sich auch der Wertschöpfungschance entziehen. Und wer sich der Wertschöpfungschance entzieht, entzieht sich der Chance, Arbeitsplätze zu schaffen. (Beifall beim Liberalen Forum.)
Dritter Punkt: Senken wir die Arbeitskosten wirklich! Wir haben von 1980 bis 1994 die Arbeitskosten in Österreich um 115 Prozent angehoben. – Der durchschnittliche Wert in der Europäischen Union liegt bei 78 Prozent. Wir sind also in der Erhöhung der Arbeitskosten von allen Ländern der Europäischen Union auf dem ersten Platz.
Für den Unternehmer zählen letztlich allein die Arbeitskosten. Wie hoch der darin enthaltene Bruttolohn ist und welcher Nettolohn herauskommt, kann den Unternehmer nur in zweiter Linie interessieren. Wenn Sie also eine Politik betreiben beziehungsweise betrieben haben, die die Arbeitskosten weit über das Maß in Europa hinaus verteuert hat, haben Sie Arbeit unattraktiv gemacht, oder, anders formuliert: Sie haben es attraktiv gemacht, Arbeit wegzurationalisieren.
Die Auslastung von Lohnnebenkosten auf die Energiesteuern – wenn man die Abschaffung der Lohnnebenkosten oder deren Senkung fordert, muß man nämlich dazusagen, wohin man diese steuerlichen Beträge lasten will; das können nur Ressourcen und Energiesteuern sein – ist eine Maßnahme, die einen autonomen Spielraum hat.
Herr Wirtschaftsminister! Die ökologische Steuerreform besteht nicht darin, daß man die indirekten Steuern auf Energie erhöht, sondern die ökologische Steuerreform besteht darin, daß man zuerst die Doppelmühle aufmacht und die Arbeitskosten durch Auslastung der Lohnnebenkosten senkt und erst im zweiten Schritt nur diesen Betrag und keinen anderen auf eine Energie- und Ressourcensteuer umlastet. Da gibt es einen autonomen Spielraum, Dänemark zeigt uns das seit einigen Jahren mit sehr guten Ergebnissen. Langfristige Planung, schrittweise Umsetzung, Einbau eines sozialen Ausgleichs, Wahrung der Aufkommensneutralität und Nutzung des autonomen Spielraums innerhalb eines internationalen Gleichklangs, den wir wiederum nur auf der europäischen Ebene werden erreichen können, sind daher zu beachten.
Viertens: Die Arbeitswelt als solche werden wir wohl vollkommen neu gestalten müssen. Mit unseren alten Spielregeln kommen wir offensichtlich nicht weiter, sondern wir erzeugen mit ihnen das, was wir alle nicht wollen, nämlich Arbeitslosigkeit.
Es ist unverzichtbar, die Arbeitswelt neu zu gestalten, gemeinsam mit den Mitarbeitern, vor allem in der betrieblichen Sphäre. Sechs Punkte dazu:
Erstens: Wir werden in Zukunft kürzere Arbeitszeiten brauchen, aber nicht von oben verordnet für alle Betriebstypen, sondern unterschiedlich kürzere Arbeitszeiten, je nach Sektoren, je nach Branchen, ja teilweise nach Betrieben verschieden – denken Sie an das Beispiel VW. Wir machen dabei zwar den Erstjob – ohne Lohnausgleich, mit weniger Stunden – möglicherweise weniger attraktiv, bieten aber andererseits die Möglichkeit, auch einen Zweitjob anzunehmen. Es ist nicht entwürdigend, Herr Bundesminister, wenn jemand in einem industriellen Fertigungsprozeß statt 40 oder 38 nur mehr 32 Stunden arbeitet und, weil er oder sie in der persönlichen Lebenssituation eben noch zusätzliches Einkommen will, an einem weiteren Tag – im Fall einer 4-Tage-Woche – oder an weiteren Abenden zusätzliches Geld in der Dienstleistung verdient. Das sind moderne Formen, wie kürzere Arbeitszeiten auch dazu führen können, daß man durch die Annahme eines Zweitjobs ein vergleichbares Einkommen erzielt.
Zweitens: Wir werden individuellere Arbeitszeiten brauchen. – Das können wir nur auf der betrieblichen Ebene erreichen. Die betriebliche Ebene ist der einzige Platz, wo wir die Interessen der einzelnen Mitarbeiter – je nach Lebensalter, je nach Einkommen et cetera – entsprechend berücksichtigen können.
Drittens: flexiblere Arbeitszeiten. Damit meinen wir aber nicht Kapovaz, nicht kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit, sondern: dann zu arbeiten, wenn man Kunden hat, wenn der Kunde es verlangt, und sich nicht länger dem Kunden, dem Markt durch strikte Arbeitszeitregelungen zu verweigern. Durchrechnungszeiträume sind dabei unverzichtbar. Der Mitarbeiterschutz – ich sage es noch einmal – wird auf die innerbetriebliche Ebene zu verlegen sein.