Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 81

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hat sich jedoch herausgestellt, daß das nicht 12 Milliarden Schilling, sondern 50 Milliarden Schilling kostet. Diese 50 Milliarden Schilling haben offensichtlich gefehlt zur Erstellung des Budgets 1996. Damit hat die ÖVP den Koalitionsbruch gewissermaßen provoziert, obwohl sie eigentlich ganz genau gewußt hat, daß die Belastung für das Budget 1996 um die 50 Milliarden Schilling betragen wird.

Damals wollte man uns glaubhaft machen, daß es, wenn wir der EU nicht beitreten, zu einer höheren Arbeitslosigkeit kommt. Sie haben gesagt: Wenn wir nicht beitreten, dann kommt es zu einer höheren Arbeitslosigkeit und zu einem verminderten Wirtschaftswachstum, wenn wir aber beitreten, dann tritt genau das Gegenteil ein. Ein um 2 Prozent höheres Wirtschaftswachstum infolge des EU-Beitritts bringt einen Prozentpunkt Wachstum, 10 Milliarden Schilling mehr an Steuereinnahmen, nach dem Finanzausgleich verbleiben 6 Milliarden Schilling beim Bund, 2 Prozent sind gleich 12 Milliarden Schilling an höheren Steuereinnahmen für den Bund, das Ergebnis ist null zu null: 12 Milliarden Schilling Mehrbelastung, 12 Milliarden Schilling höhere Steuereinnahmen, der Beitritt kostet uns nichts, er bringt uns nur etwas: eine höhere Zahl an Arbeitsplätzen und geringere Arbeitslosigkeit.

Jetzt rühmt sich der Herr Bundeskanzler: Unsere Arbeitslosenstatistik ist im internationalen Vergleich gut. Wir hatten im Dezember 1995 eine Arbeitslosenrate von nur 8,1 Prozent.

Sie haben aber eines in dieser Statistik nicht berücksichtigt, nämlich die Frühpensionen in der Größenordnung von 166 720 per November 1995. Das bedeutet insgesamt 434 000 Nichtbeschäftigte, die eigentlich noch im Arbeitsprozeß tätig sein könnten. Das ergibt die wahre Arbeitslosenrate, die dann nicht bei 8,1 Prozent, sondern zwischen 12 und 13 Prozent liegt. Das sind leider die Tatsachen! Und die Sozialdemokraten haben immer versucht, das falsch darzustellen. Sie haben auch immer eines falsch dargestellt: Sie haben gesagt, daß der EU-Beitritt mehr bringt, als er uns kostet. Sehen wir uns doch den Jahresabschluß bei den Steuereinnahmen an!

Wir haben Sie darauf aufmerksam gemacht, daß es, wenn die Hausaufgaben für den EU-Beitritt nicht gemacht werden, zu einem Kaufkraftabfluß kommen wird, wie er bereits seit der Teilnahme am EWR stattgefunden hat. Schauen wir uns nun die Erträge aus den Umsatzsteuereinnahmen im Jahr 1995 an: Gegenüber dem Jahr 1994 mit 202 Milliarden Schilling sind es im Jahr 1995 nur 179 Milliarden Schilling. Das ist ein Minus von 23 Milliarden Schilling an Umsatzsteuereinnahmen. Ich gebe zu: Die Umstellung von der Einfuhrumsatzsteuer auf die Verbrauchssteuer macht zirka 10 Milliarden Schilling aus. Es bleiben aber immer noch 13 Milliarden Schilling, und das bedeutet einen Kaufkraftabfluß von 60 Milliarden Schilling. Dieser Kaufkraftabfluß von 60 Milliarden Schilling betrifft nicht nur den Handel, sondern er betrifft auch den Tourismus und natürlich auch die Arbeitsplätze in all jenen Zulieferbereichen im Bereich der Bauindustrie, im Bereich des Baunebengewerbes, welche sehr viele Leistungen für die Tourismuswirtschaft aufgrund der dort getätigten Investitionen erbracht haben. Genau da liegt das Problem.

Das Problem liegt außerdem auch darin, daß die Sozialdemokraten, insbesondere auch die Gewerkschaften – und darüber beklagen sich auch sehr viele Mitglieder der Gewerkschaft –, den Produktionsfaktor Arbeit immer für eine steuerliche Belastung freigegeben haben. Man hat immer nur darauf geachtet, einen vernünftigen Abschluß zu bekommen, man hat sich jedoch nie darum gekümmert, wie hoch die Steuerbelastung auf diese Arbeitseinkommen ist und wie die Entwicklung ausschaut. Man hat eine vernünftige Lösung für die Sparbuchsteuer gefunden, für eine Endbesteuerung des Kapitals in einer Größenordnung von 22 Prozent. Man hat sich jedoch überhaupt nicht darum gekümmert, was man machen kann, damit die Arbeitskraft steuerlich geschützt und nicht so diskriminiert ist.

Man braucht sich nur die Entwicklung anzuschauen. Die Lohnsteuerzahlen weisen im Jahr 1995 eine Steigerung um 11,5 Prozent gegenüber 1994 auf, das bedeutet eine Steigerung von 134 Milliarden Schilling auf über 150 Milliarden Schilling. Die Lohnabschlüsse lagen eindeutig bei weitem darunter. Erstens einmal schlägt die kalte Progression zu, zweitens gab es Versäumnisse der Gewerkschaften. Das bekritteln nicht nur die Freiheitlichen, sondern auch


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