Möglichkeit, welche die Geschäftsordnung bietet, in Anspruch zu nehmen. Es muß auch ausdrücklich gesagt werden, daß alle diese Sondersitzungen im Rahmen der Geschäftsordnung, im Rahmen der verfassungsmäßigen Möglichkeiten einberufen worden sind.
Es muß auch klar und deutlich hier festgestellt werden, daß es ein Recht der Opposition ist – wann auch immer und für jede demokratische Opposition –, Dinge als dringlich zu empfinden. Es ist im politischen Dialog selbstverständlich, daß die Regierung und die Opposition andere Dinge zu anderen Zeitpunkten als dringlich erachten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Ich erinnere daran, daß hinsichtlich vieler Debatten und sehr vieler Ausschüsse, die von diesem Parlament als notwendig erachtet worden sind, um Unzukömmlichkeiten im Rahmen der Verwaltung in Österreich in entsprechender Form aufzuklären – ob es der NORICUM-Ausschuß war, der AKH-Ausschuß, der Milchwirtschaftsfonds-Ausschuß, der Ausschuß hinsichtlich Unzukömmlichkeiten beim Bau der Pyhrn Autobahn oder sonstige –, die Regierungsparteien immer der Meinung waren, daß der Zeitpunkt noch nicht gegeben wäre, daß es weder dringlich noch vordringlich sei, daß es nichts zu untersuchen gebe, daß alles zu aplanieren wäre. Ich möchte daher die beiden anderen Oppositionsparteien, sofern sie sich als solche noch ernst nehmen, schon heute warnen, diese Möglichkeiten der Opposition gemeinsam mit den Regierungsparteien einzuschränken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Ich sehe schon ein, daß es verlockend sein mag, sich hier als paktfähig und regierungsfähig zu profilieren und anzubiedern. Aber eines sollte man auch klar und deutlich sagen: Mit einer Oppositionspolitik und mit der verantwortungsvollen Rolle einer Oppositionspartei in einem demokratischen Parlament hat das Verhalten der beiden anderen Oppositionsparteien, auch wenn Kollege Haselsteiner seine Kritik an uns lautstark vorgetragen hat, nichts zu tun. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Ich bin der Meinung, daß es jeder politischen Gruppierung unbelassen ist, etwas als dringend, als nicht dringend oder weniger dringend zu betrachten. Ich halte es auch durchaus für richtig, klarzustellen, was man selbst als dringlich oder als nicht dringlich empfindet. Ich meine aber, selbst wenn man Termine hat – als Konsulent, als Freiberufler, als Bauer, als Angehöriger einer Gebietskörperschaft – oder einen eingeplanten Urlaub einmal verschieben muß, für ein Honorar von immerhin nahezu 80 000 S bis 90 000 S brutto muß man diese Inponderabilien in Kauf nehmen und nach Wien ins Parlament fahren, obwohl man lieber an seinem Zweit- oder Drittwohnsitz Urlaub oder sonstige Dinge machen würde. Denn eines muß klar gesagt werden, Herr Dr. Haselsteiner, auch wenn Sie die Debatten hier nicht als Arbeit betrachten: Das Nicht-im-Parlament-Sein, das Nichtteilnehmen an Debatten, das Nichtteilnehmen an Ausschüssen, das Sich-Entschuldigen, aus welchen Gründen immer, ist auch keine parlamentarische Tätigkeit, die mit Leistungshonoraren in Einklang zu bringen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Ich bin daher durchaus glücklich, daß Sie in Ihrer Rede für das Liberale Forum wenigstens festgestellt haben – in Ihrem Antrag, den Sie zwar zu spät, aber schlußendlich doch noch eingebracht haben –, daß Sie sich eine leistungsorientierte Entlohnung vorstellen können. Ich kann mich noch an die Haltung einiger Ihrer Fraktionskolleginnen und -kollegen, als Sie noch nicht im Parlament waren, anläßlich des Erstantrages der freiheitlichen Fraktion zu einem leistungsorientierten Besoldungssystem auch für Politiker erinnern; die haben diesen als nahezu unmöglich abqualifiziert. Die Freiheitliche Partei hat also zumindest erreicht, daß das Liberale Forum eingesehen hat, daß es auch eine leistungsorientierte Besoldung für Politiker geben kann und nicht nur für andere Berufsgruppen – ob Arbeiter, Angestellte, Beamte, Freiberufler oder sonstige Bezugsempfänger in diesem Staat.
Noch etwas zur allgemeinen Debatte, die heute hier stattfindet: Das Parlament sollte das Spiegelbild der Gesellschaft sein. Diese hehre Absicht unserer Verfassungsgeber hat sich zumindest in den letzten 30 Jahren hier im Parlament nicht widergespiegelt. Bevölkerungsgruppen sind ausgeschlossen. Die Senioren sind aufgrund der Altersregelungen seit Jahren nicht mehr vertreten. Die Jugend ist nicht oder unbefriedigend hier vertreten. Der Anteil der Frauen in diesem Parlament ist im Verhältnis zur Verteilung in der Gesamtpopulation Österreichs beklagenswert gering. Und wenn Sie sich die Berufsgruppen anschauen: Die Industriearbeiter,