Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 35

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wichtig dieses Übereinkommen ist. Jeder spricht davon, wir müssen uns natürlich dafür aussprechen, gegen Folter, gegen unmenschliche und erniedrigende Behandlung aufzutreten. Selbstverständlich sagt die FPÖ, daß daher diese Übereinkommen auch ihre Zustimmung haben werden.

Wir belobigen hier, was alles bei uns wunderbar ist, und daher müssen wir doch danach trachten, daß wir möglichst viele Länder dazu bringen, um sie alle auf den gleichen Stand zu bekommen.

Das zeigt mir, wie wenig wert eigentlich solche Dinge sind, wenn man sich nicht vorher über die Begriffsdefinition einigt, wenn man nicht vorher darüber nachdenkt, was denn, auch nach unseren Begriffen, nach unseren demokratischen Begriffen, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bedeutet. Dazu, daß man sich gegen die Folter aussprechen wird, kann ich nur sagen: "No na!" Das ist ja wohl eine Selbstverständlichkeit. Ich sage das hier für unser Haus.

Bei der unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung wird es schon anders aussehen. Hier wird es wohl sehr unterschiedliche Begriffsdefinitionen geben. Für mich hängt die Ernsthaftigkeit solcher Papiere davon ab, wie dann die Handlungen ausschauen, die dazu gesetzt werden.

Es ist sehr leicht, daß man sich in Protestnoten dagegen ausspricht, daß Saro-Wiwa in Nigeria durch ein Todesurteil umgebracht wird, sage ich jetzt einmal. Dagegen kann man protestieren, darüber kann man sich entrüsten, das kann man als eine Unmenschlichkeit bezeichnen. Aber kein Mensch tritt dagegen auf, daß in einer solchen Situation die Boulevardpresse die Nigerianer in Österreich einfach pauschal als Drogendealer abtut.

Ich sehe hier durchaus einen Zusammenhang damit, daß wir 1995 zum Beispiel nur drei politische Flüchtlinge aus Nigeria als politische Flüchtlinge anerkannt haben, 177 hingegen nicht. Da bestehen Zusammenhänge. Ich frage mich: Wie ernst nehmen wir es denn dann mit der Beurteilung, wenn wir Taten zu setzen haben, nämlich mit der Anerkennung dieser Menschen als Flüchtlinge?

Wir lesen von einem Tamilen, dessen Asylantrag abgelehnt wurde. Er hat Ende Jänner in Österreich Selbstmord begangen. Wir lesen von einem Iraker, der hier geltend macht, politisch verfolgt zu werden, denn, laut Amnesty International, er war inhaftiert und gefoltert worden, weil sein Bruder das Land verlassen hat. Von uns sollte er – das war jedenfalls der letzte Stand meiner Information – vergangene Woche nach Jordanien abgeschoben werden. Ich konnte nicht mehr verifizieren, ob das dann tatsächlich passiert ist, nachdem Amnesty International diesen Fall an die Öffentlichkeit gebracht hat, oder nicht, ich weiß es nicht.

Tatsache ist, daß man mit diesen Dingen sehr locker umgeht, aber uns hier sind wir alle einig, wogegen man auftreten muß. Das ist nichts wert, wenn man dann in einem Interessenkonflikt auf einmal eine andere Stellung bezieht. Dieser Interessenkonflikt entsteht aus wirtschaftlichen Interessen. Wie sieht denn unser Umgang mit Ländern aus, in denen Menschenrechtsverletzungen evident sind, aber unsere wirtschaftlichen Interessen natürlich gewahrt bleiben sollen? Warum fährt daher – zu welchem Zeitpunkt auch immer – zum Beispiel eine der größten Wirtschaftsdelegationen nach China?

Ich sage jetzt nicht, daß wir den Kontakt abbrechen sollen – das wäre ein Unsinn, das wäre auch wirtschaftspolitisch ein Unsinn –, aber es ist wohl eine Frage des Gespürs, zum welchem Zeitpunkt, in welcher Größenordnung und wie man solche Dinge macht. Ich rede daher auch von unseren Verbindungen, die wir mit dem Iran und mit Ländern bis zur Türkei hin haben, in denen Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind.

Wie sieht es denn aus, wenn ein Interessenkonflikt auftritt, mit der sogenannten Effizienz der Bürokratie? – Der Begriff der bürokratischen Dehumanisierung ist zu einem Merkmal geworden, und zwar leider nicht nur in Österreich, sondern in sehr vielen Staaten. Wir sind in manchem sogar Vorreiter, wenn ich mir unser Asylrecht anschaue. Da schaut immer einer auf den anderen und sagt: Daher ist es legitim! – Wir setzen den Maßstab immer weiter hinauf, an dem wir dann argumentieren und den wir als Basis nehmen.


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