Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 118

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Immuno AG anzugreifen – oder die Industrie, die alle möglichen Gifte in die Umwelt bläst. Das ist doch nicht ihr Privatvergnügen, sondern sie ist gewählt worden von grünen Wählerinnen und Wählern, damit sie gegen solche Industrien kämpft, die ohne Rücksicht auf Verluste Geschäfte machen.

Wenn Sie wollen, daß dieser Schutz aufgehoben wird (Abg. Schieder: Der fällt doch gar nicht drunter!) , weil Sie meinen, Sie müssen Herrn Haider eine drübergeben, Herr Schieder ... (Abg. Schieder: Der fällt doch gar nicht drunter!) Das war ja der eigentliche Grund, Herr Schieder! Sie sind ja im Immunitätsausschuß gesessen, und man hat an Ihrer Unlust zur Diskussion gemerkt, daß es Ihnen einzig und allein darum gegangen ist, Herrn Haider eine drüberzugeben. (Abg. Mag. Stadler: Genau! Natürlich!)

Meine Damen und Herren! Man kann heimlich darüber Freude empfinden, privat – aber politisch ist das ein schwerer Fehler in diesem Haus! Politisch ist das ein Vandalenakt, den Sie hier begehen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Kier, nochmals: Ihre Bemühungen in Ehren, aber Sie haben ja an Ihren Ausführungen gemerkt, daß diese Art der Differenzierung im Zusammenhang mit der Immunität hier nicht gefragt ist. Nicht der kleine, arme Bürger, der sich nicht wehren kann, war Anlaß für die Änderung der Immunitätspraxis, nicht der kleine Volksschullehrer oder der kleine Bürger A oder X – nein, der große Verleger Fellner und – zugegebenermaßen – der arme, kleine Einem in der Bundesregierung (Heiterkeit bei den Freiheitlichen) waren die Anlaßfälle, die Immunitätspraxis zu ändern. Es ist einfach politische Unvernunft, hier Haider die Gelegenheit zu geben, auch noch den Märtyrer zu spielen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Sie haben in diesem Fall, meine Damen und Herren, Glück, weil die Boulevardpresse und die öffentliche und veröffentlichte Meinung genau auf dieser Linie fahren, Sie vergessen jedoch, daß Sie auch einmal in der Opposition waren, und Sie vergessen, daß es vielleicht einmal Zeiten geben wird, wo Sie dann wieder in Opposition sein werden. Und dann wird es eine andere Immunitätspraxis geben.

Für die Grünen bedeutet diese Art der Aufhebung des Schutzes, daß wir unser Budget im Zusammenhang mit Rechtsanwaltskosten erhöhen müssen. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern: Ich habe einen ähnlichen Satz im Zusammenhang mit der "Kronen-Zeitung" gesagt; sie hat mich 1987 groß denunziert: Wabl soll zum Aids-Test. Wabl hatte mit Prostituierten und Rauschgiftkranken Kontakt und soll deshalb zum Aids-Test. Und ich habe mir erlaubt, in meiner Erregung zu sagen: Das ist Nazi-Journalismus.

Ich habe in der ersten Instanz recht bekommen, in der zweiten Instanz recht bekommen. In der dritten Instanz hat dann die "Kronen-Zeitung" gewonnen, weil der Oberste Gerichtshof gesagt hat: Da ist überhaupt kein Wahrheitsbeweis zulässig, das ist an sich eine Beleidigung. Und das kostet Hunderttausende Schilling. Die "Kronen-Zeitung" hat kein Problem damit, sich zu verteidigen. Wenn die "Kronen-Zeitung" verloren hätte, dann hätte sie im nächsten Artikel dem Wabl noch ordentlich eine drübergegeben.

Das ist das, was Sie hier auch machen, meine Damen und Herren: Sie glauben, weil Sie persönlich anständig sind und persönlich in der Wortwahl überlegt handeln, wird Sie das nicht treffen. – Sie trifft es das nächste Mal, wenn sich die politische Situation verschärft, indem Sie irgendeine beliebige große Firma einfach bezichtigen, daß sie Geschäfte auf Kosten der Krankheit von Mitmenschen macht. Und dann frage ich Sie: Was ist daran Beleidigung? Dann frage ich Sie: Was ist daran unanständig? Was ist daran Mißbrauch?

Sie wissen ganz genau, daß der Politiker in Österreich allzuoft Dinge sagen muß, wo er nicht genau alle Beweismaterialien in der Hand hat, weil er sich eben vorwagen muß in einen Bereich, über den allzulang der Mantel des Schweigens gehüllt wurde. Und erst dieser Mut, der nur deshalb möglich ist, weil der Abgeordnete immun ist, erst dieser Mut ermöglicht die Aufdeckung von großen Skandalen.


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