Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 98

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Herr Bundesminister Scholten! Daß das System bisher ungerecht war, wird Ihnen zugestanden. Darüber gibt es keine Frage. Aber das kann doch nicht das Argument dafür sein, daß man jetzt mit einem solchen Bruch genau in diesem Bereich vorgeht. Denn daß politischer Umstellungsbedarf nicht nur in dieser Frage besteht, sondern auch in anderen, ist ebenfalls unbestritten. Aber interessanterweise hat man Maßnahmen in diesem Ausmaß bei den Professoren nicht getroffen. Wenn man sich die Regierungserklärung und das Koalitionsübereinkommen ansieht, in denen es etwa um Politikergehälter geht, dann kann man erkennen, daß man da zwar auch einen Handlungsbedarf geortet hat, die Maßnahmen sind jedoch viel, viel sanfter ausgefallen.

Man hat gesagt: Da muß man halt staffeln, wir werden untersuchen, es wird einen Arbeitskreis geben, dann geht´s irgendwie weiter. Aber beim Mittelbau auf den Universitäten, der keine Lobby hat und auch in der Gewerkschaft nur sehr schlecht vertreten ist, hat man diese Skrupel offenbar nicht gehabt. – Dies ist für mich – insbesondere auch in der Diskussion bei den Liberalen hat sich das herausgestellt – ein Zeichen für eine sozialpartnerschaftliche Lösung. Wenn man eine Lobby haben will, dann muß man in der Gewerkschaft sein. Wer nicht in der Gewerkschaft ist, auf dessen Interessen wird einfach keine Rücksicht genommen. Hat man niemanden, der für einen redet, dann ist man halt der Blöde in diesem Geschäft. – Und genau das macht Unmut, und es wird daher jetzt seitens des Mittelbaus massiv dagegen vorgegangen.

Dabei bleibt aber, meine Damen und Herren, das Grundproblem auf den Universitäten unberührt, nämlich die Frage des Output. Es geht darum, was wirklich an Forschungsleistungen erbracht wird und wie es mit der Zahl der Absolventen in Österreich steht. – Und diese Zahlen entsprechen im Vergleich zu anderen Industrieländern einfach nicht dem Standard.

Meine Damen und Herren! Es geht für uns Liberale nicht an, daß es jetzt besondere Budgetkürzungen im Bereich der Universitäten gibt. Wir meinen, es wäre in dieser Situation sinnvoller, zu fragen: Welche Maßnahmen können in bezug auf die Effizienz der Universitäten erreicht werden? Denn man darf nicht übersehen, daß die Organisationslogik auf den Universitäten auch eine Eigendynamik hat; und diese Eigendynamik ist es, die im Grunde genommen strukturelle Änderungen unmöglich macht.

Ein Beispiel: Sehen Sie sich die stundenmäßige Aufblähung der Studienpläne an! Dann werden Sie sehen, daß, solange Dozenten und Assistenten gezwungen sind, einen nicht unerheblichen Teil ihres Einkommens einfach über remunerierte Lehraufträge zu bekommen, sie natürlich auch ein Interesse an möglichst umfangreichen Studienplänen haben werden.

Daher werden die Entscheidungen in den Studienkommissionen tendenziell so ausfallen, daß man ein Anwachsen der Lehraufträge zumindest einmal im Hinterkopf hat.

Wenn ein weiterer Teil des Einkommens nur über Prüfungsgelder erzielt werden muß, dann haben selbstverständlich weder der Mittelbau noch die Professorenschaft wirklich ein Interesse an einer Verringerung der Zahl der Prüfungen.

Ich möchte nicht falsch verstanden werden, meine Damen und Herren: Ich unterstelle niemandem, daß er bei solchen Entscheidungen unmittelbar von egoistischen Motiven geleitet wird. Aber es ist doch keine Frage, daß in den Entscheidungsgremien Gruppeninteressen natürlich eine Rolle spielen, und letztlich führen diese Gruppeninteressen zu einer nicht sinnvollen Aufblähung unseres Ausbildungssystems über die Studienpläne. Will man also ernsthaft eine Entrümpelung und Entschlackung der universitären Ausbildung vorantreiben, dann braucht man zuerst jene Bedingungen, die überhaupt in diesen Entscheidungsgremien objektive, sachlich orientierte Entscheidungen möglich machen.

Daher die Kritik von uns Liberalen zu diesem – in der Kurzform – Abgeltungsgesetz: Die Einsparungen, meine Damen und Herren, sind zu einseitig auf den Mittelbau konzentriert worden.

Noch einmal: Es geht darum, daß offenbar keine Lobby existiert, man wird aber dennoch dazu finden müssen, daß man das Uni-Sparpaket gerechter auf die einzelnen Gruppen verteilt.


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