Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 76

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20.54

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Heute erleben wir wirklich eine "appetitliche" neue Variante des Parlamentarismus: Die FPÖ beruft eine Sondersitzung ein, wozu ich ihr gratuliere, zu einem ganz besonders wichtigen Thema. Die Präsidiale einigt sich, wie schon so oft in diesem Hohen Hause, auf eine gewisse Redezeit, auf sechs "Wiener Stunden", das macht für die Freiheitlichen 78 Minuten. Der Klubobmann verbraucht hievon 40 Minuten, so ganz einfach nach dem Motto: Wichtig ist, daß er gesprochen hat, die anderen haben eh nichts zu sagen. (Heiterkeit beim Liberalen Forum.) Und dann machen wir eine Dringliche zum selben Thema.

Wirklich: Was wollen Sie mit dem Parlamentarismus noch alles aufführen? Sie berufen eine Sondersitzung ein zu einem Thema, und dann machen Sie noch eine Dringliche zum selben Thema. (Beifall beim Liberalen Forum, bei SPÖ und ÖVP sowie bei den Grünen.) Irgendwo ist die Seriosität einmal zu Ende. Es ist das alles bedauerlich. Dann uns noch zu sagen, wir bekommen jetzt 30 Anträge auf den Tisch geknallt, und das ist die Arbeit an gemeinsamen Lösungen! – So geht Wirtschaftspolitik nicht. Und es ist nur eines zu hoffen: daß ihr nie in die Gefahr kommt, wirklich Wirtschaftspolitik machen zu müssen. Das wäre eine Katastrophe, das kann ich euch nur sagen! (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei SPÖ und ÖVP.)

Herr Bundeskanzler Vranitzky! Mein Kompliment! Sie haben heute kämpferisch zu einem sehr schwierigen Thema Stellung genommen: zur Arbeitslosigkeit. Und ich freue mich, daß nach der Regierungsbildung Venture Capital Fonds zum Tragen kommen werden. Denn die Fremdkapitalförderung der Vergangenheit war doch nicht zuletzt eine Bankenförderung, und sie ist nur zum Teil bei den Betrieben angekommen.

Es ist daher nicht richtig, wenn Kollege Haigermoser meinte, die Fremdkapitalförderung des BÜRGES-Fonds wäre auf jeden Fall fortzusetzen. – Wenn man sie fortsetzen würde, Kollege Haigermoser, wäre es sinnvoll, sie mit Festzinskrediten in der jetzigen Niedrigzinsphase fortzusetzen. (Abg. Haigermoser: Prima!) Darüber hinaus meine ich aber, daß es viel wichtiger wäre, in der Eigenkapitalförderung, bei Beteiligungsfonds zusätzliches Eigenkapital in die Betriebe zu bringen (Abg. Haigermoser: Ja, richtig!) , denn ihr Fremdkapitalniveau ist meistens schon weit über der Halskrause. (Abg. Haigermoser: Aber BÜRGES hat sich bewährt!)

Herr Bundeskanzler! Sie haben recht: Die Unternehmensbesteuerung in Österreich ist europareif. Das stimme ich Ihnen völlig zu. Nur: Wissen Sie, was uns Unternehmer ärgert und was Lust und Freude vergehen läßt? – Das sind die Rahmenbedingungen, was ich heute bereits angetönt habe, im Bereich der Arbeitswelt. Und es nützt uns halt nichts, wenn wir immer wieder einen Anlauf nehmen und sagen: Es wird weniger Bürokratie. – In Wirklichkeit wird es nicht weniger, in Wirklichkeit wird es immer mehr.

Ich bringe nur zwei Beispiele hiezu. Erstens: Es gibt jetzt ein Betriebsärztegesetz in Österreich. Das heißt, für mein Unternehmen gesprochen, ich weiß noch nicht, ob wir ab 1. Jänner 1997 oder 1998 eine Zusatzbelastung von 108 000 S jährlich haben werden. Dabei gibt es zwei praktische Ärzte in Sankt Wolfgang, die diese Aufgabe, wie ich meine, bisher gut erfüllt haben.

Zweites Beispiel: Umweltbeauftragte – ein ganz wichtiges Thema. Ich bitte meine liebe Frau, in meinem Unternehmen Umweltbeauftragte zu sein. Sie hat mich fast erwürgt. Sie wird seither mit Papier zugeschüttet. Solche Pakete Papier! Meine Frau ist berufstätig, bitte; sie hätte etwas anderes zu tun, als nur diese Papiere zu lesen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wenn man es wegschmeißt, ist es schade darum. Das wäre ja nicht der Sinn und Zweck. Ich bringe das als Beispiel dafür, worum es geht.

Ich stimme dem Herrn Bundeskanzler zu, daß Optimismus und Zuversicht die einzige Chance ist, uns aus dieser Misere zu befreien, in der wir uns doch momentan, vor allem was den Arbeitsmarkt anlangt, befinden.

Was mich betroffen macht, Herr Bundeskanzler, ist, daß Sie für die Erstellung des Budgets 1996 mittlerweile sechs Monate brauchen. Sie haben im August zu verhandeln begonnen. Heute


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