Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 83

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es bedeutet noch lange nicht, daß man, wenn man den Steuersatz senkt, dadurch auch geringere Steuereinnahmen hat. Viele Beispiele, etwa in England, in Amerika und in Neuseeland, haben gezeigt, daß gerade das Gegenteil eingetreten ist. Wenn man den Spitzensteuersatz absenkt und die Masseneinkommen etwas entlastet, dann kommt es auch zu einer größeren Steuerehrlichkeit. Auf diese Weise erreicht man eine höhere Bemessungsgrundlage für den Steuersatz, eine höhere Steuerehrlichkeit und natürlich eine Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich. Denn dann gibt es wieder neue Wachstumsimpulse für die Volkswirtschaft, und es können auch wieder mehr Arbeitsplätze geschaffen werden.

Man muß sich mit diesen Beispielen kritisch auseinandersetzen. Es ist nicht alles gut, was eine Fraktion vorschlägt, und es ist nicht alles schlecht, was eine Fraktion vorschlägt. Man sollte die guten Dinge herausholen und zu konkreten Ansätzen daraus gemeinsame Überlegungen anstellen.

Ich glaube, gemeinsam könnten wir ein sinnvolles Modell erarbeiten, wie wir diese kritische Phase überwinden können. Wenn man jedoch von vornherein gleich kritisiert und sagt: Die Freiheitlichen bringen schon wieder 30 Anträge ein, das ist sowieso Mist!, dann kann es keine Basis für eine künftige gute Zusammenarbeit geben. Ich glaube, das ist auch nicht im Sinne der österreichischen Bevölkerung, die dieses Hohe Haus erst vor drei Monaten gewählt hat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.25

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. Ich erteile es ihm.

21.25

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie immer diese Anfrage zustande gekommen ist und wer immer sie in Zukunft stellen wird, ich stehe auf dem Standpunkt – Herr Kollege Trattner, ich stimme mit Ihnen voll überein –: Das Thema Beschäftigungspolitik oder Arbeitslosigkeit – wie auch immer man das bezeichnen mag – wird das vorherrschende Thema sein, und zwar nicht nur heute, nicht nur im nächsten Jahr, sondern es wird uns noch lange begleiten.

Wenn Kollege Haider sagt, ihn interessiere Österreich, dann antworte ich ihm: Uns auch, aber man muß die gesamte Situation im Auge behalten.

Dem, was Kollege Trattner zum Schluß gesagt hat, stimme ich voll zu: Sagen wir doch in dieser wirklich wichtigen Frage nicht: Was der oder jener, diese oder jene sagen, ist schlecht! – Es ist überhaupt keine Frage: Niemand weiß ein Patentrezept!

Ich beschäftige mich mit diesem Thema wirklich sehr ernst, lese viele ausländische Berichte zu diesem Thema und muß sagen: Selbst renommierteste Wissenschafter oder Praktiker haben kein Patentrezept. Das ist die Realität! Viele Dinge spielen mit, die uns zu dieser Situation geführt haben. Erst am letzten Wochenende war in der "FAZ" ein Leitartikel mit dem Titel "Herausforderung am Arbeitsmarkt" zu lesen, und es trifft eigentlich grosso modo auf uns zu, wenn der "Leitartikler" schreibt: "Im komplizierten Wirkungsgefüge der deutschen Wirtschaft ist in den vergangenen Jahrzehnten viel zusammengekommen, was jetzt am Arbeitsmarkt zu Buche schlägt. Das reicht weit über die Schlagworte der aktuellen Debatte wie Arbeitskosten, Steuerabgabenlast hinaus." Dann zählt er auf: Die großen Probleme Auslagerung, Ostöffnung, Binnenmarkt in Europa, Entwicklung der Handelsblöcke, die gesamte Welthandelspolitik in den letzten drei, vier Jahren, das Heraufkommen der asiatischen Staaten mit nicht mehr nur Nachmachungspolitik, sondern echter Qualitätspolitik, nicht nur kombiniert mit billigen Löhnen, sondern auch mit echter qualitativer hoher Arbeit.

Kollege Öllinger hat gesagt, wir haben das Wort Vollbeschäftigung verwendet: Wir könnten jetzt darüber streiten, ob Vollbeschäftigung bei 3,5 Prozent, bei 3 Prozent, bei 2,5 Prozent oder bei 0,5 Prozent Arbeitslosigkeit erreicht ist. Bitte glauben Sie uns aber eines: Natürlich hat es im Wahlkampf gut geklungen, aber wir stehen auch dazu, und ich glaube, das ist jedem – das hoffe


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