Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 98

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Weiters sind wir auch – und das wurde schon angesprochen – auf eine Ratifizierung der Europäischen Charta über den Schutz der Regional- und Minderheitensprachen und die Rahmenkonvention über den Schutz nationaler Minderheiten eingegangen. Wir werden dem diesbezüglichen Entschließungsantrag heute zustimmen.

Dies allein wird aber noch nicht genügen; wir dürfen in der Minderheitenfrage noch lange nicht zur Tagesordnung übergehen. In den nächsten Tagen findet ein großer Oberwarter Volksgruppenkongreß statt. Ein Jahr nach dem schrecklichen Attentat in Oberwart wurden die Versprechungen, die Bundeskanzler Vranitzky und Kunstminister Scholten den Bürgern vor Ort gemacht haben, noch nicht realisiert.

Vor Ort wurde eine Verbesserung der Infrastruktur versprochen – hinsichtlich Wegebau, Wasserzufuhr und vieles mehr –, aber nicht gehalten. Die Verbrecher, die das Attentat verübt haben, wurden noch immer nicht gefunden, allein eine Beschwichtigungstour gibt es. Zitat des Bürgermeisters Racz: Von der großen Politik nichts erwartet und nichts bekommen – ganz zu schweigen, wie es der Witwe und den Kindern dort geht.

Ich glaube, daß eine Umfrage, eine Untersuchung und eine fünfmonatige Schulung über das Arbeitsmarktservice bei weitem der Lebenssituation dieser Menschen dort nicht helfen beziehungsweise diese nur wenig unterstützt, ja das sogar noch mehr dazu anregt, die Bevölkerung dort auseinanderzudividieren.

Zu den Aktivitäten einzelner Volksgruppenvertreter: Ich glaube, daß die Versuchung, nicht zusammenzuführen und doch vorhandenes Gemeinsames nicht weiterzuentwickeln, meiner Meinung nach sogar – das haben wir des öfteren in der letzten Zeit gehört – auf dem Rücken der Minderheiten zu versuchen, Politik zu machen, um sich selbst zu profilieren, sehr gefährlich ist, zumal bei den verschiedenen Volksgruppen und ihren Vertretungen die Meinungen auseinandergehen und wir gerade da Konsens und ein Hinhören benötigen würden.

Ich glaube aber auch, daß die Zusammenführung nicht nur durch die Integration der Minderheiten, durch eine Politik über Volksgruppenkammern erfolgen kann, weil man sich – und ich habe darüber auch mit einem Verfassungsjuristen gesprochen – sicher nicht einigen könnte, wer diese Kammern "bestückt". Ich glaube, daß der Weg eher über die demokratischen Parteien in den Ländern und im Bund führt. Dafür gibt es zumindest in der ÖVP gute Beispiele – ich nenne da etwa nur die ÖVP Burgenland und Kärnten.

An der bisherigen Gesetzeslage wird von den Volksgruppen, insbesondere aber seitens des Volksgruppenzentrums kritisiert – meine Kollegin Stoisits hört sehr gut zu –, daß es kein effizientes gesamtösterreichisches Vertretungsorgan aller Volksgruppen gibt. Im von der ÖVP vorgelegten Novellierungsvorschlag vom Vorjahr ist die Einrichtung einer ständigen Konferenz der Beiratsvorsitzenden und ihrer Stellvertreter vorgesehen. Darüber hinaus ist auch die Achtung der Minderheitensprachen in bestimmten Bereichen des beamteten Bürokratismus in diese Novellierung einzubauen und zu fixieren.

Es ist von unserer Seite weiters oberste Priorität, eine Staatszielbestimmung über den Schutz und die Förderung der österreichischen Volksgruppen und ihrer Angehörigen einzubauen und festzuschreiben. Ich glaube, daß gerade diese Absicht ein Bekenntnis für die Wahrung der Interessen unserer Volksgruppen ist. Die meisten Staaten gehen mit gutem Grund weit über einen gewissen Mindeststandard hinaus, und auch wir – insbesondere die Volksgruppenfunktionäre, es gibt ja manchmal Unterschiede zwischen den Menschen, die in Volksgruppen leben und jenen, die sie vertreten – täten gut daran, einvernehmlich all diese Ideen, aber auch diese Wünsche so umzusetzen, daß sie auch für alle tragbar sind: zum Wohle der Minderheiten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.48

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.


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