Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 50

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Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dolinschek und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Rekordarbeitslosigkeit (14/J)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nunmehr geschäftsordnungsgemäß – drei Stunden nach Beginn der Sitzung – zur Behandlung der beiden dringlichen Anfragen.

Als erstes rufe ich die schriftliche Anfrage 14/J auf. Diese Anfrage ist in der Zwischenzeit an alle Abgeordneten verteilt worden; es erübrigt sich daher eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Die Tatsache, daß die Budgetkonsolidierung oft versprochen und nie durchgeführt wurde, rächt sich jetzt bitter. Schon im OECD-Wirtschaftsbericht 1993-1994 wurde die österreichische Budgetpolitik kritisiert und festgestellt, daß zusätzliche budgetäre Maßnahmen notwendig sein werden, um den staatlichen Finanzierungsbedarf zurückzuführen und die Verschuldungsquote zu begrenzen. Darüber hinaus weist dieser Bericht auch die finanzpolitischen Versäumnisse der Bundesregierung bei der Defizitreduktion nach. So war die Fiskalpolitik im Zeitraum 1987 bis 1991, trotz des kräftigen Wirtschaftswachstums, weitgehend konjunkturneutral angelegt. In diesem Zeitraum wurde es demnach verabsäumt, das Budgetdefizit entscheidend zu reduzieren. Die Zwangsvorstellung der derzeitigen Bundesregierung, alles zu unternehmen, um den Untergang des österreichischen Schilling zu erreichen, erfordert entsprechende budgetäre Vorleistungen, die auch wegen der mutwillig abgebrochenen Budgetverhandlungen und dem damit herrschenden Budgetchaos zu dramatischen Arbeitsplatzverlusten führt. Die Korrektur der verfehlten SPÖ-Budgetpolitik der vergangenen Jahre soll jetzt allem Anschein nach auf Kosten der Arbeitnehmer durchgeführt werden. Die gesellschaftspolitischen Auswirkungen der jetzt herrschenden Rekordarbeitslosigkeit (allein 295 000 im Jänner 1996) sind der derzeit sozialistisch dominierten Bundesregierung offenbar völlig gleichgültig.

Der Ernst der derzeitigen wirtschaftlichen Situation drückt sich zum Beispiel in der Insolvenzstatistik aus. So betrugen die Insolvenzpassiva im Jahr 1995 mehr als 63 Milliarden Schilling (gefährdete Arbeitsplätze nahezu 30 000). (Im Gesamtjahr 1985 mußten Insolvenzpassiva von 11,5 Milliarden Schilling festgestellt werden.) Allein die Insolvenzen im Jänner 1996 lassen eine Verbesserung dieser Negativrekorde nicht erwarten.

Die dramatische Lage der österreichischen Wirtschaft wird durch folgende Beispiele deutlich aufgezeigt.

Die eindeutige Krisenbranche ist derzeit die Bauwirtschaft. Durch die schwache Baukonjunktur und wegen fehlender Infrastrukturaufträge (Budgetchaos) hat die Baubranche übermäßig zu leiden. Die drastische Reduktion der Infrastrukturausgaben führt zu einer Rekordarbeitslosigkeit von nahezu 100 000 Bauarbeitern im Winter 1995/1996. Das Wifo erwartet für das Jahr 1996 einen Rückgang des Bauproduktionswertes im Ausmaß von rund 1,5 Prozent, und für das Jahr 1997 ist zu befürchten, daß der Bauproduktionswert sogar um mehr als 2 Prozent sinken wird. Es muß daher im Bereich der Bauwirtschaft mit einer Sockelarbeitslosigkeit von mehr als 10 Prozent gerechnet werden.

Die schlechte Verhandlungsführung der österreichischen Bundesregierung bei den EU-Beitrittsverhandlungen verunmöglichte mit dem EU-Beitritt nahezu alle Japan-Exporte von österreichischen Automobilzulieferern. Betrug das Exportvolumen in Spitzenjahren rund 4,3 Milliarden Schilling, so sind jetzt lediglich Exporte in der Größenordnung von knapp 1 Milliarde Schilling möglich. Eine weitere Abschwächung des Japan-Geschäfts wird durchaus erwartet. Betroffene Arbeitsplätze: direkt rund 3 500 und in weiterer Folge rund 7 000 (zumeist in Problemregionen). Eine der am schwersten betroffenen Firmen ist Semperit. Der Vorstandschef der Semperit Reifen AG rechnet mit einem Totalausfall des Japanexports im Jahr  1997.

Der dafür Hauptverantwortliche Bundesminister Dr. Schüssel ließ dazu im Parlament am 18. 04. 1994 verlauten:


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