Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 90

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entsprechend zu organisieren. Das Bundesheer wurde in den letzten Jahren regelrecht ausgehungert. Österreich liegt mit etwas mehr als 0,8 Prozent Anteil am BIP bei den Verteidigungsausgaben hinter Luxemburg an letzter Stelle in Europa. Überstundenkürzungen und ein unflexibles Beamtendienstrecht erschweren den Dienstbetrieb. Das schwere Gerät hat teilweise bereits Museumswert, und das Grundwehrdieneraufkommen wird durch die liberale Zivildienstregelung sowie durch Probleme bei der Werbung und Motivation der jungen Österreicher immer geringer. Dennoch gibt es im österreichischen Bundesheer, trotz widrigster Rahmenbedingungen, noch immer viele Soldaten, die sich aus vollstem Idealismus und mit Überzeugung ihrer Aufgabe, Österreich im Ernstfall zu verteidigen, widmen. Bei internationalen Leistungswettbewerben und bei UNO-Einsätzen haben sich unsere Soldaten stets bestens bewährt. Ebenso verrichtet das österreichische Bundesheer im Inland unbezahlbare Dienste. Grenzsicherung, Assistenzeinsätze und Hilfestellung im Katastrophenfall wären ohne unsere Soldaten kaum zu bewältigen. Bei allen Diskussionen über Einsparungen sollte auch hier der volkwirtschaftliche Nutzen berücksichtigt werden.

Bei der Unterstützung des österreichischen Bundesheeres durch die Politik muß aber ein besonderes Defizit konstatiert werden. Diskussionen wie etwa jene rund um das 40-Jahr-Jubiläum des österreichischen Bundesheeres und der dabei abgehaltenen Parade zeigen, wie manche Politiker in Österreich das Bundesheer für ideologische und parteitaktische Interessen mißbrauchen. Letztlich haben die Aussagen des Bundesministers für innere Angelegenheiten, Dr. Einem, der mit seiner Stimme im Ministerrat jede Heeresreform blockieren kann, gezeigt, welchen Stellenwert die österreichische Landesverteidigung bei manchen Spitzenrepräsentanten des Staates einnimmt und welche Geisteshaltung bei diesen Politikern vorherrscht.

Es wäre notwendig, daß in Österreich ein nationaler Konsens in der Frage der Sicherheitspolitik entsteht, um ohne parteitaktische Vorbehalte intelligente und kreative Lösungen zur Bewältigung der österreichischen sicherheitspolitischen Herausforderungen entwickeln zu können. International zeigt sich, daß der Weg eindeutig zu professionellen, gut ausgebildeten und entsprechend ausgerüsteten Freiwilligenarmeen geht, die durch eine Milizkomponente stark in der Bevölkerung verankert sind. Dies könnte auch für Österreich ein richtungsweisender Weg sein. Der Bundesminister für Landesverteidigung hat hier eine große Verantwortung zu übernehmen, da die Gewährleistung der Sicherheit eines Staates eine zentrale Aufgabe jeder Bundesregierung darstellen müßte.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung nachstehende

dringliche Anfrage:

1. Welche aktuellen sicherheitspolitischen Entwicklungen, vor allem welche Gefahrenpotentiale sehen Sie auf europäischer und internationaler Ebene, die für Österreich kurz- beziehungsweise mittelfristig relevant werden können?

2. Welche internationalen Verteidigungsbündnisse oder Sicherheitssysteme können derzeit konkrete Sicherheitsgarantien für ihre Mitglieder geben?

3. Sind Sie der Auffassung, daß die Einbindung Österreichs in die Partnerschaft für Frieden einen ausreichenden Schutz gewährleistet?

4. Sind Sie der Auffassung, daß Österreich verglichen mit anderen PfP-Mitgliedern seine militärischen und sicherheitspolitischen Möglichkeiten im Rahmen der PfP maximal ausnützt?

5. Halten Sie die Vorbereitung des österreichischen Kontingents für den IFOR-Einsatz in Bosnien für ausreichend?

6. Welche Kosten entstehen beziehungsweise entstanden bereits dabei, und welcher sicherheitspolitische Nutzen ist dadurch für Österreich zu erwarten?


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