Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 36

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Wie sieht es denn aus, wenn man dann Maßnahmen im Sinne der Menschenrechte treffen soll, die gegen eine populäre Meinung verstoßen – Schlagwort: Stimmenfang? Wie schauen denn unsere Fremdengesetze aus, in denen es um die Wahrung der Menschenrechte geht? Wer hat da wen überholt? Ich habe noch die Ausführungen von Herrn Stadler von gestern im Ohr, als er mit Recht gesagt hat: Das einzige, was ihm an dem ganzen Sparpaket gefällt, ist, daß endlich die Regierung soweit ist, daß sie Menschen, die hier leben, aber keine österreichische Staatsbürgerschaft haben, keine Familienbeihilfe mehr bezahlt, wenn ihre Kinder im Ausland leben. – Das heißt, jemand hat hier die gleichen Abgaben zu zahlen wie sein Kollege, der halt zufällig Österreicher ist, beide haben sie Kinder, die im Ausland studieren. Der Inländer erhält die Familienbeihilfe, der Ausländer erhält sie nicht.

Was verstehen wir denn unter Grundrechten, unter Menschenrechten? Was entwickelt sich da auseinander? Geht es nur um die Folter, gegen die wir auftreten, oder ist hier nicht viel mehr erst zu erarbeiten, und vor allem auch für unser Bewußtsein zu erarbeiten?

Ich halte das für sehr billig, wenn wir uns herstellen und alle großartig etwas unterschreiben, in dessen Überschrift noch dazu Begriffe enthalten sind, die in diesem Hause höchst unterschiedlich ausgelegt werden. Dann ist es natürlich leicht, wenn alle zustimmen. Das ist das, was ich einbringen möchte. Selbstverständlich werden wir auch zustimmen, aber ich möchte zumindest doch auch deutlich machen, was an Nachholbedarf, an Nachdenken vorhanden ist.

Kollegin Höbinger-Lehrer! Was sagte sie hier? – Wie schrecklich es doch ist, daß man der Sicherheitswache schon wieder etwas unterstellt, und man möge doch davon Abstand nehmen – das hat sie wörtlich gesagt – und doch das Positive sehen.

Das gleiche sagen Ihnen zu den Menschenrechtsverletzungen die Leute in den anderen Ländern auch, ob das Türken, Chinesen oder sonst wer sind. Da ist es ein anderes Ausmaß, selbstverständlich! Aber sie sagen: Seht doch auch das Positive bei uns. – Das kann doch wohl nicht der richtige Zugang zu diesen Dingen sein, schon gar nicht, wenn – und das hängt mit einer unwürdigen und erniedrigenden Behandlung zusammen – der Bericht von Amnesty International über das Jahr 1994 aufzeigt, daß es bei uns Mißhandlungen durch die Polizei gibt, bei Ausländern in Schubhaft, und daß das keine Einzelfälle sind.

Nun weiß ich schon – ich habe lang genug in einer Behörde, in der Volksanwaltschaft gearbeitet, wo ich gerade mit diesen Fällen konfrontiert war –, wie schwierig es ist, abzuwägen, was tatsächlich an Beschwerdeberechtigung faßbar ist und was dann eher in einer Grauzone verläuft. Aber wenn es sogar die Europäische Kommission für Menschenrechte im Juni 1994 für erwiesen erachtet, daß ein österreichischer Staatsbürger nach einer dreitägigen Haft in Polizeigewahrsam in einer Weise physischer Gewalt ausgesetzt war, daß der Tatbestand, und zwar genau jener Tatbestand, der in der Überschrift des Übereinkommens steht, nämlich der Tatbestand der unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung, erfüllt ist, dann können wir uns nicht herstellen und so tun, als wäre bei uns alles in Ordnung. Dann können wir vor allem, Frau Kollegin, nicht sagen: Sehen wir doch lieber das Positive! Nehmt doch Abstand, die Leute ewig mit irgend etwas zu belasten und in den Schmutz zu ziehen! (Zwischenruf der Abg. Dr. Höbinger-Lehrer. )

Es muß das Interesse dasein, Menschenrechtsverletzungen schon im Ansatz zu erkennen, und zwar gerade in unserem Land, sonst haben wir keine Berechtigung, über die anderen großartig und überheblich zu reden und zu sagen: Wichtig ist, daß noch mehr Länder dem Abkommen beitreten, wenn wir nicht einmal in unserem Land die Bereitschaft für Wachsamkeit und Sensibilität haben, wo denn die erniedrigende, wo denn die unmenschliche Behandlung beginnt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir haben bis heute keine Reform des Asylrechtes zusammengebracht, wer auch immer daran schuld ist, ob es nur die FPÖ ist, ob es die FPÖ und die ÖVP sind, ob es die Schwäche der SPÖ ist – es ist mir herzlich egal. Tatsache ist, daß wir immer noch keinen Zugang zu einem fairen Asylverfahren haben, Tatsache ist, daß es zur Praxis geworden ist, über Asylwerber einfach die Schubhaft zu verhängen. Damit sind wir wieder bei der bürokratischen Effizienz, weil man Angst


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite