Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 11. Sitzung / Seite 87

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Im neuen Bundesverfassungsgesetz über die Entsendung von Einheiten in das Ausland wird daher ebenfalls verankert, daß Einheiten nur zu genau umrissenen Zwecken ins Ausland entsandt werden dürfen: neben Übungs- und Ausbildungszwecken nur zu Maßnahmen der Friedenssicherung, auf Ersuchen einer internationalen Organisation oder der OSZE sowie der humanitären und der Katastrophenhilfe.

Die Teilnahme an Friedenseinsätzen wird bis auf weiteres wegen der Neutralität Österreichs nur auf Beschluß der UNO erfolgen können. Bis auf weiteres heißt: bis durch entsprechende Vertragswerke ein europäisches System kollektiver Sicherheit geschaffen wird.

Neu wird sein, meine Damen und Herren, daß unter der Voraussetzung des UNO-Beschlusses österreichische Einheiten auch unmittelbar Organisationen der Europäischen Union oder von dieser beauftragten Organisationen ohne weiteres unterstellt werden können.

Bei der bestehenden Struktur der WEU oder der NATO wird dieses Bundesverfassungsgesetz aber nicht ermöglichen, daß Österreich Pflichten einer Mitgliedschaft bei diesen Organisationen, die durch das Neutralitätsgesetz verboten ist, übernimmt – auch nicht im Rahmen von bloßen Auslandseinsätzen.

Für eine allfällige Mitgliedschaft Österreichs bei der WEU wäre eine weitere Verfassungsänderung erforderlich, für die wir meiner Auffassung nach erst zur Verfügung stehen sollten, wenn die Europäische Union tatsächlich ein Instrumentarium der kollektiven Sicherheit entwickelt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Niemand weiß heute schon, meine Damen und Herren, wie sich ein solches System endgültig entwickeln wird. Ich bin aber der Auffassung, daß es wert ist, daß sich Österreich vehement dafür einsetzt. Ich bin auch der Auffassung, wir sollten erst dann für eine Änderung der Neutralität zur Verfügung stehen, wenn wir wissen, daß uns das System, das wir dafür eintauschen, die gleiche beziehungsweise eine vergleichbare Sicherheit wie die Neutralität bietet. (Beifall bei der SPÖ.)

15.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haselsteiner. Er hat das Wort.

15.20

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren der Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren im Plenum! Herr Bundeskanzler! Gerne möchte ich Ihnen einen Vertrauensvorschuß geben und feststellen, daß ich glaube, daß das, was Sie hier in Ihrer Regierungserklärung zu Papier gebracht haben, von Ihnen so gemeint ist. Bedauerlicherweise muß ich Sie aber auf einige Widersprüche hinweisen, und diese sollten, so hoffe ich wenigstens, einen kleinen Anlaß zum Nachdenken geben, wie man es darstellen kann, auf die eine oder andere Weise, und wie man es sehen muß.

Sie sagen in Ihrer Einleitung, Gewinner sei Österreich, und Österreich habe wieder eine berechenbare und stabile, auf gutem Fundament ruhende Bundesregierung erhalten. Ich hoffe das für uns und für unser Land – in einer Zeit, die uns in den nächsten Jahren alles abverlangen wird. Es wäre eine wichtige Voraussetzung, eine solche Regierung zu haben, auch wenn wir dieser nicht angehören und die Arbeit in der Oppositionsrolle beobachten und auch kritisieren.

Herr Bundeskanzler! Aber vorerst haben Sie mit einem psychologischen Phänomen fertigzuwerden: Im Zuge des Wahlkampfes und im Zuge dieser Regierungsbildung ist ja große Verunsicherung über unser Land gebracht worden. Sie können es in objektiv meßbaren Daten ablesen. Sie kennen die Entwicklung des Konsumverhaltens, Sie kennen die Weigerung der Menschen, ihr Geld auszugeben statt zu sparen. Das ist ein Zeichen der Angst, und das ist meßbar. Sie kennen das Investitionsverhalten inländischer und ausländischer Investoren, und Sie alle lesen die Tageszeitungen und kennen die ernsten wirtschaftlichen Probleme namhafter


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