Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 44

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17.30

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beschließen heute zwei Gesetze, das Österreich Institut-Gesetz und das Diplomatische Akademie-Gesetz, welche beide mit Österreichs Beziehungen zum Ausland zu tun haben.

Durch das Diplomatische Akademie-Gesetz soll eine Institution, die für viele österreichische Diplomaten, aber nicht nur für diese, eine wichtige Ausbildungsstätte war, auf eine neue Basis gestellt werden.

Als der damalige Außenminister Bruno Kreisky im Jahre 1964 die Diplomatische Akademie gegründet hat, gab er als eine seiner Begründungen für diesen Schritt an, daß Begabten aus allen Bevölkerungsschichten Österreichs eine gezielte Vorbereitung für den höheren Dienst des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten oder für andere internationale Berufe gegeben werden sollte. Damit war der Gedanke verknüpft, daß in einem modernen Staat die Angehörigen des diplomatischen Dienstes nicht nur aus einem abgeschlossenen Kreis, aus einem abgeschlossenen Zirkel kommen dürften, der sich immer wieder aus den gleichen Familien "erneuert", sondern daß alle Schichten des Volkes Zugang zum diplomatischen Dienst haben müßten. Nur so ein diplomatischer Dienst ist in der Lage, die Republik in adäquater Form im Ausland auch zu vertreten.

In den nunmehr 30 Jahren, in denen die Diplomatische Akademie im großen und ganzen gut funktioniert hat, wurden rund 150 spätere Außenamtsbeamte zwei Jahre lang auf ihren Beruf vorbereitet. Diese 150 angestellten Außenamtsbeamten stellen rund 45 Prozent der österreichischen Absolventen dar. Darüber hinaus darf nicht übersehen werden, daß es in der Diplomatischen Akademie auch sehr viele Absolventen aus anderen Staaten gegeben hat, nämlich 289 aus 76 Ländern; viele davon vornehmlich aus den sogenannten Entwicklungsländern und in jüngerer Zeit auch aus den Reformstaaten des früheren Ostblocks.

Diese Absolventen wurden zwei Jahre lang hier in Österreich ausgebildet. Sie konnten sich ein Bild machen von der Kultur dieses Landes, vom Alltag bei uns, und viele von ihnen haben diese Verbindungen, die sie mit Österreich knüpfen konnten, mitgenommen in ihre Heimatländer und sind damit auch zu einer Art österreichische Botschafter in ihren Heimatländern geworden.

Wenn also im Gesamturteil über die Aktivitäten der Diplomatischen Akademie in den letzten drei Jahrzehnten in hohem Maße eine positive Beurteilung angebracht ist, so dürfen wir dennoch die Augen nicht davor verschließen, daß aufgrund von geänderten Bedingungen, aufgrund der seit 1964 eingetretenen Globalisierung der internationalen Beziehungen und auch aufgrund der zunehmenden Konkurrenz vergleichbarer Ausbildungsstätten eine Reform dieser Diplomatischen Akademie dringend notwendig und richtig erscheint. Ich denke, eine Ausgliederung der Diplomatischen Akademie in eine betriebswirtschaftlich geführte Anstalt öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit ist in viel höherem Maße dazu geeignet, das Ausbildungsangebot an die Bedürfnisse eines modernen Außendienstes, desgleichen an die Bedürfnisse der Studenten, aber auch an die ausländischen Interessen anzupassen. Und auch aus wirtschaftlichen Gründen ist eine solche Reform sicher zu begrüßen. Nun hat sich jedoch gezeigt, daß ein zweijähriger Lehrgang für viele potentielle Teilnehmer, die ja alle schon auf ein abgeschlossenes Studium verweisen können, zu lange dauert. Gerade wenn man nicht aus begüterten Verhältnissen stammt, ist es doch in hohem Maße von Belang, wie lange man noch ohne Einkommen leben muß, und auch, daß man zusätzlich noch Ausbildungskosten tragen muß.

Aus all diesen Gründen befürworte ich das heute zu beschließende Gesetzesvorhaben, das einerseits an die positiven Traditionen der Diplomatischen Akademie anknüpft, andererseits aber eben auch den neuen Gegebenheiten Rechnung trägt. Ich bin auch zuversichtlich, daß es den Verantwortlichen gelingen wird, in einem sicher sehr dichten, komprimierten Ausbildungsjahr nahezu das gleiche an Wissen und Verständnis für die internationalen Beziehungen, für internationale Probleme zu vermitteln, wie das eben früher im zweijährigen Lehrgang üblich war.


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