Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 85

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das Thema "Wie geht es weiter mit unseren Arbeitsplätzen?" reden, spielt das eine wichtige Rolle.

Wir helfen einer Textilarbeiterin nicht, wenn wir sagen: Wir brauchen 100 gute Zimmerleute, und die finden wir nicht, schulen wir also um! – Das geht nicht! Das ist ja die Problematik dieser Arbeitssituation, die wir nicht nur bei uns vorfinden, sondern europaweit, nämlich daß es zwar Bereiche gibt, wo man Beschäftigte sucht – Qualität muß vorhanden sein! –, daß wir aber im Hilfsarbeiterbereich immer mehr Arbeitslose vorfinden.

Das ist ja eine Konsequenz der Entwicklung in der weltweiten Politik: Je mehr man rationalisiert, je mehr Maschinen man hinstellt, umso mehr im Hilfsarbeiterbereich Tätige werden freigesetzt. Dadurch entstehen andere Beschäftigungen. Nehmen wir folgendes Beispiel her: Wenn in Hongkong jemand in einer Textilfabrik 5 000 Textilarbeiterinnen durch "hochqualifizierte" – wie der Kanzler es sagte – Maschinen ersetzt, so müssen diese zuerst einmal produziert werden, und die müssen gewartet werden. Mir hat ein Bekannter aus Hongkong erzählt, er habe 5 000 Textilarbeiterinnen in Kanton durch Maschinen ersetzt, für die Wartung dieser Maschinen brauche er 400 Leute; qualifizierte Leute natürlich, denn das sind "qualifizierte" Maschinen. Das heißt, es verschieben sich natürlich die Tätigkeitsbereiche.

Wenn wir als kleine Volkswirtschaft das mit einer hohen Grundausbildung forcieren (Abg. Böhacker setzt zu einem Zwischenruf an) – sofort; lassen Sie mich den Satz noch zu Ende sagen – so bin ich überzeugt, daß wir über die Exportintensität hohe Wertschöpfung und infolgedessen eine hohe Beschäftigtenbezahlung erhalten werden. Das heißt, wir steigern die Wertschöpfung und wir steigern das Einkommen der Leute, und damit ist das gesamte Sozialprodukt, das wir erzeugen, auf ganz andere Füße gestellt. – Bitte, Entschuldigung. (Abg. Böhacker: Völlig d’accord! Aber was mache ich mit den 5 000 arbeitslosen Textilarbeiterinnen?) Sie meinen das Hongkonger Beispiel. Das ist hart, das muß ich zugeben, da muß es eben eine Umschulung geben. Noch einmal: Das ist hart, das ist überhaupt keine Frage. (Abg. Böhacker: Wegschieben!) Also von mir werden Sie sicher nicht hören, daß ich sage: Na, irgendwo findet sich das schon! Wegschieben kann man so etwas nicht.

Ich habe zuvor gesagt – wenn Sie mir zugehört hätten, wüßten Sie es –: Über Nacht geht das nicht! Es wäre unfair, wenn man sagen würde im Handumdrehen löst man das Problem. Was ich bewußtmachen will, ist die Tatsache, daß wir gute Voraussetzungen haben, aber wir müssen einige wichtige Dinge rasch tun.

Im Dienstleistungsbereich ändert sich ja viel. Wenn wir uns die Dienstleistungsquote der amerikanischen, der kanadischen und der englischen Wirtschaft anschauen, so sehen wir, daß es dort einen viel höheren Faktor im Dienstleistungsbereich gibt. Und da ändert sich viel.

Schauen wir doch nur bei uns selbst, wieviel sich ändern wird. Im Gesundheitsbereich wird es neue Jobs geben und gibt es schon neue Jobs. Auch im Gesundheitstourismus gibt es neue Jobs. Nur die Leute gehören ausgebildet. Masseur kann man nicht – wenn man ein guter sein will – innerhalb von drei Monaten lernen. Wenn man eine gute Ausbildung hat, so besitzt man einen hochdotierten Job. Bei ordentlicher Ausbildung gibt es auch neue Arbeitsplätze.

Wenn wir in der Pflegefürsorge wirklich konsequent weiterarbeiten, dann wird es – davon bin ich überzeugt – Zigtausende neue Arbeitsplätze geben. Nur müssen wir verschiedenes noch ändern. So locker, daß man sagt, es kann jeder nebenbei etwas machen, wird es nicht gehen. Aber Beschäftigung ist da, und wir können damit auch in den Bereich der Schattenwirtschaft hineinwirken. Nur, da müssen wir auch die Courage besitzen, zu sagen: Es geht nicht an, daß jeder, der nebenbei arbeitet und 20 000 S, 30 000 S dabei verdient, keine Sozialversicherung und keine Lohnsteuer zahlt!

Wir wissen, daß im Jahr geschätzte 100 Milliarden Schilling in der Schattenwirtschaft herumschwirren. Damit wird zwar auch Volksvermögen geschaffen, aber den ganzen öffentlichen Institutionen, was immer sie sind, fehlt dieses Geld, und dann haben wir wieder Budgetprobleme. So schließt sich dann der Kreis. So muß man das sehen! (Beifall der Abg. Dr. Höbinger-Lehrer .)


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