Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 108

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Damit genau dies nicht zur Willkür wird, hat der Immunitätsausschuß in einer guten, jahrzehntelangen Tradition eine Spruchpraxis entwickelt, Regeln, nach denen ohne Ansehen der Person ausgeliefert oder nicht ausgeliefert wird. (Abg. Mag. Stadler: Eine Spruchpraxis gibt es beim Gericht und nicht im Ausschuß! Das ist schon einmal das erste!) Und diese Spruchpraxis hat zu dem neuen Grundsatzbeschluß des Immunitätsausschusses geführt, daß bei ganz bestimmten Delikten – üble Nachrede, Vorwurf einer strafbaren abgetanen Handlung, Beleidigung und Kreditschädigung (Abg. Mag. Stadler: Eine Spruchpraxis gibt es bei Gericht und nicht im Ausschuß! Sie reden hier, als wären Sie ein Richter!) ; das können Sie auch dann nicht unwahr machen, wenn Sie noch so dazwischenplärren – in Zukunft ausgeliefert wird (Abg. Mag. Stadler: Sie sind aber kein Richter!) , und zwar gleichgültig, ob derjenige, um den es dabei geht, Haider, Kostelka oder Khol heißt oder einer der anderen 180 Abgeordneten dieses Hauses ist. Das ist notwendig, meine Damen und Herren, weil Sie das Instrument der Immunität schändlich mißbraucht haben! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Aber was geschieht denn eigentlich so Fürchterliches? Was ist denn so schlimm, daß Sie uns Beugung der Rechtsstaatlichkeit vorwerfen? Alles, was geschieht, ist, daß Berufskollegen von Frau Dr. Höbinger-Lehrer, von Kollegin Partik-Pablé, von Ihrem Kollegen Rauter (Abg. Kiss: Beim Rauter haben sie Probleme!) als unabhängige Richter über die Rechtmäßigkeit dessen entscheiden, was Herr Dr. Haider außerhalb dieses Hauses Dritten in dieser Republik angetan hat. Die Beugung der Rechtsstaatlichkeit besteht Ihrer Meinung nach darin, daß Sie der Rechtsstaatlichkeit nicht entzogen werden, und das ist modern, notwendig und ein Akt der Gleichheit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich verstehe auch Ihre sonderlichen Aufregungen nicht, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen. Was wird denn dieser Beschluß bewirken? Zu den 100 Prozessen, die nach Auskunft von Dr. Haiders Rechtsanwalt Dr. Haider in einer Legislaturperiode als Kläger führt, kommen jetzt in etwa 10 bis 20 dazu, in denen er Beklagter ist.

Meine Damen und Herren! Das ist Gleichheit im Sinne der Gleichbehandlung von Täter und Opfer. Ihnen ist ja angeblich der Täter nicht wichtiger als das Opfer, sondern umgekehrt. Beweisen Sie es doch! Sagen Sie ja, und zwar Sie alle, damit der Täter Haider vor den Richter kommt wie jeder andere, denn das ist, meine Damen und Herren, eine Notwendigkeit, wenn Dinge vorgefallen sind wie die, die wir alle kennen. (Abg. Dr. Graf: Es gibt aber schon die Unschuldsvermutung!)

Es ein wirklich unbescholtener, ein hochangesehener, ein qualifizierter Universitätsprofessor als Skandalbruder bezeichnet worden, und zwar nur deswegen, weil er einen Fehler in seinem Leben begangen hat: sich für die Kandidatur zum Präsidenten des Rechnungshofes zur Verfügung zu stellen. (Abg. Mag. Stadler: Das Urteil ist schon entschieden, und die erste und letzte Instanz heißt Kostelka!) Als Nachschlag hat es dann noch den Vorwurf des Umganges mit Kriminellen und der Erschleichung von Förderungen in Millionenhöhe gegeben.

Als im Zivilrechtsweg eine entsprechende Entscheidung eines Richters herbeigeführt wurde, daß solche Vorwürfe nicht mehr erhoben werden dürfen (Abg. Mag. Stadler: Das ist ein Immunitätsproblem?! Haben Sie das noch immer nicht begriffen? Eine Zivilrechtsklage ist ein Immunitätsproblem?! – Bringen Sie ihm das einmal bei! Er scheint das nicht zu begreifen!), und als Dr. Haider sich bereit erklärt hat, einen entsprechenden Widerruf vorzunehmen, wissen Sie, was dann das Ergebnis war? (Abg. Mag. Stadler: Bringen Sie ihm das einmal bei, wenn er nicht einmal weiß, wie das mit der Zivilrechtsklage ist!) Er hat sich unter dem Schutz der Immunität neuerlich dieser Rechtspflicht entzogen.

Das, meine Damen und Herren, ist im höchsten Maße unanständig und bedarf daher einer Korrektur – einer Korrektur durch Richter! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Das gleiche gilt, wenn man einen pensionierten Leukämiekranken als Spitzbuben bezeichnet oder einen Redakteur als Trottel. Meine Damen und Herren, da wird ein historisches Instrument wie die Immunität tatsächlich zum Privileg! (Abg. Dr. Krüger: Und wer hat das mit der Hyäne in reiner Schurwolle gesagt, Herr Kollege?) Deswegen haben wir die Konsequenzen daraus


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