Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 38

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knüpfen sollte. Frankreich hat etwas getan, was ich für höchst bedauerlich halte. Es ist nämlich vorgeprescht, hat damit die EU in einer Weise präjudiziert oder unterlaufen und sagt: I bin i, Frankreich zuerst!, und hat einen Akt gesetzt, Restjugoslawien anzuerkennen, ohne konkrete Bedingungen daran zu knüpfen.

Ich habe hier eine APA-Meldung vom 27. Februar, laut der Österreich offensichtlich ähnliches vorhat. Überschrift: "Österreich zu vollen diplomatischen Beziehungen mit Belgrad bereit". Darunter steht, Österreich sei zur Aufnahme voller diplomatischer Beziehungen mit Jugoslawien und zum Aufbau und so weiter bereit. Da steht überhaupt nichts von irgendeiner Bedingung.

Offensichtlich – ich weiß es nicht – hat der Herr Schüssel anläßlich seines Besuches in Restjugoslawien das Gefühl gehabt, er muß irgendeine Spur hinterlassen. Ich halte das für eine traurige Spur, wenn sie nicht verbunden wird mit den klaren Bedingungen, die vorerst einmal zu erfüllen sind.

Nun weiß ich schon, daß man diese Bedingungen nicht zu hoch schrauben darf, um auf diese Weise vielleicht eine Anerkennung unmöglich zu machen. Das wäre nicht in Ordnung. Aber von vornherein zu sagen, ist schon in Ordnung, wir werden euch anerkennen, das ist genau das, was eben nicht jenem moralischen Druck entspricht, den Kollege Fuhrmann einmahnt.

Da hat es im Jahr 1991 ja Bedingungen gegeben, die seinerzeit von der EU formuliert wurden für die Anerkennung Kroatiens, Sloweniens und der Nachfolgestaaten der UdSSR. Ich frage mich: Mit welcher Begründung geht man unter diesen Standard? Und man geht derzeit – zumindest ist das mein Wissensstand – unter diesen Standard. Mir ist das zu wenig, daß man fordert, daß Belgrad Mazedonien anerkennen soll. Ich bin der Auffassung, daß selbstverständlich alle Nachfolgestaaten durch Belgrad anzuerkennen sind. Das ist unsere Position. (Abg. Schieder: Aber nicht, wenn Sie von einem europäischen Standard ausgehen! Das Anerkennen ist nicht die moralische Wertung! Das machen wir bei der Mitgliedschaft und nicht bei der Anerkennung! Das ist ein wesentlicher Irrtum!) Genau darum geht es doch bitte, daß wir für diesen Standard zu kämpfen haben; daß wir nicht nachhinken und sagen, das ist der Standard und daher interessiert uns nicht mehr, wir schauen uns den kleinsten gemeinsamen Nenner an. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich glaube, daß, wenn man Restjugoslawien anerkennt, man auch die Einhaltung von Menschenrechten und auch bestimmte Grundstandards einfordern sollte. (Abg. Schieder: Da müßten Sie aber 30 Staaten der Welt die Anerkennung entziehen!) Es gibt im übrigen im Europäischen Parlament eine ganze Fraktion, die sich dafür einsetzt; vielleicht können sie einmal mit der Liberalen Fraktion stimmen, statt mit der Sozialdemokratischen, die werden sich nämlich dafür einsetzen, daß nicht nur die Anerkennung Mazedoniens als Voraussetzung gemacht wird, sondern die Anerkennung aller Nachfolgestaaten. Vielleicht können Sie mit den Fraktionskollegen der Liberalen dort einmal reden. (Abg. Schieder: Denen hätten Sie das besser bei der Türkei gesagt!)

Bei der Türkei gebe ich Ihnen völlig recht. Das ist eine Gratwanderung gewesen; nehme ich die Türkei in das Zollabkommen und sage, damit habe ich mehr Möglichkeit der Kontrolle, oder sage ich, das mache ich derzeit nicht. Ich persönlich weiß, wie unsere Abgeordnete gestimmt hat. (Abg. Schieder: So lala!) Nicht so lala. Sie hat in ihrer Abwägung klar entschieden (Abg. Schieder: Die Abgeordnete nicht, aber die Fraktion!) – auch nicht –, aus ihrem Gesichtswinkel wäre es gerade bei der Türkei sinnvoller, sie dabei zu haben. Ich persönlich hätte anders entschieden, das sage ich Ihnen ganz offen.

Jedenfalls ist es für mich eine selbstverständliche Voraussetzung, und ich erwarte, daß das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag anerkannt wird und selbstverständlich eine bedingungslose Auslieferung von Verdächtigen erfolgt, die vor diesem Tribunal angeklagt würden. Was haben wir denn davon, wenn wir großartig Tribunale einrichten, und dann erkennen wir Staaten an, die nicht einmal diese Tribunale anerkennen? Daher wäre das meiner Meinung nach eine Selbstverständlichkeit, das zu einer Grundbedingung zu machen.


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