Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 13. Sitzung / Seite 45

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Meine Damen und Herren! Ich glaube, eines getrost sagen zu können, und ich werde nicht müde werden, das an dieser Stelle immer wieder zu wiederholen: Eine Ausgliederung aus dem Bundeshaushalt ist noch lange keine Privatisierung! Sie ist die Fortführung eines bisherigen Zustandes mit einem neuen Gesicht, nämlich in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, aber sie ist grundsätzlich noch eine Fortführung.

Die Ausgliederung hat auch nichts mit einer angeblich angestrebten Liberalisierung des Verkehrsweges Schiene zu tun. Hier scheinen doch die terminologischen Differenzen im allgemeinen Sprachgebrauch recht groß zu sein. Eine solche Liberalisierung ist nämlich erst dann erreicht, wenn es zu einer vollständigen operativen Trennung von Infrastruktur und Bahnbetrieb gekommen ist – als erste Voraussetzung – und wenn gleichzeitig das Monopol der ÖBB im Bahnbetrieb fällt. Dann ist eine Liberalisierung erreicht, sonst nicht! (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Edler .)

Hören Sie mir doch auf mit Ihren Nebenbahnen, Herr Kollege! Sie kommen mir immer wieder mit den paar kleinen Pimperlbahnen! (Abg. Edler : Können die Franzosen bei uns fahren oder nicht?) De facto ist das Monopol der ÖBB nicht abgebaut, Herr Kollege!

Meine Damen und Herren! Wir verstehen jedenfalls unter Liberalisierung etwas anderes und nicht das, was in Sonntagsreden landläufig gerne verbreitet wird, insbesondere von Angehörigen der SPÖ-Fraktion.

Die Trennung von Infrastruktur und Bahnbereich besteht in Österreich nur auf dem Papier. Grau ist die Theorie, würde ich sagen, und völlig anders die tägliche Realität. Die gegenseitigen Mitspracherechte des Infrastrukturbereiches im Absatzbereich und des Absatzbereiches im Infrastrukturbereich führen ja nur dazu, daß die Verantwortungsanonymität größer und nicht kleiner wird.

Wenn ich von "Verantwortungsanonymität" spreche, dann nehme ich damit recht gerne ein Wort von Rudolf Streicher in den Mund, den ich schon längere Zeit auch von meiner außerparlamentarischen Tätigkeit her kenne, denn er hat im Zusammenhang mit der Rationalisierung von Unternehmen auch sehr gerne dieses Wort gebraucht. Ich finde, er trifft mit diesem Wort den Nagel auf dem Kopf!

Ein Beispiel für diese Verantwortungsanonymität, meine Damen und Herren, sehe ich darin, wie mit diesem sogenannten 60-Milliarden-Schilling-Ding umgegangen wird. Da sprach im Wahlkampf Finanzminister Klima – damals war er noch Verkehrsminister, eine Zeitlang war er beides – davon, die ÖBB sollten sich keine Sorgen machen, es gebe die 60 Milliarden Schilling und er werde dafür sorgen, daß sie zur Verfügung gestellt werden.

Es ist gut und schön, wenn man jetzt endlich ein Schieneninfrastrukturgesetz parlamentarisch berät, aber bitte, der Herr Minister kann nicht Versprechungen machen, ohne daß im Parlament ein diesbezüglicher Beschluß verabschiedet wäre. Ich reihe so etwas in den Bereich der Verantwortungsanonymität ein, und ich bleibe auch dabei.

Aus all dem, was ich bisher gesagt habe, meine Damen und Herren, ist ganz klar ersichtlich, daß die Bundesregierung – man sieht es auch im Regierungsübereinkommen – keine ernsthafte Liberalisierung des Verkehrsweges Schiene anstrebt.

Ein dritter Punkt, den die Regierung unternommen hat oder, besser gesagt, eigentlich unterlassen hat oder nicht verhindert hat, betrifft den letzten Lohn- und Gehaltsabschluß der ÖBB-Bediensteten. Er liegt mit durchschnittlich 2,8 Prozent außergewöhnlich hoch, würde ich einmal sagen. In diesem Teilbereich erkennt man auch ganz klar, daß die Verantwortlichen keinerlei Rücksicht auf die allgemeine Spargesinnung nehmen, auf jene Gesinnung, die der österreichischen Bevölkerung sozusagen als Notwendigkeit verkauft wird. Auf der einen Seite mutet man den österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern zu, überall zu sparen. Man fährt im Budget nach der Rasenmähermethode brutal drüber, ohne daß sich jemand wehren kann. Aber man hält es auf der anderen Seite im Bereich der Bundesbahnen gern mit dem Floriani-Prinzip: Sparen ja, aber beim anderen!


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