Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 41

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Meine Damen und Herren! Ich sagte es bereits: Man sollte sich schon auch mit Einzelbeispielen auseinandersetzen. Wenn ich von seiten der Freiheitlichen höre, man sollte wieder die Handwerksschule einführen, so habe ich das Gefühl, daß man hier in der Geschichte ganz gewaltig zurückspringt. Wir hatten in unserem Land bereits solche Modelle: Zunftschulen, Handwerksschulen mit Lehrgeld. Es steht auch im Programm der Freiheitlichen (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) – Punkt 18, Punkt 12 –, daß ein Eigenbeitrag für diese Handwerksschule zu leisten ist. Vielleicht ist das eine Gelegenheit, das einmal klarzustellen. Im Programm heißt es, daß ein Eigenbeitrag zu leisten ist, und wir sollten das auch deutlich sagen.

Da zum Beispiel ein höheres Arbeitslosengeld bei Qualifizierungsverbesserung verlangt wird – Punkt 9 des freiheitlichen Programms –, muß ich sagen: Sie haben leider nicht aufgepaßt, denn das gibt es bereits. Wenn sich heute jemand in der Zeit der Arbeitslosigkeit höher qualifiziert, bekommt er eine höhere Entschädigung als nur das Arbeitslosengeld. – Das ist also bereits realisiert.

In einem weiteren Punkt, dem Punkt 3 des freiheitlichen Programms, wird gesagt, der Insolvenzfonds sollte nicht nur zur Finanzierung von Pleiten dienen. Ich stimme mit dieser Aussage durchaus überein. Er ist ja kein Fonds zur Finanzierung von Pleiten, wie er fälschlicherweise verstanden werden könnte, sondern der Insolvenzausgleichsfonds ist nichts anderes als ein Ersatz für Löhne und Gehälter für bereits geleistete Arbeit. (Abg. Dr. Haider: Und die Leute sehen kein Geld! Haben die Leute ihr Geld schon gekriegt beim "Konsum"?) Laufend bekommen, zum Beispiel auch durch Unterstützung der Gewerkschaften.

Wenn der Anreiz zu Investitionen in Arbeitsplätze nicht klappt, dann wird es uns so ergehen, wie wir vor kurzem einer internationalen Nachricht entnehmen konnten. Da kündigte der Generaldirektor des amerikanischen Unternehmens AT&T an, daß er 7 000 Mitarbeiter kündigen werde, woraufhin die Aktienkurse in die Höhe schnellten. Wollen wir in Zukunft wirklich in eine Dividendengesellschaft hineinwachsen? Oder sollte es nicht eher mehr eine Beschäftigungsgesellschaft sein, meine Damen und Herren?

Forschung und Entwicklung wurden heute schon mehrfach erwähnt. Ich bin davon überzeugt, daß es durchaus Sinn machen würde, die vor uns liegende Zeit dazu zu nützen, darüber nachzudenken, weshalb ein Bauherrenmodell für manche Anleger so attraktiv geworden ist. Warum kann man dieses Modell nicht neu überdenken und es zum Beispiel auch für Forschung und Entwicklung verwenden, etwa auch in der Richtung, daß der Ertrag aus einem Produkt, das daraus entsteht, letztlich auch zur Abdeckung des vorhandenen Kapitals genützt wird? Das ist meiner Meinung nach beschäftigungsintensiv, das schafft Arbeit, und da geht es nicht um irgendwelche Steuergeschenke.

Es paßt meiner Meinung nach auch nicht zusammen, wenn auf der einen Seite im freiheitlichen Programm gefordert wird, Arbeit zu schaffen, man auf der anderen Seite aber dafür ist, Planstellen nicht nachzubesetzen. Dieses Schwarzweißdenken müssen wir uns abgewöhnen. Vielmehr sollten wir überlegen, wo es Sinn macht, Arbeitsplätze anders zu gestalten, wo es Sinn macht, Beschäftigung auch in Zukunft zu sichern. Eine Kürzung des Arbeitslosengeldes schafft meiner Meinung nach keinen einzigen Arbeitsplatz. Wenn man die Höhe des österreichischen Arbeitslosengeldes im internationalen Vergleich betrachtet, wird deutlich, daß die Ersatzrate eher im mittleren und unteren Feld und nicht im oberen Feld angesiedelt ist.

Ich sage das deshalb, weil in unserem Land vielfach in der Richtung argumentiert wird, daß die Höhe des Arbeitslosengeldes manche von der Arbeit abhalte. Das ist meiner Meinung nach eines der größten Fehlurteile, die es in unserem Land gibt. (Abg. Dr. Haider: Wieso will es dann der Herr Sozialminister einschränken?) Der Herr Sozialminister schränkt es nicht ein, sondern er macht etwas, was eben auch dazugehört, nämlich Mißbrauch auf jeder Ebene abzubauen.

Kollege Haider! Für mich ist es nicht vorstellbar, daß ein Unternehmer sagt: Ich stelle einen Arbeitslosen zur Geringfügigkeitsgrenze ein, er muß aber arbeitslos sein und die Arbeitslosenunterstützung bekommen; dann bezahle ich ihm 3 500 S und bezahle ihm schwarz noch 5 000 S dazu, und dann hat er das Einkommen, das er eigentlich braucht. Dieser Mißbrauch


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