Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 54

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wären es 8 Prozent. Ich erinnere Sie an die Zeit, als Kreisky Bundeskanzler war: Er hat bei einer 2prozentigen Arbeitslosenrate nach österreichischer Messung den Staatsnotstand ausgerufen und gesagt, jeder Arbeitslose sei um einen zuviel, jeder Arbeitslose komme uns zu teuer. Und heute wird eine Arbeitslosenrate von 8 Prozent einfach unter den Tisch gekehrt, das sei alles halb so wild. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bundesregierung hätte längst reagieren müssen. Der Sozialminister sagt: Wir haben schon im Vorjahr reagiert. Das ist um ein paar Jahre zu spät, sehr geehrte Damen und Herren! Und wenn gesagt wird, man hätte gemeinsam mit den Sozialpartnern Maßnahmen ergriffen, um ein Ansteigen der Arbeitslosenrate zu verhindern, so muß ich Sie angesichts der heutigen Zahlen, der heutigen Statistik fragen: Wo denn? Ich habe von all dem nichts gemerkt, vor allem nicht in Anbetracht der Zahlen und der Statistiken, die uns vorliegen.

Der Herr Sozialminister hat vorher auch das Anheben des tatsächlichen Pensionsantrittsalters erwähnt. (Abg. Koppler – ein Schriftstück zeigend –: Im internationalen Vergleich!) Ja, im internationalen Vergleich. Österreich will ein Wohlfahrtstaat sein. Und wo sind wir? (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir wollen Vorreiter sein, wir wollen besser sein als die übrigen, wir wollen uns nicht nach negativen Vorbildern orientieren, sondern nach positiven.

Kollege Koppler! Das ist doch unrealistisch, was du hier vorbringst. Das ist doch negativ besetzt, was du da in den Händen hältst! Wir müssen nach Höherem streben (Beifall bei den Freiheitlichen – Heiterkeit bei der SPÖ) – selbstverständlich! – und nicht länger jenen nacheifern, die eine viel höhere Arbeitslosenrate haben als wir in Österreich. Das kann doch nicht der Sinn sein!

Das Anheben des tatsächlichen Pensionsantrittsalters, sehr geehrte Damen und Herren, von 35 auf 37 Versicherungsjahre – der Herr Sozialminister hat das vorhin angeschnitten – ist meiner Meinung nach völlig danebengegriffen. Wir haben ein gesetzliches Pensionseintrittsalter von 65 Jahren. Man müßte einmal darüber nachdenken, daß es Leute gibt, die mit dem 14. Lebensjahr ins Erwerbsleben einsteigen, ab dem 14. Lebensjahr Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Wenn diese im Erwerbsleben bleiben, dann haben sie mit 60 Jahren bereits die 45 Versicherungsjahre nach dem ASVG erreicht. Wieso soll so jemand bis zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter von 65 Jahren arbeiten müssen? Das sehe ich überhaupt nicht ein. So jemand müßte die Möglichkeit haben, schon früher in Pension gehen zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Verzetnitsch: Wer verlangt das?)

Die Kriterien für den Pensionsantritt müßten sich daran orientieren, wieviel Versicherungsjahre jemand im Erwerbsleben erworben hat, damit löst sich das Problem nämlich von selbst. Und es müßte auch jedem, der schwer körperlich gearbeitet hat und gewisse Muskel- oder Skelettschäden hat, die Möglichkeit gegeben werden, mit dem 55. Lebensjahr in Pension zu gehen, wenn er bereits die entsprechenden Jahre erreicht hat – mit einem gewissen Abschlag oder Zuschlag, keine Frage.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Herr Sozialminister hat vorhin auch gemeint, die Budgetkonsolidierung sei unbedingt notwendig, um den Wirtschaftsstandort Österreich weiterhin attraktiv zu halten. Selbstverständlich stimmen wir mit ihm in dieser Frage überein. Tatsache ist aber, daß diese Budgetkonsolidierung sehr, sehr oft zwar versprochen, aber nie durchgeführt wurde. Und das rächt sich jetzt bitter. Schon in den OECD-Berichten von 1993 und 1994 wurde die österreichische Budgetpolitik kritisiert und festgestellt, daß zusätzliche budgetäre Maßnahmen notwendig sein werden, um den staatlichen Finanzierungsbedarf zu reduzieren und die Verschuldungsquote zu begrenzen.

Darüber hinaus weisen diese Berichte auch finanzpolitische Versäumnisse der österreichischen Bundesregierung bei der Defizitreduktion nach. So war die Fiskalpolitik während des Zeitraumes von 1987 bis 1991 trotz des kräftigen Wirtschaftswachstums weitgehend konjunkturneutral. In diesem Zeitraum wurde es demnach verabsäumt, das Budgetdefizit entscheidend zu reduzieren. Diese Zwangsvorstellung der jetzigen Bundesregierung, alles zu unternehmen, um den


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