Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 100

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Ich möchte hier einen Aspekt beleuchten – da den sozialen Aspekt der Situation der Studenten und des Mittelbaus schon meine Kollegen behandelt haben –, der in dieser Debatte insgesamt, wie ich glaube, wichtig ist. Es gibt in Österreich ein feindliches Klima gegenüber Studenten. In Österreich herrscht nach wie vor mehr oder weniger die Tendenz, daß gesagt wird: Die Studenten sind ein bißchen arbeitsscheue junge Leute, die meinen es mit dem Lernen insgesamt gar nicht ernst. Seit vielen Jahren – nicht nur jetzt im Rahmen dieses Sparpakets, sondern bereits in den letzten zehn bis 15 Jahren, in denen ich das aktiv miterleben konnte – ist im Vergleich zu anderen Ländern das Klima nicht gerade dazu angetan, junge Leute wirklich dazu zu motivieren, studieren zu wollen: es ist ein Klima der Studentenfeindlichkeit, aber insgesamt auch eines ziemlich distanzierten Verhältnisses gegenüber den Akademikern. Jedenfalls herrscht in diesem Land ein besonderes Mißtrauen gegenüber Intellektuellen. (Abg. Dr. Lukesch: Das stimmt doch nicht!)

Herr Minister! Gerade Sie haben das immer wieder selbst schmerzhaft spüren müssen. Deshalb wundert es mich umso mehr und macht es mich umso mehr traurig, daß nicht gerade Sie, was diesen gesellschaftspolitischen Bereich betrifft, den genannten Tendenzen, die verstärkt auch in den Medien festzustellen sind, etwas forscher entgegengetreten.

Dieses studentenfeindliche und akademikerfeindliche Klima in Österreich hat natürlich auch entsprechende Auswirkungen. Die niedrige Akademikerquote in diesem Land und die niedrigen Ausgaben für Forschung und Entwicklung führen dazu, daß Österreichs Universitäten im internationalen Bereich nicht gerade sehr anerkannt beziehungsweise berühmt sind oder als fortschrittlich gelten, von einigen wenigen Beispielen abgesehen, etwa von der Universität Wien, wo es immer wieder international auch sehr anerkannte Publikationen gibt.

Herr Kollege Nowotny! Wenn Sie hier davon gesprochen haben, daß es offensichtlich mit all dem sowieso nicht so schlecht stünde, dann sage ich Ihnen: Die Wirtschaftsuniversität spielt in internationalen Wirtschaftspublikationen und -diskussionen kaum eine Rolle. Und all das hängt wohl damit zusammen, daß es einfach am Interesse der Politik fehlt, diesen Bereich wirklich weit mehr zu fördern, zu unterstützen und vor allem mit mehr finanziellen Mitteln auszustatten, als dies bisher der Fall war.

Wenn nicht endlich erkannt wird, daß die Zukunft wirklich in der Investition in Forschung und Entwicklung liegt und daher diesem Bereich weit mehr politische Beachtung gewidmet werden muß, dann ist es tatsächlich um die Zukunft Österreichs im Bereich der Arbeitswelt insgesamt nicht zum Allerbesten bestellt. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Aspekt noch zum Abschluß: Wenn man sich ansieht, wann in Österreich große Wissenschafter internationale Reputation und wirklich sehr große Erfolge hatten, dann stellt man fest: Zweifellos verhielt es sich so gerade in der Zwischenkriegszeit, und 1938 hat das ein abruptes Ende gefunden. Die wirklichen Größen auf diesem Gebiet wurden vertrieben und – weit schlimmer noch! – umgebracht. Diesen intellektuellen Kahlschlag hat Österreich in Wirklichkeit bis heute nicht verwunden, und es wurde auch nie etwas dazu getan, jene Kapazitäten, die diesen schrecklichen Holocaust überlebt haben, zurückzuholen und aktiv zu versuchen, das Unrecht, das hier geschehen ist, wiedergutzumachen. Gerade im Bereich der Wissenschaft, der Forschung und Lehre ist viel versäumt worden. Ich finde es beschämend, daß bis heute diesem Bereich so wenig Augenmerk geschenkt und daß in diesen Bereich so wenig investiert wird.

Ich verlese zum Schluß einen Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Petrovic, Dr. Van der Bellen, Freundinnen und Freunde betreffend Rücknahme des Entwurfs eines Bundesgesetzes über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden Antrag:


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