Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 112

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Judikatur kennt!) Möglicherweise hat er auch andere Gründe. Kollege Kostelka hat die drei Varianten genannt.

Jedenfalls ist es sehr eigenartig, wenn man jetzt sagt, die ganze Änderung der Immunitätspraxis ziele darauf ab, jemanden vogelfrei zu machen, zum Abschuß freizugeben, ihm den Personenschutz zu verweigern. Das ist sehr eigenartig (Abg. Mag. Stadler : Das ist objektivierbar!) , denn vogelfrei ist man nicht, wenn man sich wegen einer Ehrenbeleidigung vor einem Privatankläger rechtfertigen muß. Unter vogelfrei verstehe ich etwas ganz anderes! (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.)

Es ist mir auch neu, daß in den österreichischen Bezirksgerichten bei Verhandlungen durch die Justiz von der Schußwaffe Gebrauch gemacht wird, wenn jemand, wie Sie sagen, zum Abschuß freigegeben wird. – Ich nehme nur Ihre Worte auf. Es ist an sich eine Übung Ihrer Fraktion, sehr starke Worte für kleinliche Sachverhalte zu verwenden Das ist in diesem Fall treffend zu beleuchten.

Gleichzeitig verwenden Sie auch Bilder aus der Anatomie. Wenn Sie aber die Vorsitzende unserer Fraktion als Vorsitzende eines Blinddarms bezeichnen, so führe ich das darauf zurück, daß Sie sich in diesem Feld besonders gut auskennen, weil Sie möglicherweise dort zu Hause sind, wo man üblicherweise den Blinddarm antrifft.

Ganz abgesehen davon habe ich vielleicht ein falsches Verständnis von solchen Dingen. (Abg. Mag. Stadler : Sie müssen den Blinddarm erst operieren lassen!) Aber wenn Sie solche Ausdrücke auf uns projizieren, dann gereicht uns das zur Ehre. Denn wenn man von Stadler beschimpft wird, dann ist das ein deutlicher Hinweis dafür, daß man richtig liegt. (Beifall beim Liberalen Forum, bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler : Danke! Aber wenn Sie mir jetzt noch einige Komplimente machen, wird Sie Ihre Fraktion absetzen!)

Kollege Stadler! Man kann es sich manchmal nicht aussuchen. Übrigens: Ich hoffe, ich schade Ihnen nicht, wenn ich Sie lobe. Ich hoffe, ich schade Ihnen damit nicht! (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler .)

Jetzt komme ich zu dem hochinteressanten Antrag der Freiheitlichen, die Immunität zur Gänze abzuschaffen – ich finde das sehr interessant –: Einerseits geht Stadler hier heraus und jammert, daß sich Haider jetzt in Ehrenbeleidigungsdingen rechtfertigen muß, gleichzeitig erinnert er aber daran, daß seine Fraktion einen Antrag eingebracht hat, die Immunität überhaupt abzuschaffen. Das paßt meiner Auffassung nach nicht zusammen und ist für mich nicht logisch. Denn das wäre natürlich tatsächlich ein Dammbruch. (Abg. Mag. Stadler: Ich habe geglaubt, Sie verstehen etwas vom Rechtsstaat!) Ich verstehe einiges vom Rechtsstaat. (Abg. Mag. Stadler: Offensichtlich nicht!) Ich glaube, ich brauche das Ihnen gegenüber nicht zu rechtfertigen. (Abg. Mag. Stadler: Offensichtlich war Ihre Anwaltstätigkeit nicht lange und gründlich genug!) Hören Sie jetzt einmal zu!

Ich komme nun zu der Pikanterie dieses Antrags: Es handelt sich bei diesem Antrag nämlich nicht um einen Initiativantrag, wie man meinen würde, weil es ja um die Angelegenheiten dieses Hohen Hauses geht. Es geht um uns selbst. (Abg. Mag. Stadler: Selbstverständlich!) Es geht also um uns selbst, daher handelt es sich dabei nicht um einen Initiativantrag, sondern um einen sogenannten Entschließungsantrag. Er richtet sich an die Bundesregierung. Die Bundesregierung soll uns die Immunität abschaffen! Das finde ich schon sehr stark! (Heiterkeit und Beifall beim Liberalen Forum, bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich würde meinen, das sind systematische Vorarbeiten für den von Herrn Kollegen Stadler befürchteten Dammbruch. Denn wenn ich die Bundesregierung mit einem Entschließungsantrag auffordere ... (Abg. Mag. Stadler : Wir haben einen Entschließungsantrag und einen Initiativantrag eingebracht! Sie können sich aussuchen, welchem Antrag Sie zustimmen wollen!) Ich beziehe mich auf den Entschließungsantrag. Eine Fraktion, die in Angelegenheiten des Hohen Hauses selbst Entschließungsanträge an die Bundesregierung stellt, hat einen gewissen Zugang zur Obrigkeit: Sie ist obrigkeitshörig und autoritätsgläubig. Sie ist eben offenbar prädestiniert für die dritte Republik. (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.)


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