Ich bezweifle bei all dem, was Kollege Neugebauer Richtiges gesagt hat, daß man, um diesen Auftrag zu erfüllen, wirklich 6 Milliarden Schilling braucht.
Dazu kommt noch ein Argument, meine Damen und Herren: Die meisten Unternehmer wissen gar nicht, wie hoch ihre Beiträge an die Wirtschaftskammer sind. Ich halte das für eine wirklich undurchsichtige Vorgangsweise. Natürlich, den Fachgruppenbeitrag, die Grundumlage kennen die Unternehmer dieser Republik. Aber wie viele Unternehmer wissen, daß sie noch einmal eine KU 1 als Promillesatz der Vorsteuer und eine KU 2 – man höre und staune – über die Lohnnebenkosten finanzieren? Das heißt, unsere Wirtschaftskammer, die nicht müde wird, gegen die Lohnnebenkosten aufzutreten, finanziert sich über diese Lohnnebenkosten.
Mein Unternehmen, ein mittelständisches Unternehmen, zahlt 20 000 S Kammerumlage für sieben Fachgruppen, bei denen ich gar nicht Mitglied sein will. Ich will bei der Fachgruppe Hotellerie Mitglied sein, bei den anderen habe ich kein Bedürfnis. Nehmen wir die 20 000 S einmal als gegeben hin. Das, was über 90 Prozent der Unternehmer gar nicht wissen, ist, daß sie noch KU 1 bezahlen – das sind in meinem Fall 14 000 S von der Vorsteuer und 90 000 S Lohnnebenkosten über die KU 2. Wie will denn Präsident Maderthaner mit dem Präsidenten Verzetnitsch oder der Frau Präsidentin Hostasch über die Lohnnebenkosten argumentieren, wenn sich die Wirtschaftskammer selbst über die Lohnnebenkosten finanziert? Dort liegt der Hase im Pfeffer. Darüber müssen wir diskutieren, meine Damen und Herren! Dort muß Kammerreform ansetzen, wenn wir sie wirklich ernst meinen. (Beifall beim Liberalen Forum.)
Die Befragung, die wir jetzt erlebt haben, war zum Krenreiben. Ich weiß schon, meine Damen und Herren von der Volkspartei und von den Sozialdemokraten, wir werden das jetzt wie eine Gebetsmühle hören, daß Sie sich jetzt demokratisch legitimiert haben. Nur die Fragestellung ist ein starkes Stück. Mitglieder abstimmen zu lassen, die erstens nicht wissen, wieviel sie dem Verein bezahlen, wo sie Mitglied sind, und zweitens das Wort "Pflichtmitgliedschaft", um die es ja geht, überhaupt nicht vorkommen zu lassen, das ist Mißbrauch einer Abstimmung. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich halte diese Abstimmung für eine Farce, und ich sage Ihnen heute, ich erkenne diese Abstimmung nicht an, weil sie eine Farce ist. (Beifall beim Liberalen Forum.) Sie dient einzig und allein dem Machterhalt der ÖVP im Bereich der Wirtschaftskammer und dem Machterhalt der Sozialdemokratischen Partei im Bereich der Arbeiterkammer. (Abg. Dr. Fekter: Sie halten die Unternehmer für ganz schön blöd!) Das sind die Punkte, die wir einmal seriös diskutieren sollten. Das sind die Punkte, mit denen wir uns auseinandersetzen sollten. Sie haben eine Befragung durchgeführt, die meiner Ansicht nach nicht sachlich genug in Form einer wirklichen Befragung erfolgt ist.
Meine Damen und Herren! Wie könnte denn – ganz kurz skizziert – eine schlanke Wirtschaftskammer ausschauen? – Nehmen wir das bundesdeutsche Modell: Die Fachvertretungen sind frei. Wir brauchen nicht in jedem Bundesland 100 Fachgruppen. Möglicherweise werden es in Vorarlberg nur mehr 60 sein, weil die Bürstenbinder von Vorarlberg sagen: Wir wollen keine Fachgruppe, wir haben gar keinen Bedarf. Sinnvoll wäre eine freie Fachvertretung mit Persönlichkeitswahl, wo es nicht darum geht, daß der Fachgruppenvorsteher alles sein kann auf der Welt, nur schwarz muß er sein, weil er sonst nicht ins System paßt. Das ist der Punkt, meine Damen und Herren (Abg. Böhacker: Freiwillige Mitgliedschaft!), eine freie Fachvertretung mit einer freiwilligen Mitgliedschaft, wo sich nur jene Fachgruppen auf Ebene der Länder konstituieren, die notwendig sind, und diese Fachgruppen wählen dann ihre Fachverbände.
Mein Kompromißvorschlag an die Kammervertreter und die ganze Österreichische Volkspartei im Bereich der Wirtschaftskammer: Ich kann mir sehr wohl vorstellen, daß es im Bereich der Wahl für die Landeskammervollversammlung eine Wahl über Parteilisten gibt. Das kann ich mir sehr gut vorstellen, denn da wird das Unternehmerparlament gewählt. Aber, meine Damen und Herren: Die Sektionen, die wir als "liebevolles" Relikt der letzten 40 Jahre mit uns herumschleppen, die brauchen wir nicht und die können wir einsparen. Wir können also schlanker werden und die Landeskammervollversammlung ausschließlich über ihre Ausschüsse wirksam werden lassen.