Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 24

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anstellen. An das bisher Gesagte möchte ich gerne noch mit dem Begriff der Wohnungseigentumsbildung anknüpfen.

Meine Damen und Herren! Meines Erachtens passiert in diesem Bereich der größte Schwindel in der österreichischen Geschichte des Rechtssystems, ein Schwindel, der sich jeden Tag von neuem offenbart. Wenn ich sage "Schwindel", dann meine ich damit jene Praxis, wie mit dem § 14 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz de facto umgegangen wird. Sie alle haben die großzügigen Worte des Wiener Wohnbaustadtrates Faymann vernommen, der gemeint hat, jetzt wäre die Zeit reif, jetzt könnte man darangehen, die "Mieten" – unter Anführungszeichen! – abzusenken auf die Kategorisierung im Bereich der Kategorie A. Damit würde eine spürbare Entlastung stattfinden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das kann doch wohl nur ein Wahlkampfgag sein, ein billiger Wahlkampfgag, und sonst gar nichts! Wenn man nämlich das Wesen des Genossenschaftswohnungssystems von der Wurzel, von der Pike auf analysiert, dann ist mit dem Genossenschaftswohnungssystem ein Miteigentumsrecht verbunden und nicht bloß ein Mietverhältnis. Aber auf dieses Mietverhältnis reduzieren die Vertreter von SPÖ und ÖVP so gerne das Genossenschaftssystem. Und das ist meines Erachtens grundfalsch! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ist ein Schwindel, ich bleibe dabei. Es gibt 750 000 sogenannte Genossenschaftsmieter – wobei mich schon das Wort "Genossenschaftsmieter" stört –, 750 000 betroffene Personen in 400 000 Wohnungen. (Abg. Eder : Wen stört das?) Mich stört das, Herr Kollege, weil mit dem Begriff "Mieter" jegliche Art des Eigentumsrechtes ausgeschlossen wird. Was Sie betreiben bei der SPÖ – und auch bei der ÖVP; ich möchte Sie nicht ausnehmen! –, das ist eine Gängelung des sogenannten Mieters. Sie versprechen jeden Tag aufs neue mit Ihrer Parteibuchwirtschaft, die Sie seit 30, 40 Jahren betreiben, "Zuckerln", wohlwissend, daß die "Zuckerln" immer dünner werden und daß es eigentlich auf diesem Sektor nichts mehr zu verkaufen gibt. Das ist meine Antwort, Herr Kollege Eder! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die politische Brisanz in dieser Materie ist groß, denn jetzt nähern wir uns dem Zeitpunkt, wo nach 25, 30 Jahren ein Großteil dieser Wohnungen ausfinanziert ist. Und weil das zufällig mit den Wiener Wahlen zusammenfällt, geht man jetzt daran und vergibt großzügig Wahlkampfgeschenke.

Es kommt noch etwas dazu bei diesem Schwindel, ein weiterer Aspekt, daher ist der Handlungsbedarf in der Tat sehr groß. Die meisten Wohnbauträger der sogenannten Genossenschaftswohnungen sind nicht in der Rechtsform der Genossenschaft konstruiert, sondern sind Aktiengesellschaften oder GesmbHs, in denen der Genosse, der Genossenschaftsmieter sozusagen, keinerlei Rechte hat. Es passiert auf diesem Sektor genau das gleiche wie beim "Konsum". Und wohin der "Konsum", diese große Genossenschaft, geführt hat, das wissen wir alle aus leidvoller Erfahrung für Österreich!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! So, wie sich das die beiden Großparteien vorgestellt haben, wird es am Sektor Wohnungseigentumsbildung sicher nicht weitergehen können. Wir brauchen in der Tat echte Reformansätze, die an die Wurzel gehen müssen.

Herr Kollege Schöll! Weil dieses Problem tiefer geht, als man es in einem Entschließungsantrag formulieren kann, sind wir der Auffassung, daß man das in einem Gesamtprogramm ausführlich thematisieren und diskutieren muß. Daher muß diese Sache im Ausschuß besprochen werden. Wir fordern alle Parteien in diesem Hohen Hause auf, hier entsprechend konstruktiv mitzuwirken. An unserer Bereitschaft, mehr für eine großangelegte Wohnungseigentumsbildung zu tun, damit auch der "Kleine" die Möglichkeit hat, seinen eigenen Wohnraum günstig zu erwerben, wird das nicht scheitern. Wir bieten unsere konstruktive Mitarbeit an. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Wort hat Frau Abgeordnete Stoisits. – Bitte.


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