Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 82

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Hainburg. Das ist eine Politik ohne Wenn und Aber, die dann wieder alles korrigieren muß, wenn man erkannt hat, daß man sich geirrt hat. Aber die Leidtragenden sind nicht jene, die sich geirrt haben, sondern die Bevölkerung, vor allem die Jugend, der man ein Stückchen Zukunft in unserer gemeinsamen Heimat abgeschnitten hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher hat es mich schon irritiert, daß uns der Landeshauptmann von Oberösterreich gestern via Fernsehen ausrichten ließ, daß er in einem – mehr oder weniger Versprecher – gesagt hat: Wir von der OKA werden weiterbauen. Wir von der OKA! – Diese Identifikation eines Amtsträgers mit Geschäftsinteressen ist geradezu abenteuerlich, aber auch entlarvend gewesen.

Letztlich geht es doch darum, bei jedem Projekt Güterabwägungen vorzunehmen. Gerade bei Lambach ist diese Güterabwägung nicht korrekt vorgenommen. Bei Lambach, meine Damen und Herren, ist es doch wirklich so, daß der Kampf des Verbundes gegen eine Landesgesellschaft im Vordergrund steht. Man will sich dem Zugriff des Verbundes durch Stromeinspeisungen entziehen. Man will kurzfristig Bauaufträge mobilisieren, um zu zeigen, daß man Arbeitsplatzpolitik zu machen in der Lage ist, anstatt Alternativen zu suchen, wie etwa ein fertiges, unbeeinspruchtes Kraftwerksprojekt der SAFE – an dem die OKA auch zu 36 % beteiligt ist –, nämlich in Pfarrwerfen, mit 1,2 Milliarden Schilling Bauvolumen zu beginnen und dafür das umstrittene Projekt Lambach noch einmal zu überdenken.

Man hat auch keine wirtschaftspolitische Güterabwägung vorgenommen, denn letztlich bezieht man heute auf den Spotmärkten den Strom zu einem Produktionspreis von 20 Groschen, während die Produktion im eigenen, neuerrichteten Kraftwerk rund 80 Groschen kosten würde. Ergebnis: Die Menschen müßten das mit höheren Tarifen bezahlen!

Das alles hat man nicht eingesehen. Aber es hat trotzdem aufgrund der jüngsten Ereignisse einen gemeinsamen Entschluß gegeben, jetzt einmal einen Baustopp zu verlangen. Ich halte das für gut. Aber es sollte nicht nur das Ereignis der letzten Stunden sein, das vielleicht den jetzigen Baustopp zu einem dauerhaften Baustopp eines Projektes macht, das nämlich in Wirklichkeit ökologisch und wirtschaftspolitisch unverantwortlich ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das Auffinden von Kriegsgräbern gebietet uns – auch im Sinne des Kriegsgräbergesetzes aus dem Jahre 1948 –, so zu handeln, wie es das Gesetz vorschreibt. Ich sage das deshalb, weil es nach Ansicht von uns Freiheitlichen keinen Unterschied machen kann, um welche Gräber, um welche Opfer, um welche Tote es sich dort handelt. Es ist die Auszeichnung eines Kulturvolkes, sich Toten gegenüber respektvoll zu zeigen – das umso mehr, wenn in einem Kriegsgräbergesetz festgelegt ist, daß Menschen, die Opfer eines verbrecherischen Regimes geworden sind, das Recht darauf haben, in Ruhe, in Frieden gelassen zu werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist es auch, was heute zu dieser gemeinsamen Entscheidung in der Präsidialkonferenz geführt hat, und ich hoffe, daß dieser Baustopp von Dauer sein wird. Denn es scheint mir nicht sehr korrekt zu sein, daß bei jedem Antiquitätenfund riesige Areale sofort abgesperrt werden, aber wenn einige Gräber entdeckt werden, deren Dimension man noch gar nicht ausmachen kann, riegelt man sie mit ein paar Plastikschleifen ab und überlegt, ob man nicht nebenbei wieder die Baubagger anfahren lassen soll.

Meine Damen und Herren! Wenn das wirklich geschieht, dann stellen wir uns alle ein schlechtes Zeugnis in bezug auf den Umgang mit Toten, in bezug auf den Umgang mit Menschen, die Opfer eines fürchterlichen Regimes geworden sind, aus.

Daher haben wir Freiheitlichen guten Grund, heute zu sagen, unsere Überlegungen zu Lambach sind mehr als gerechtfertigt. Wir sind dafür, daß es einen Baustopp gibt, weil zu den ökologischen und wirtschaftlichen Bedenken für uns nun auch moralische Gründe hinzugekommen sind, warum dieses Projekt in dieser Form nicht stattfinden darf. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.31

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Ich erteile es ihm.


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