Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 11. Sitzung / Seite 26

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der Abg. Mag. Ederer. ) – Das ist ein Verstoß gegen Treu und Glauben, gegen ein ganz wesentliches rechtsstaatliches Prinzip. Ein Verstoß, den Sie – noch dazu mit Ihrer Zweidrittelmehrheit – absichern wollen, mit der Zweidrittelmehrheit, die es Ihnen ermöglicht, ein Verfassungsgesetz zu beschließen, um die Regelung der Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof zu entziehen, und zu zeigen, was Sie für die Zukunft weiterhin unter "politischer Kultur" verstehen. – Das, was Sie uns hier vorlegen, halte ich für skandalös. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Dr. Van der Bellen. )

Mich wundert es aber nicht. Vielleicht hat der eine oder andere am vergangenen Sonntag die Fernsehdiskussion in der Sendung "Zur Sache" gesehen, in der noch in der letzten Minute das Thema der Verfassungsgesetze angeschnitten wurde – ich glaube, man sollte alles unter dem Begriff "politische Kultur" sehen, denn zur politischen Kultur gehört mehr, als sich nicht zu beschimpfen, das ist eine wirklich zu niedrige Latte, die wir uns da legen. Ich gebe schon zu: Angesichts einer bestimmten Artikulation ist man schon froh, wenn das nicht passiert. Aber uns ist es jedenfalls zuwenig.

Zur politischen Kultur gehört auch, wofür man Instrumentarien einsetzt. Herr Abgeordneter Khol hat am Schluß, als gerade die Kamera noch da war, gesagt: Aber wir haben eine Zweidrittelmehrheit, und die werden wir auch einsetzen! – Selbstverständlich können Sie das, Herr Abgeordneter! (Abg. Dr. Khol: Danke! Danke für die Großzügigkeit!) Aber Sie werden es sich gefallen lassen müssen, daß daran der Maßstab des politischen Anstandes und der politischen Anständigkeit angelegt werden wird. (Abg. Dr. Khol: Wie viele Abgeordnete haben Sie?)

Herr Abgeordneter Khol! Die Anständigkeit ist nicht in Ziffern zu messen. Sie scheinen Ihren Maßstab danach zu orientieren, wie viele Menschen gegen etwas demonstrieren (Abg. Dr. Khol: Wieviel haben Sie verloren?), wie viele Menschen vielleicht anständig sind, wie viele sich für oder gegen etwas einsetzen. (Abg. Dr. Höchtl: Aber Sie setzen auch Ihre Abgeordneten ein!) Deswegen ist Ihre Frage im Zusammenhang mit dem politischen Anstand, wie viele Abgeordnete wir haben, allein schon entlarvend. (Abg. Dr. Khol: Ein tolles Demokratieverständnis! Wer sollte entscheiden, wenn nicht die Mehrheit?) Die Anständigkeit ist keine Frage der Mehrheit (Abg. Dr. Khol: Das ist richtig!), Herr Abgeordneter, aber Sie leben nach einem anderen Maßstab. (Beifall beim Liberalen Forum.) Das haben Sie uns ja auch bei einer anderen Gelegenheit demonstriert.

Nun muß man aber wissen, was Sie damit auslösen. Sie haben nämlich so einfach dahingesagt – auch in jener Fernsehsendung, als von Demonstrationen die Rede war –: Wie viele Leute waren denn das schon? Die paar Hundert? Was soll denn das schon? – Damit haben Sie provoziert, daß jetzt andere Aufrufe machen und sagen: Leute! Geht auf die Straße, denn ihr werdet gezählt werden! – Wir haben das von diesem Rednerpult aus gehört.

Herr Abgeordneter Khol! Man muß sich halt vorher überlegen, was man sagt, damit man eben nicht derartiges provoziert. Oder wollen Sie das? – Offensichtlich schon. Denn wenn Sie eine Demonstration organisieren, zum Beispiel eine Bauerndemonstration, dann ist sie ja offenbar ein legitimes Mittel, dann ist sie ein Mittel der Durchsetzung (Abg. Dr. Höchtl: Demonstrieren ist immer legitim!), aber bei den anderen sagen Sie: Die paar Hundert?! – Ihnen geht es anscheinend wirklich nur um die Frage: Können sich die Lobbyisten organisieren oder nicht? – Das wundert mich nicht bei Ihrer Partei, die auch so organisiert ist, die das in Ihren Strukturen hat, Herr Abgeordneter Höchtl! (Abg. Dr. Höchtl: Wir haben uns noch nie gegen Demonstrationen ausgesprochen! – Sie können keine Demonstrationen machen, weil Sie keine Leute haben!) Es wird nicht gemessen, es wird gewogen – das verstehen Sie vielleicht nicht, aber es hat einen sehr wesentlichen Inhalt! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Stummvoll: Ihr Demokratieverständnis ist abenteuerlich!)

Ich erinnere mich an die letzte Debatte nach der Sitzung des Justizausschusses, die hier stattgefunden hat, und daran, daß wir alle uns im Justizausschuß im Zusammenhang mit dem Urheberrecht darauf verstanden haben, eine sogenannte Reprokopierabgabe einzuführen, das bedeutet, die Kulturschaffenden an ihren Werken zu beteiligen; etwas, was schon lange notwendig war, was überfällig war, wo wir nachgehinkt sind. Endlich hatten wir es beschlossen. Und auf einmal gab es eine Lobby der Kopiergerätehersteller, die mit Inseraten – ich weiß nicht, wieviel


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