Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 38

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Viertens: selbständigere Arbeit. Dabei geht es um das neue Unternehmertum. Wir sollten selbstbestimmte produktive Arbeit ermöglichen, auch durch eine freiere und liberalere Gewerbeordnung. Dabei geht es nicht um den Taglöhner, nicht um die Durchlöcherung des sozialen Netzes, sondern um neue Formen, Arbeit selbständiger zu gestalten.

Fünftens werden wir auch lernen müssen, mit unterschiedlicher Arbeit umzugehen. Solange wir Unzumutbarkeitsbestimmungen im Sozialversicherungsrecht, im Arbeitslosenversicherungsrecht haben, die nicht den nötigen Druck auf Umschulungen – begleitet von der nötigen Hilfe –, auf das Umsteigen von einem Beruf auf den anderen ausüben, werden wir auf der einen Seite Arbeitslosigkeit und auf der anderen Seite in manchen Branchen Arbeitskräftemangel haben.

Ich meine, daß jede vorhandene Arbeit – gleichgültig, welcher Qualifikations- und Bezahlungsstufe sie angehört – letztlich gesellschaftlich wichtig ist. Und davon müssen wir ausgehen.

Sechstens – aber nicht letztens – brauchen wir in der neuen Arbeitswelt auch ein vollkommen neues Modell des gleitenden Ausstiegs. Die Generation der Erben hat einen anderen Anspruch auf Arbeit im Alter als es die Generationen von vor 30 oder 40 Jahren hatten. Heute sind viele Menschen in der glücklichen Lage, daß sie erben, daß sie Häuser bekommen und keine Mietbelastungen mehr haben. Geben wir ihnen doch die Möglichkeit, ab einem gewissen Alter schrittweise gleitend ihre Arbeitszeit zu verringern und damit auch Platz für andere Mitarbeiter zu machen. Es wird für uns Unternehmer eine große Herausforderung sein, mit dieser flexiblen Arbeitswelt, mit diesem gleitenden Ausstieg umzugehen, mit neuen Dienstplänen, mit verlängerten Produktionszeiten, mit einem Samstag als Arbeitstag, aber vielleicht nur mehr einer 4-Tage-Woche. Das sind moderne Modelle, die wir überlegen sollten, wenn wir Arbeitslosigkeit wirklich bekämpfen wollen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Über Bürokratieabbau, den Abbau des lähmenden Hemmnisses für Unternehmer, wurde schon sehr oft gesprochen. Auch Minister Ditz hat ihn heute versprochen. Ich bin gespannt, wie oft ich mir das noch anhören werde. Wann wird dieser Bürokratieabbau endlich kommen, meine Damen und Herren?

Wo sind außerdem die Maßnahmen, um aus Eigenkapital und Risikokapital vermehrt Innovationskapital zu beschaffen? Wo bleiben die Beteiligungsfinanzierungen? Wo bleibt die Börse? Wo ist denn Ihr Modell, das Sie seit Jahren ankündigen, und zwar ein Modell, um die Börse wirklich in Aktion zu setzen? Wo ist denn Ihr Modell, in Österreich einen Risikokapitalmarkt zu schaffen? Dieser wäre nämlich die Voraussetzung für die Wahrnehmung von Zukunftschancen, für die Wahrnehmung zusätzlicher Marktchancen und damit für die Schaffung von Arbeitsplätzen in einem exportorientierten Österreich.

Herr Minister Dr. Ditz! Beim Investitionsfreibetrag bin ich nicht Ihrer Meinung. Das, was wir heute als Investitionsfreibetrag haben, ist eine Art Gießkanne, eine Gießkanne mit 6 bis 8 Prozent, die niemandem hilft. Haben Sie den Mut, den Investitionsfreibetrag zu konzentrieren, ihn auf 25 Prozent anzuheben, ihn aber ganz konzentriert auf Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen sowie auf Umweltinvestitionen zu gewähren und ihn vor allem auch dort zu gewähren, wo immaterielle Investitionen in den Betrieben auf vier Jahre aktiviert werden können und dafür mit einem 25prozentigen Investitionsfreibetrag honoriert werden. Das sind die Chancen immaterieller Investitionen, nämlich Investitionen in Markterschließung, in Mitarbeiterausbildung, in die Entwicklung zur Produktreife. Dort liegen die Chancen für den Export, die Chancen, neue Märkte zu gewinnen.

Meine Damen und Herren! Ich meine überhaupt, daß wir einen ganz großen Fehler machen, wenn wir über Wirtschaft und Arbeitsplätze hier im Hohen Haus reden und dabei immer unsere eigene Situation vor Augen haben. Ich schlage vor, dabei einmal ausschließlich die Situation der Nachfrage, des Kunden und des Marktes zu betrachten. Dort liegen nämlich in Wirklichkeit die Zukunftschancen, dort liegen Arbeitsplätze in Reserve.

Als letzten Punkt wiederhole ich schon fast wie eine Gebetsmühle den Privatisierungsvorschlag. Es gibt kein Land in Westeuropa, das einen so hohen Anteil an seinem eigenen Grund und Boden besitzt wie Österreich. Der Staat Österreich besitzt über 10 000 Quadratkilometer dieses


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