zu sein, den Menschen das tragische Schicksal der Arbeitslosigkeit zu ersparen. Wir alle sind aufgefordert, diesen Auftrag zu erfüllen! Ich bin davon überzeugt, daß wir dadurch die Prognosen der Wirtschaftsforscher nicht eintreten lassen, sondern durch die Schaffung vieler Arbeitsplätze die Arbeitslosigkeit reduzieren können! (Beifall bei der ÖVP.)

18.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Herr Abgeordneter, bitte.

18.01

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Arbeitslosigkeit ist ohne Zweifel das größte strukturelle europäische Problem, mit dem wir uns heute auseinandersetzen. Ich bewundere Herrn Kollegen Höchtl, nämlich mit welch verbaler Gewalt er hier eine Menge von Gemeinplätzen unter uns gebracht hat.

Es ist wohl nicht so, daß wir Arbeitslosigkeit bekämpfen werden, indem wir an einer Vielzahl von kleinen, gutgemeinten Symptomverbesserungen herumarbeiten. Wir werden uns vielmehr der Mühe unterziehen müssen, die Frage der Arbeitslosigkeit als eine prinzipielle zu analysieren, als europäisches Problem zu analysieren.

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß die Industriegesellschaft in eine Sackgasse gelaufen ist. Sie erfordert immer höhere Kapitalinvestitionen, macht damit immer mehr Menschen arbeitslos und beutet gleichzeitig immer mehr Ressourcen aus. Wir müssen uns also überlegen, welche Rahmen wir falsch gesetzt haben; Rahmen, die in den fünfziger, sechziger Jahren, bis in die achtziger Jahre sehr erfolgreich waren, aber spätestens seit Mitte der achtziger Jahre heute also zu keinen sinnvollen Lösungen mehr führen. Verschärft wird das Ganze durch den weltweiten Wettbewerb, der erst möglich geworden ist durch die Telekommunikationsrevolution, durch die Verkehrsverbindungen und multinationale Unternehmungen.

Meine Damen und Herren! Arbeit ist heute verlagerbar (Abg. Tichy-Schreder: Schon lange) , das ist unser Problem; verlagerbar von einem Ort zum anderen, nicht einmal allein dadurch, daß man sie in Form von Fabriken transportiert, sondern indem man sie einfach als Arbeit auslagert. Denken Sie zum Beispiel an die vielzitierte Buchhaltung der Austrian-Airlines, die in Indien gemacht wird.

Der Wirtschaftsstandort Europa ist im weltweiten Wettbewerb, zumindest der Triade.

Viertens, so meine ich, ist die Höhe der Realverzinsung ein wesentlicher Punkt. Es ist heute für einen Kapitalbesitzer wirtschaftlicher, zu jenen Kapitalisten zu gehören, die sich lieber die Zinsen auf ihr Konto überschreiben lassen, als selbst das Geld in die Hand zu nehmen und mit dem Leverage-Effekt Gewinne zu erzielen. Die Realverzinsung ist letztlich zu hoch. Sie verhindert, daß Kapital in produktive Investitionen fließt – und da haben wir sehr viel autonomen Spielraum in Österreich, das zu ändern –, weil es interessanter ist, das Geld aufs Sparbuch zu legen. Wir haben 3 800 Milliarden Schilling Vermögensbildung in privater Hand und wenig Risikokapital in den Betrieben – das ist unser Problem.


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