Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 13. Sitzung / Seite 37

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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im letzten Wahlkampf wurde häufig der OECD-Prüfbericht zur Umweltsituation in Österreich herumgereicht. Ich erinnere mich noch an Fernsehdiskussionen, in denen etwa Frau Abgeordnete Bundesgeschäftsführerin Ederer mit dem Umweltzertifikat "Bestnoten für Österreich" hausieren gegangen ist. Sie hat neben positiven Kapiteln über die österreichische Umweltsituation ein Detailkapitel übersehen: das Verkehrskapitel. Der Verkehr in Österreich erhält von der OECD ein katastrophales Zeugnis. Steigerungsraten des Straßenverkehrs seit 1980 von über 80 Prozent sind die höchsten Steigerungsraten im OECD-Raum. Das heißt, hier stimmt etwas nicht.

Kollege Kukacka! Glauben Sie wirklich, daß wir diese katastrophale Kurve nach oben, die uns bald zur Autofahrernation nummer eins in Europa machen wird – wir liegen bei den Steigerungsraten des Straßenverkehrs um das Doppelte über dem OECD-Durchschnitt –, daß wir diese katastrophale Zunahme des Straßenverkehrs in den nächsten Jahren so fortsetzen können? Wenn Sie das glauben, hinnehmen und akzeptieren, dann akzeptieren Sie auch, daß wir in den nächsten Jahren Rekordozonwerte haben werden, daß wir ein forcierten Waldsterben haben werden und daß die Verkehrspolitik in Österreich de facto gescheitert ist! (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben – und da müßte die Gesamtsanierung des ÖBB-Gesetzes ansetzen – diese koordinierte Verkehrspolitik nicht. (Bei der Regierungsbank sprechen Bundesminister Dr. Scholten und Bundesminister Dr. Bartenstein miteinander.) – Ich finde es schön, wenn der Umweltminister einmal mit dem neuen Verkehrsminister spricht, denn das sind die beiden Ressorts, die hier Hand anlegen müssen. Ich hoffe, es geht in diesem Zusammenhang auch ums Thema. Aber der eigentliche Verkehrsminister ist ja nicht mehr da. Er sitzt eigentlich hier herüben. Er hat zwar einen anderen Namen: Er ist der Wirtschaftsminister in diesem Land. Wir haben eine schwarze Verkehrspolitik im wahrsten Sinn des Wortes, eine tiefschwarze Verkehrspolitik durch den Wirtschaftsminister, der auf Straßenbau, Straßenbau, Straßenbau, auf niedrige Tarife und auf keinerlei Schritte in Richtung Kostenwahrheit setzt, und wir haben Versuche einer etwas ökologischeren Planungspolitik im Bereich des tatsächlichen Verkehrsministeriums, die aber auch kläglich scheitern, weil nichts ineinandergeht.

Diese Bundesregierung hat die große Chance, geeinte Kompetenzen zu schaffen, ein starkes Verkehrsministerium zu schaffen, nicht genutzt. Das Gegenteil ist passiert. Der Verkehr wird irgendwie angedockt, angehängt an ein relativ großes, bereits bestehendes Ressort und wird, so befürchte ich, dort ein Anhängsel bleiben. So kann man eine der Hauptzukunftsfragen im Umweltbereich nicht lösen!

Wir haben eine unkoordinierte Verkehrspolitik mit einem ÖBB-Gesetz, das die Eisenbahn aufs Abstellgleis gebracht hat, wir haben kein Nahverkehrsfinanzierungsgesetz, wir haben keinen Bundesverkehrswegeplan. Kollege Kukacka! Die Bremser von der ÖVP setzen sich immer wieder durch. Ich muß Ihre Leistungen wirklich schätzen. Die muß ich wirklich schätzen! Sie stehen nur auf der falschen Seite! Es setzt sich in verkehrspolitischen Fragen immer die Beton- und Asphalt-Fraktion durch, und das ist die Österreichische Volkspartei.

Wir haben kein Nahverkehrsfinanzierungsgesetz. Die Städte, die Gemeinden, die Länder, die Träger des öffentlichen Verkehrs, stehen nach wie vor am Rande der Pleite. Sie haben nur mehr eine Handlungsmöglichkeit durch Quersubventionierung vom Energiebereich in den Verkehrsbereich in den Städten.

Wir haben keinen Bundesverkehrswegeplan, deswegen gibt es keine Prioritäten und keine Prioritätenreihung, vor allem nicht bei den Bauten der HL-AG und damit bei den großen Eisenbahnbauten, und wir haben kein geeintes Ressort. So wird weitergewurschtelt in diesem Land. Ein kleines Flickwerk am ÖBB-Gesetz wird aus einem Anlaßfall heraus vorgenommen, weil man nicht mehr anders kann. Der große Wurf einer Gesamtreform der ÖBB, der große Wurf einer gesamtkoordinierten Kompetenz im Bereich des Verkehrs bleibt leider Gottes aus.

Im Bereich der Bundesregierung herrscht verkehrspolitisch das Tohuwabohu – ich meine damit nicht die gleichnamige ORF-Sendung –, eigentlich das restlose Chaos. Eine Hand weiß nicht,


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